Entscheidungsstichwort (Thema)

Billigkeitserlass von Erbschaftsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Billigkeitserlass der gemäß § 23 ErbStG anfallenden Erbschaftsteuer, die auf eine durch Vermächtnis zugewendete Leibrente entfällt, kommt nicht deswegen aus sachlichen Billigkeitsgründen in Betracht, weil der verpflichtete Erbe die Rente wegen Insolvenz nicht mehr zahlt.

 

Normenkette

AO § 163; ErbStG § 23

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.10.2014; Aktenzeichen II R 4/14)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Erlass der der Klägerin gegenüber festgesetzten Erbschaftsteuer.

Die Klägerin war Vermächtnisnehmerin nach ihrem am 00.00.0000 verstorbenen Lebensgefährten. Erben und Vermächtnisverpflichtete waren dessen Sohn und Tochter. Das Vermächtnis bestand aus einer Einmalzahlung in Höhe von X DM, zahlbar in fünf gleichen Jahresraten, und aus einer wertgesicherten Leibrente in Höhe von monatlich anfangs X DM.

Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 22.09.1982 Erbschaftsteuer fest für Sachwerte (Einmalzahlung X DM) in Höhe von X DM und für die Rente (monatlich X DM) in Form der beantragten Jahresversteuerung (§ 23 Erbschaftsteuergesetz – ErbStG) in Höhe von X DM jährlich.

Ein Rechtsstreit der Klägerin mit den Erben über das Vermächtnis endete am 00.00.0000 mit einem Vergleich vor dem Oberlandesgericht. Die Erbschaftsteuer auf Sachwerte wurde daraufhin mit Bescheid vom 12.10.1984 auf X DM herabgesetzt; die Versteuerung der Rente änderte sich nicht. Der Bescheid wurde bestandskräftig. In der Folge wurde die Erbin zu Lasten ihres miterbenden Bruders aus der Vermächtnisverpflichtung entlassen. Zum Ausgleich dafür übernahm dieser eine Bankbürgschaft in Höhe von X DM. Die Rente betrug zu diesem Zeitpunkt monatlich X DM. Die festgesetzte Erbschaftsteuer auf die Einmalzahlung und die jährlich zum 28.02./01.03. fällige Jahressteuer wurden von der Klägerin stets gezahlt.

Der Vermächtnisverpflichtete ging mit seinen Firmen in den Jahren 1997/1998 in die Insolvenz. Die monatlichen Rentenzahlungen erfolgten nunmehr ausschließlich aus der Bürgschaft und wurden im Mai 2005 nach Erschöpfung des Bürgschaftsbetrages eingestellt. Aus dem Vermächtnis erfolgten danach keinerlei Zahlungen mehr an die Klägerin. Nach ihren Angaben ist der Vermächtnisverpflichtete hoffnungslos überschuldet; allein seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Finanzverwaltung beliefen sich per 17.10.2005 auf X Euro.

Sowohl bezüglich der Jahressteuer 2005 als auch der Jahressteuer 2006 stellte die Klägerin erfolglos Erlassanträge aus sachlichen und persönlichen Billigkeitsgründen gem. §§ 227 und 163 AO. Auf das Urteil des Senats in dem Verfahren 3 K 1892/07 Erb vom 29.05.2008 (EFG 2008, 1813) und auf das durch Klagerücknahme beendete Verfahren 3 K 1131/09 Erb wird hingewiesen.

Am 08.12.2010 stellte die Klägerin einen Antrag auf Ablösung der Jahressteuer gem. § 23 ErbStG. Da die Rente aufgrund des Vermögensverfalls beim Verpflichteten nicht mehr bezahlt werde, seien der Kapitalwert der Rente und demzufolge die Steuer mit 0 Euro anzusetzen. Demgegenüber berechnete der Beklagte den Ablösebetrag mit X Euro und lehnte den Antrag durch Bescheid vom 02.09.2011 ab. Den dagegen unter Hinweis § 163 AO und auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22.05.1995 (2 BvR 552/91, BStBl. II 1995, 671) erhobenen Einspruch, mit dem die Klägerin ein unzulässiges Übermaß der Besteuerung geltend macht, wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 28.08.2012 als unbegründet zurück. Nach gefestigter Rechtsprechung komme ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen bei nach dem Besteuerungsstichtag eingetretenem Vermögensverfall nicht in Betracht. Dies gelte auch für die Fälle, in denen der Steuerpflichtige die Jahresversteuerung gem. § 23 ErbStG gewählt habe. Auch komme eine abweichende Festsetzung aus persönlichen Billigkeitsgründen nicht in Betracht.

Mit ihrer Klage vom 21.09.2012 verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf abweichende Festsetzung der Erbschaftsteuer aus Billigkeitsgründen weiter. Nach dem Willen des Gesetzgebers unterliege nur der Vermögensanfall der Erbschaftsteuer, die maximal 50 % betrage (§§ 2 und 19 ErbStG). Entsprechend dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 22.06.1995 (a.a.O.) sei ein übermäßiger steuerlicher Eingriff, der die zugewachsenen Vermögenswerte grundsätzlich beeinträchtige, nicht zulässig. Im vorliegenden Fall führe das Festhalten am Stichtagprinzip jedoch zu einem Besteuerungsübermaß, da nach dem von der Klägerin nicht verschuldeten Wegfall der Rente ein Zugriff auf nicht ererbtes Vermögen erfolge.

Unter Hinweis auf das Urteil des Finanzgerichts Brandenburg vom 05.10.1995 (1 K 36/95, EFG 1995, 1092) hält die Klägerin auch einen Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen für gerechtfertigt.

Die Klägerin lebt zusammen mit ihrem Sohn im Einfamilienhaus ihrer Eltern (Baujahr 1927), das sie im Wege der Erbauseinandersetzung aus der Erbengemeinschaft mit ihrem Bruder erworben hat. Die Darlehensschulden aus dem Erwerb und der Renovierung des Hauses bel...

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