Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollstreckung luxemburgischer Steuerforderungen im Wege der Amtshilfe

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Angabe, welche Forderung gepfändet wird, gehört zum notwendigen Inhalt einer Pfändungs-und Einziehungsverfügung.

2) Bei einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung, die ein inländisches Finanzamt im Wege eines Amtshilfeersuchens für Forderungen einer luxemburgischen Steuerbehörde erlässt, ist die luxemburgische Finanzverwaltung als Gläubiger zu benennen.

 

Normenkette

AO § 314; FGO § 69; EUBeitrG § 9; AO §§ 282, 309

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller wendet sich im hiesigen, auf Aussetzung der Vollziehung gerichteten Verfahren gegen eine aufgrund eines Beitreibungsersuchens des luxemburgischen Staates vom Antragsgegner erlassene Pfändungs- und Einziehungsverfügung.

Nach eigenen Angaben erhielt der Antragsteller einen Anfechtungsbescheid der luxemburgischen Finanzverwaltung wegen Lohnsteuerzahlungen. Mit Schreiben vom 28.08.2018 (Bl. 9ff. der Gerichtsakte –d.GA.–) wandte er sich gegen diesen Bescheid, der sich weder in der beigezogenen Beitreibungsakte des Antragsgegners befindet, noch auf Aufforderung des Gerichts durch den Antragsteller vorgelegt worden ist. Zur Begründung führte er aus, dass nicht er, sondern die X. GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG) der richtige Adressat der Forderung sei. Er selbst sei Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der KG.

Mit an die Anschrift des Antragstellers gerichtetem Bescheid von „LE GOUVEREMENT DU GRAND-DUCHE'DE LUXEMBOURG Administration des contribution directes Bureau de recette Luxenbourg” vom 12.12.2018 (Bl. 12 d.GA) wurde die KG mit der Betriebsstätte Luxemburg unter der Adresse T.-Straße 02 in … N. hinsichtlich Lohnsteuer und Nebenleistung in Höhe von insgesamt 29.163,58 € in Anspruch genommen. Daraufhin zeigte der Antragsteller durch Schreiben vom 17.12.2018 (Bl. 14 d.GA) gegenüber den luxemburgischen Finanzbehörden an, dass die KG nicht unter dieser Anschrift, sondern unter der Adresse M.-Straße 03 in … S. firmiere. Er wies darauf hin, dass über das Vermögen der KG das Insolvenzverfahren eröffnet und als Insolvenzverwalter Herr V. A., ebenfalls ansässig M.-Straße 03 in … S., bestellt sei.

Nach Angaben des Antragstellers erfolgte keine Reaktion der luxemburgischen Behörden hierauf.

Aus den Verwaltungsvorgängen ergibt sich, dass der Antragsgegner von dem Finanzamt Direction des Contributions Bureau de recette Luxembourg im Wege des Ersuchens um Beitreibung und/oder Sicherungsmaßnahmen nach dem Beitreibungsgesetzes der Europäischen Union aufgefordert worden ist, aus Haftungsbescheiden zu vollstrecken. Dieses Amtshilfeersuchen beruht auf dem Gesetz vom 07.12.2011 über die Durchführung der Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Steuern, Abgaben und sonstige Maßnahmen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Bundesgesetzblatt – BGBl – I 2011, 2592, im Folgenden: EUBeitrG) sowie der diesem Gesetz zu Grunde liegenden Richtlinie 2010/24/EU des Rates vom 16.03.2010 über Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Steuern, Abgaben und sonstige Maßnahmen (ABl. L 84 vom 31.03.2010, im Folgenden: EU-Beitreibungsrichtlinie). Ausweislich der Angaben in dem zu diesem Zwecke übersandten einheitlichen Vollstreckungstitel handelte es sich bei den beizutreibenden Forderungen um solche aus einem gegenüber dem Antragsteller von den luxemburgischen Steuerbehörden erlassenen Haftungsbescheid für Steuerschulden der KG vom 03.11.2017. Dieser liegt dem erkennenden Senat im Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht vor, da er sich weder in der beigezogenen Beitreibungsakte des Antragsgegners befindet, noch auf Aufforderung des Gerichts durch den Antragsteller vorgelegt werden konnte.

Der Antragsgegner stellte dem Antragsteller eine Zahlungsaufforderung vom 02.09.2019, hinsichtlich deren Einzelheiten auf das in der beigezogenen Beitreibungsakte des Antragsgegners enthaltene Exemplar Bezug genommen wird, mit Postzustellungsurkunde zu. Darin waren die Steuerschulden, wegen der das Vollstreckungsersuchen an den Antragsgegner ergangen war, mit insgesamt 30.239,86 € beziffert.

Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit seinem beim Finanzgericht (FG) Münster gestellten, auf Aussetzung der Vollziehung dieser Zahlungsaufforderung gerichteten Antrag (Az.: 11 V 2824/19 AO). Durch Beschluss vom 09.10.2019 lehnte das FG Münster diesen Antrag ab.

Am 22.10.2019 erließ der Antragsgegner daraufhin eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung für die Beitreibungsforderung in Höhe von 30.433,86 EUR gegenüber der kontoführenden Bank des Antragstellers, der Bank Y.. Die Verfügung, hinsichtlich deren Einzelheiten auf das in Kopie zur Gerichtsakte gelangte Exemplar Bezug genommen wird (Bl. 5ff. d.GA.), wurde der Bank Y. am 24.10.2019 zugestellt, enthielt das Geschäftszeichen „…/Int.-VE-Lux. (EHST2)” und wies –u.a.– den folgenden Wortlaut auf:

„Herr P. H. (…) schuldet dem Land Nordrhein-Westfalen Abgaben in Höhe von 30.433,86 EUR. (…)”

Der Pfändungs-...

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