Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerpflicht von Stückzinsen

 

Leitsatz (redaktionell)

Stückzinsen, die nach dem 31.12.2008 zugeflossen sind, stellen auch dann steuerpflichtige Einkünfte nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. § 52a Abs. 10 Satz 7 EStG dar, wenn die Kapitalforderung vor dem 1.1.2009 angeschafft wurde.

 

Normenkette

EStG § 52a Abs. 10 S. 7, § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7

 

Tatbestand

I.

Zu entscheiden ist, ob in 2009 gezahlte Stückzinsen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG in der Fassung des Unternehmenssteuerreformgesetzes (UntStRefG) 2007 vom 14.08.2007 (n.F.) i.V.m. § 52a Abs. 10 Satz 7 Einkommensteuergesetz (EStG) i.d.F. des Jahressteuergesetzes (JStG) 2009 bzw. i.d.F. des JStG 2010 steuerpflichtig sind.

Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute. Sie erzielen Einkünfte aus Renten und Pensionen. Am 02.01.2008 erwarb die Klägerin festverzinsliche Wertpapiere (Inhaberschuldverschreibungen der Bank S) mit einem Nennwert von 36.200 EUR und einem Zinslauf vom 21.08.2007 bis 21.02.2009 zum Preis von 36.478,74 EUR. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus dem Kurswert der Papiere i.H.v. 35.986,42 EUR und gezahlten Zinsen für 136 Tage i.H.v. 492,32 EUR. Zum 06.02.2009 verkaufte die Klägerin die Papiere zum Kurswert von 36.127,60 EUR. Sie erhielt Stückzinsen für 539 Tage i.H.v. 1.947,67 EUR.

Die Kläger wurden mit Einkommensteuerbescheid 2009 vom 08.03.2010 erklärungsgemäß veranlagt. Die festgesetzte Einkommensteuer betrug 6.030 EUR. Mit Schreiben vom 06.04.2010 erklärten sie auf Veranlassung der Bank S die erhaltenen Stückzinsen gem. § 32d Abs. 3 EStG nach. Sie legten die Ankauf- und Verkaufsbescheinigungen sowie die Bescheinigungen über die in Anspruch genommenen Sparer-Pauschbeträge vor. Einen Antrag nach § 32d Abs. 6 EStG haben die Kläger nicht gestellt.

Zur Begründung ihrer Nacherklärung verwiesen die Kläger auf das Schreiben des Bundesministerium für Finanzen (BMF) vom 22.12.2009, BStBl. I 2010, 94. Danach seien Stückzinsen für alle vor dem 01.01.2009 angeschafften Wertpapiere nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG zu versteuern. Zwar sei nicht zu beanstanden, dass in diesen Fällen der Kapitalertragsteuerabzug nicht vorgenommen sei. Es bestehe jedoch eine Veranlagungspflicht nach § 32d Abs. 3 EStG. Soweit durch die Vorschrift des § 52a Abs. 10 Satz 7 EStG i.d.F. des JStG 2009 bestimmte Erträge von der Steuerpflicht ausgenommen würden, beträfe dies im Fall festverzinslicher Wertpapiere, die vor dem 01.01.2009 erworben worden seien, nur die Kursgewinne.

Die Kläger wiesen den Beklagten darauf hin, dass die nacherklärten Stückzinsen nach ihrer und entgegen der Auffassung des BMF steuerfrei seien. Auch nach dem Hinweis der kreditwirtschaftlichen Spitzenverbände ergebe sich aus § 52a Abs. 10 Satz 7 EStG i.d.F. d. JStG 2009 eindeutig, dass festverzinsliche Anleihen, die nicht als Finanzinnovationen ausgestaltet seien und die der Anleger vor 2009 erworben habe, nicht der Veräußerungsgewinnbesteuerung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG n.F. unterlägen. Insoweit fehle es – vorbehaltlich einer entsprechenden Ergänzung des Gesetzes – an einer gesetzlichen Regelung. Aus diesem Grunde habe die Bank auch keine Abgeltungssteuer einbehalten.

Mit dem nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid vom 23.06.2010 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf 6.310 EUR herauf. Dabei erfasste er die nacherklärten Kapitalerträge i.H.v. 1.947 EUR, zog den Sparerpauschbetrag von 801 EUR ab und besteuerte den verbleibenden Betrag von 1.146 EUR gem. § 32d Abs. 1 EStG mit 280 EUR.

Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Der Beklagte führte in seiner Einspruchsentscheidung vom 02.09.2010 aus, Stückzinsen seien vor der Systemänderung zum 01.01.2009 steuerpflichtig gewesen und sollten es auch danach sein. Durch die Einführung der Abgeltungssteuer habe sich hieran nichts ändern sollen. Stückzinsen sollten ab 2009 lediglich als Veräußerungsgewinn gem. § 20 Abs. 2 EStG n.F. erfasst werden.

Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Nach ihrer Auffassung sei mit der Einführung der Abgeltungssteuer und den Neuregelungen in §§ 43, 43a und 20 EStG n.F. die gesonderte Besteuerung der Stückzinsen gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG a.F. abgeschafft worden. Die Besteuerung der bei Veräußerung der Kapitalforderung abgerechneten und getrennt ausgewiesenen Stückzinsen werde nun nach dem Willen des Gesetzgebers als Bestandteil des Veräußerungsgewinns gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG n.F. angesehen und erfasst (BT-Drs. 16/4841, Seite 56). Die Ermittlung dieses „Veräußerungsgewinns” sei in § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG n.F. geregelt. Danach könne die Besteuerung der Stückzinsen nicht mehr losgelöst von einer Besteuerung des gesamten Wertzuwachses gesehen werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Kursentwicklung und Stückzinsabrechnung sich durchaus gegenläufig entwickeln könnten, so dass Stückzinseinnahmen z.B. durch einen Kursverlust kompensiert würden. Es errechne sich dann aber insgesamt nur ein Gewinn oder Verlust ...

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