Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Anwendung des ermäßigten oder Regelsteuersatzes bei Pflanzenlieferung

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Liefern von Pflanzen und das Einpflanzen bildet regelmäßig keine untrennbare wirtschaftliche Einheit, vielmehr können diese Leistungen getrennt voneinander durchgeführt werden. Nur wenn der Stpfl. neben der Pflanzenlieferung weitere Dienstleistungen erbringt, die das Lieferungselement qualitativ überwiegen und der Gesamtleistung das Gepräge geben, handelt es sich um eine einheitliche sonstige Leistung, die dem Regelsteuersatz unterliegt.

 

Normenkette

UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.02.2019; Aktenzeichen V R 22/17)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine Pflanzenlieferung eine dem ermäßigten Steuersatz unterliegende selbstständige Leistung oder eine unselbstständige Nebenleistung zu dem Regelsteuersatz unterliegende Einpflanz-, Pflege- und Anwachsgarantieleistungen darstellt.

Der Kläger war im Streitjahr 2010 unstreitig umsatzsteuerlicher Organträger der T L GmbH (im Folgenden: GmbH), die Garten- und Landschaftsbau betreibt.

Mit Vertrag vom 13.05.2009/15.06.2009 zwischen der GmbH und der G GmbH (im Folgenden: G), auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Leitz Ordner II Bl. 188 ff), wurde die GmbH beauftragt, für das Bauvorhaben „XYZ” sämtliche Bauleistungen des Gewerkes Garten- und Landschaftsbau durchzuführen. Als Pauschalvergütung waren netto 731.771,00 € zuzüglich Umsatzsteuer i. H. v. 139.036,49 € (brutto: 917.036,49 €) vereinbart. Der Vertrag nimmt Bezug auf ein Auftragsleistungsverzeichnis vom 20.04.2009. Im Auftragsleistungsverzeichnis war unter Ordnungszahl 01.08.002 unter anderem geregelt „… Wichtig: Die neu gelieferten Pflanzen werden vom Bauherren zur Verfügung gestellt, der AN erhält 15 % der Pflanzenliefersumme vom Lieferanten. Der AN übernimmt damit dem Bauherren gegenüber die Gewährleistung für das An- und Weiterwachsen der Pflanzen…”. Es wird wegen der weiteren Einzelheiten auf das Auftragsleistungsverzeichnis Bezug genommen (Leitz Ordner I Bl. 174, 186).

Am 06.08.2009 gab eine Firma M ein Angebot zur Lieferung von Pflanzen an die G ab. Am 11.12.2009 bot die GmbH der G gemäß dem Angebot der Firma M die Pflanzenlieferung an. Am 21.12.2009 schlossen die GmbH und die G die Vertragsergänzung Nr. 3 zum Bauvertrag vom 13.05.2009/15.06.2009. In § 2 Nr. 1 der vorgenannten Vertragsergänzung wurde als gesonderte und/oder zusätzliche Leistung der GmbH unter anderem das „Liefern und Einsetzen der Pflanzen, inkl. Anwachsgarantie gemäß geprüftem Angebot…abzgl. 3 % vereinbarter Nachlass gemäß Angebot Firma M…” vereinbart. Der Nettopreis dafür betrug 99.775,00 €. Es wird wegen der Einzelheiten auf die vorgenannte Vertragsergänzung (Leitz Ordner I Bl. 135) verwiesen.

Die GmbH gab am 09.06.2010 ein Angebot zur Lieferung weiterer Pflanzen an die G ab. Sämtliche Pflanzen erwarb die GmbH bei der Firma M. Diese gewährte der GmbH einen Nachlass von 15 % für die Übernahme der Gewährleistung und für das An- und Weiterwachsen der Pflanzen. Die Lieferungen der Pflanzen durch die GmbH an die G erfolgten im Wesentlichen im Streitjahr 2010. Mit Schlussrechnung vom 07.04.2011 an die G rechnete die GmbH ihre Leistungen in Höhe von insgesamt netto 1.129.248,81 € ab. Auf die Pflanzenlieferungen entfielen netto 129.940,00 €, für die die GmbH Umsatzsteuer zu 7 % aufschlug. Für die übrigen Leistungen berechnete die GmbH Umsatzsteuer zu 19 %. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schlussrechnung verwiesen (Bp-Handakte II Bl. 168 ff).

Der Kläger behandelte die streitbefangene Pflanzenlieferung an G in seiner Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2010 als eine dem ermäßigten Steuersatz unterliegende Leistung.

In 2014 begann eine Betriebsprüfung des Beklagten bei der GmbH unter anderem für das Streitjahr. Die Prüferin war der Auffassung, die Pflanzenlieferungen seien als Bestandteil einer einheitlichen Leistung dem Regelsteuersatz zu unterwerfen. Sie unterwarf das Entgelt für die Pflanzenlieferungen für das Streitjahr 2010 in Höhe von brutto 135.941,00 € dem Regelsteuersatz zu 19 % (Umsatzsteuer: 21.633,12 €; rechnerisch richtig: 21.704,87 €). Unter Abzug der 7%igen, erklärten Umsatzsteuer i. H. v. 8.863,94 € errechnete die Prüferin für das Streitjahr mehr Umsatzsteuer i. H. v. 12.769,18 €. Es wird wegen der Einzelheiten auf Tz 2.2 des Betriebsprüfungsberichts vom 07.10.2014 verwiesen.

Es sind weitere Prüfungsfeststellungen erfolgt, die hier aber nicht streitig sind.

Der Beklagte erließ nach Maßgabe des Prüfungsberichts gemäß § 164 Abs. 2 AO einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2010 vom 13.11.2014 gegen den Kläger und setzte die Umsatzsteuer auf 29.484,80 € fest. Gleichzeitig wurde der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben.

Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 10.12.2014 Einspruch ein.

Während des Einspruchsverfahrens verböserte der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzung und setzte die Umsatzsteuer für 2010 mit Bescheid vom 05.06.2015 auf 29.851,12 € fest. Mit Einspruchsent...

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