Entscheidungsstichwort (Thema)

Konkurrenzverbot im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Grundsätze zur ertragsteuerlichen Behandlung eines Wettbewerbsverbots im Rahmen einer Betriebsveräußerung lassen sich auch auf die Frage übertragen, ob die Einräumung eines Konkurrenzverbots im Rahmen einer umsatzsteuerrechtlichen Geschäftsveräußerung im Ganzen i. S. des § 1 Abs. 1a UStG erfolgt ist oder ob es sich um eine umsatzsteuerrechtlich eigenständige Leistung handelt.

2) Im Regelfall erfolgt die Einräumung des Konkurrenzverbots somit im Rahmen der Geschäftsveräußerung im Ganzen.

3) Der Umstand, dass im Rahmen der Veräußerung eines ambulanten Pflegedienstes für ein zweijähriges Konkurrenzverbot eine Zahlung in Höhe von 38,4% des Kaufpreises vereinbart werden, rechtfertigt noch nicht den Schluss, dass dem Konkurrenzverbot eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung beizumessen ist.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.08.2012; Aktenzeichen XI R 1/11)

 

Tatbestand

Streitig ist im Rahmen der Umsatzsteuer (USt)-Festsetzung für 2002 die umsatzsteuerliche Behandlung eines vertraglich vereinbarten Konkurrenzverbotes.

Die Klägerin (Klin.) wurde 1991 als GbR gegründet und betrieb seitdem einen ambulanten Pflegedienst. Sie führte nach § 4 Nr. 16e des Umsatzsteuergesetzes (UStG) umsatzsteuerfreie Umsätze aus. Gesellschafterinnen waren Frau M und Frau N.

Mit Vertrag vom 26. April 2002 veräußerte die GbR das gesamte Unternehmen zum 30. April 2002 an die Firma C GmbH & Co. KG. Gemäß § 6 des Unternehmenskaufvertrages betrug der Kaufpreis 1.250.000 EUR und war am 15. Mai 2002 fällig. Unter § 9 des Kaufvertrages hieß es wie folgt:

(1)

Die Verkäuferin verpflichtet sich, in D und in einem Umkreis von 100 km kein Unternehmen im Bereich der Kranken- und Altenpflege zu betreiben, insbesondere nach Übertragung des Unternehmens weder mittelbar noch unmittelbar, persönlich oder über Dritte, die vom Käufer übernommenen und von diesem neu gewonnenen Patienten abzuwerben oder einem anderen Unternehmen zu empfehlen. Das Konkurrenzverbot gilt für zwei Jahre.

(2)

Zum Ausgleich für das vereinbarte Konkurrenzverbot ist der Käufer verpflichtet, an die Verkäuferin einen Betrag in Höhe von 480.000 EUR zu zahlen.

(3)

Der Anspruch der Verkäuferin gegen den Käufer gemäß § 9 ist durch Zahlung des Kaufpreises nach Maßgabe von § 6 erfüllt, da dieser den Betrag für das Konkurrenzverbot bereits mit enthält.

Die Klin. gab ihre Feststellungserklärung 2002 am 09. Februar 2004 zusammen mit dem Jahresabschluss 2002, einer vereinfachten Aufgabebilanz zum 30. April 2002 und eine Berechnung des Aufgabegewinns bei dem Beklagten (Bekl.) ab. Hierbei wurde der Verkaufspreis in Höhe von 1.250.000 EUR angegeben. Am 24. Februar 2004 erließ der Bekl. den Feststellungsbescheid 2002 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO. Am 03. November 2005 wurde auf Grund einer Prüfungsanordnung vom 22. Juni 2005 für den Zeitraum 2000 bis 2002 eine Außenprüfung (Ap) bei der Klin. durchgeführt, wegen deren Einzelheiten auf den Bericht vom 13. März 2006 verwiesen wird. Im Bericht wurde von dem Bekl. u.a. ausgeführt, dass § 9 des Kaufvertrages ein Entgelt für ein Wettbewerbsverbot enthalte, das umsatzsteuerlich eine sonstige Leistung darstelle und nicht unter den Begriff der Geschäftsveräußerung im Ganzen falle.

Mit Bescheid vom 30. März 2006 erließ der Bekl. daraufhin einen USt-Bescheid für 2002. Er setzte darin eine USt in Höhe von 66.206,88 EUR fest. Die Bemessungsgrundlage für diesen Bescheid war der Betrag in Höhe von 480.000 EUR abzüglich 16 % USt.

Gegen diesen Bescheid wandte sich die Klin. mit Einspruch vom 21. April 2006. Zur Begründung ihres Einspruches führte sie im Wesentlichen folgendes aus:

Mit dem Bescheid sei USt für das im Kaufvertrag vom 26. April 2002 vereinbarte Wettbewerbsverbot festgesetzt worden. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in seinen früheren Urteilen (vom 30. Juli 1986, V R 41/76, BFHE 147, 279, BStBl II 1986, 874 und vom 24. März 1983, IV R 138/80, BFHE 139, BStBl II 1984, 233) stets festgestellt, dass ein Wettbewerbsverzicht gegen Entgelt mangels der Nachhaltigkeit nicht umsatzsteuerbar sei. Gemäß § 176 der AO werde das Vertrauen in die Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte geschützt. Zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung durch die Klin. sei diese Rechtsprechung noch aktuell gewesen und habe auch Anwendung gefunden. Im Rahmen der Ap habe sich die Finanzverwaltung auf das aktuellere BFH-Urteil vom 13. November 2003 (V R 59/02, BFHE 203, 540, BStBl II 2004, 472) bezogen. Der Klin. sei die nach Vertragsunterzeichnung geänderte BFH-Rechtsprechung zur Nachhaltigkeit und damit zur Steuerbarkeit von Umsätzen aus dem Wettbewerbsverzicht nicht zuzurechnen. Auch im Zuge der steuerlichen Veranlagung der Klin. für das Jahr 2002 seien trotz des Bekanntseins des Veräußerungsvertrages keine anderen steuerlichen Konsequenzen gezogen worden.

Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 15. Mai 2007 wies der Bekl. den Einsp...

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