rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO; Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

1.) Wird ein Beteiligungsverlust bei der Einkommensteuerfestsetzung ohne zugrunde liegenden Grundlagenbescheid und ohne Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 AO anerkannt und ein nachfolgender Grundlagenbescheid wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist im Erlaßzeitpunkt aufgehoben, sind die aus dem aufgehobenen Grundlagenbescheid gezogenen Rechtsfolgen im Einkommensteuerbescheid gemäß § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO rückgängig zu machen. Eine Überprüfungs- und Änderungsbefugnis steht dem Finanzamt dabei nur innerhalb der für den Einkommensteuerbescheid geltenden Festsetzungsverjährung zu.

2.) Zu den Anträgen i.S.d. § 171 Abs. 3 AO gehört auch ein solcher nach § 175 AO.

 

Normenkette

AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 171 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.05.2006; Aktenzeichen I R 9/05)

BFH (Urteil vom 24.05.2006; Aktenzeichen I R 9/05)

 

Tatbestand

Streitig ist der Umfang der Anpassungsmöglichkeit nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) bei zunächst ohne Vorliegen von Grundlagenbescheiden anerkannten Beteiligungsverlusten, wenn nach Ablauf der regulären Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO erstmals erlassene Grundlagenbescheide später wegen Verjährung aufgehoben worden sind.

Der Kläger war in den Streitjahren 1978 – 1981 u.a. als stiller Gesellschafter an der mit Gesellschaftsvertrag vom 15.02.1978 gegründeten und nach ihrer Liquidation am 03.05.1984 im Handelsregister (HRA 17328 des Amtsgerichts C.) gelöschten Firma L. GmbH & Co. …-KG (im folgenden: L.) beteiligt.

Das für die Durchführung der Feststellungen der L. zuständige Finanzamt für Körperschaften C. (im Folgenden: FA C) ließ die jeweils im Folgejahr eingereichten Feststellungserklärungen der L. für 1978 bis 1982 zunächst unbearbeitet.

Nach einer Betriebsprüfung vertraten die vom FA C beauftragten Prüfer die Auffassung, die aufgrund von Tätigkeiten in den ausländischen Unternehmen geltend gemachten Verluste der L. seien mangels Gewinnerzielungsabsicht nicht als gewerbliche Einkünfte zu beurteilen. Die an dem Unternehmen der L. beteiligten stillen Gesellschafter seien keine Mitunternehmer.

In Auswertung dieser Prüfungsfeststellungen erließ das FA C am 6.11.1989 einen an die ehemalige stille Gesellschaft in der ehemaligen Firma L. gerichteten sog. Nichtfeststellungsbescheid für die stille Gesellschaft, dessen Ergebnis dem Beklagten unter dem 15.6.1990 mitgeteilt wurde. Außerdem erließ das FA C am 16.11.1989 einen an die ehemalige L. gerichteten Sammelfeststellungsbescheid, in dem es u.a. die Einkünfte der ohne nähere Bezeichnung als Beteiligte aufgeführten „stillen Gesellschafter” mit 0,00 DM feststellte.

Nachdem das Finanzgericht C. in einem Parallelverfahren ernstliche Zweifel an Rechtmäßigkeit dieses zweistufigen Feststellungsverfahrens geäußert hatte, stellte das FA C mit Sammelbescheid vom 2.8.1991 (erstmalig für die L.) die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 1978 bis 1982 wiederum mit 0,00 DM gesondert und einheitlich fest. In der Anlage zu diesem Bescheid waren als Beteiligte, denen weiterhin kein Gewinnanteil zugerechnet war, u.a. die stillen Gesellschafter, darunter der Kläger, aufgeführt. Gleichzeitig hob das FA C in der Anlage zu dem Bescheid den Nichtfeststellungsbescheid vom 6.11.1989 und den Feststellungsbescheid vom 16.11.1989 auf.

Im nachfolgenden, u.a. vom Kläger geführten Klageverfahren hob das Finanzgericht C. mit rechtskräftigen Urteil vom 11.4.2000 5 K xxx/96 die Feststellungsbescheide vom 2.8.1991 für die Jahre 1978 bis 1981 mit der Begründung auf, im Zeitpunkt des Erlasses dieser Bescheide sei bereits Feststellungsverjährung eingetreten gewesen. Die Klage gegen die Feststellung für 1982 wies es wegen fehlender Einkunftserzielungsabsicht ab.

In den jeweils im Folgejahr eingereichten Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1978 bis 1981 erklärten der Kläger und seine zusammen mit ihm veranlagte, inzwischen verstorbene Ehefrau aus der Beteiligung des Klägers an der Firma L. folgende Einkünfte und Ausgleichsbeträge nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Auslandsinvestionsgesetz (AIG):

Einkünfte aus

Beträge

Gewerbebetrieb

nach § 2 AIG

1978

./. 21.812 DM

./. 65.725 DM

1979

./. 15.758 DM

1980

./. 4.190 DM

1981

./. 1.387 DM

./. 13.994 DM

Der Beklagte berücksichtigte aufgrund der vom Kläger vorgelegten Mitteilungen der L. diese Beträge zunächst erklärungsgemäß und ohne Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 AO.

Nach Erhalt der Mitteilung des FA C vom 15.6.1990 über die Ablehnung der Feststellungsverfahren laut Bescheiden vom 06.11.1989 erließ der Beklagte gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO am 06.09.1990 geänderte Einkommensteuerbescheide für 1978 – 1980 und am 17.09.1990 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 1981, mit denen er u.a. die bisher berücksichtigten Verluste und Ausgleichsbeträge nach § 2 AIG für die L. nicht mehr ansetzte.

Die gegen die Änderungsbescheide für 1978 – 1980 vom 06.09.1990 eingelegten Einsprüche ...

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