Entscheidungsstichwort (Thema)

Inländischer Unternehmer, Ansässigkeit, Windrad als Zweigniederlassung

 

Leitsatz (redaktionell)

Windräder stellen als ortsfeste Einrichtungen auch dann eine Zweigniederlassung i.S.v. § 13b Abs. 4 Satz 1 UStG a.F. dar, wenn bei den Windkraftanlagen kein eigenes Personal tätig ist. Die fehlende personelle Ausstattung wird in diesem Fall durch die stark ausgeprägte sachliche Ausstattung kompensiert.

 

Normenkette

VO Nr. 282/2011 Art. 11 Abs. 2; UStG a.F. § 13b Abs. 4 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.11.2014; Aktenzeichen V R 41/13)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin (Klin.) als im Ausland ansässiger Unternehmer i.S. des § 13b Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 UStG in der in dem Streitjahr geltenden Fassung (nachfolgend UStG alte Fassung, „UStG a.F.”) zu qualifizieren ist.

Die Klin. ist am 01.09.2007 mit Satzungssitz in J., Deutschland, gegründet worden. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die Fa. Y. Kommanditistin ist die Fa. Z. (nachfolgend: „Komplementärin” bzw. „Kommanditistin”). Beide Gesellschafter sind nach dänischem Recht errichtete Gesellschaften; deren Geschäftsanschrift liegt in Dänemark. Satzungsmäßiger Unternehmensgegenstand der Klin. ist der Betrieb eines aus Windkraftanlagen bestehenden Windparks sowie alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten. Die Klin. verfügt weder in Deutschland noch in Dänemark über ein eigenes Büro oder Personal. Die laufende kaufmännische Geschäfts- und Betriebsführung der Klin. erfolgt durch die D. GmbH, mit der ein Geschäftsbesorgungsvertrag abgeschlossen wurde. Die Geschäftsanschrift der Klin. entsprach im Streitjahr der Geschäftsanschrift der D. GmbH.

Das Klageverfahren betrifft drei Windkraftanlagen, die sich in einem Windpark in H. befinden und die ursprünglich im Eigentum der V. Windpark H. GmbH. & Co. KG standen. Die V. Windpark H. GmbH & Co. KG hatte mit den Gemeindewerken H. GmbH (nachfolgend: „Gemeindewerke”) im Jahr 2003 einen Vertrag über die Lieferung elektrischer Energie abgeschlossen.

Mit Kaufvertrag vom 29.08.2007 erwarb die Kommanditistin der Klin. die vorgenannten Windkraftanlagen. Durch Erklärung vom 14.11.2007 ist die Klin. an die Stelle der Käuferin in diesen Kaufvertrag eingetreten. Mit Schreiben vom 15.11.2007 teilte die V Windpark H. GmbH & Co. KG der Gemeindewerke H. GmbH mit, dass die Klin. in den bestehenden Energieliefervertrag eintreten werde. Die Gemeindewerke H GmbH unterzeichnete die Zustimmungserklärung zum Vertragseintritt der Klin. am 21.11.2007 und sandte diese an die Klin. zurück.

Die Klin. veräußerte die drei Windkraftanlagen mit Wirkung zum 31.12.2007, 01.04.2008 und 01.07.2008 einzeln an Gesellschaften mit den Bezeichnungen … Windpark H. I bis III. Die Klin. hat im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgetragen, dass sie den Betrieb bestehend aus Stromerzeugung und -veräußerung eingestellt habe und dass sie ausschließlich die Abrechnung der Einnahmen und Ausgaben für die jetzigen Eigentümergesellschaften wahrnehme (Schreiben vom 18.05.2009, Betriebsprüfungsakte II).

Die Klin. erteilte im Streitjahr Rechnungen an die Gemeindewerke H Stromlieferungen in folgender Höhe:

Re.-Datum

Leistungszeitraum

Umsatz

(netto)

Umsatz

(brutto)

31.03.2008

Januar

107.358,92

127.757,12

31.03.2008

Februar

61.535,02

73.226,67

03.04.2008

März

76.808,80

91.402,47

19.05.2008

April

38.015,99

45.239,03

11.06.2008

Mai

24.103,84

28.683,59

02.07.2008

Juni

30.104,07

35.823,84

04.08.2008

Juli

37.005,84

44.036,95

03.09.2008

August

47.090,16

56.037,29

09.10.2008

September

36.624,74

43.583,44

11.11.2008

Oktober

47.944,12

57.053,50

09.12.2008

November

63.652,26

75.746,19

14.01.2009

Dezember

49.797,45

59.258,97

620.041,21

737.849,06

Die Bezeichnung der Abrechnungszeiträume ist in den Rechnungen teils widersprüchlich. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rechnungen Bezug genommen, die Bestandteil der Betriebsprüfungsakte sind.

Die Klin. gab im Streitjahr keine Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab. Am 05.02.2009 wurde eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Voranmeldungszeiträume 09/2007 bis 12/2008 angeordnet. Im Rahmen der Prüfung reichte die Klin. am 25.08.2009 eine Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr ein. Hierin erklärte sie steuerpflichtige Umsätze in Höhe von 337.926,00 EUR, was der Summe der Rechnungsbeträge für die Lieferzeiträume von Januar bis Juni 2008 entspricht. Weiterhin erklärte die Klin. abziehbare Vorsteuern in Höhe von 29.429,65 EUR.

Am 07.10.2009 erging der Bericht der Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Der Prüfer vertrat hierin die Auffassung, dass die Umsatzsteuer auf die Stromlieferungen der Klin. gem. § 13b Abs. 1 Nr. 5 UStG durch den Abnehmer geschuldet werde, da die Klin. eine im Ausland ansässige Unternehmerin im Sinne dieser Vorschrift sei. Die geschäftliche Oberleitung der Klin. i.S. des § 10 AO befinde sich in Dänemark. Unter der Geschäftsanschrift der Klin. sei die D. GmbH ansässig, welche für die Klin. die Ausgangsrechnungen erstelle, den Zahlungseingang überwache und Ausgangszahlungen veranlasse. Wartungsarbeiten an den Windrädern würde...

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