Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit für Einspruch gegen Prüfungsanordnung bei Übertragung der Prüfung auf anderes Finanzamt. Rechtmäßigkeit der Erweiterung einer Außenprüfung

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird einer örtlich nicht zuständigen Behörde der Erlass der Prüfungsanordnung und die Betriebsprüfung übertragen (§ 195 S. 2 AO), so hat die örtlich zuständige Behörde über den Einspruch gegen die Prüfungsanordnung zu entscheiden.

 

Normenkette

AO § 26 S. 2, § 195 Sätze 2, 1, § 367 Abs. 3 S. 1; BpO § 5 Abs. 1; FGO § 63 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 27.03.2006; Aktenzeichen VIII B 21/05)

BFH (Beschluss vom 27.03.2006; Aktenzeichen VIII B 21/05)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist die Zulässigkeit einer Klage gegen die Rechtmäßigkeit der Erweiterung einer Außenprüfung.

Die Klägerin ist eine 1985 gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), an der zwei Brüder mit je 50 v.H. beteiligt sind. Diese Brüder waren im gleichen Beteiligungsverhältnis Gesellschafter der S GmbH. Bis 1990 hatte die Klägerin ca. 34 Immobilien-GbR's initiiert, sich an diesen mit je 50% beteiligt und für die restliche Beteiligung andere Kapitalanleger geworben.

Alle Gesellschaften wurden regelmäßig der Konzern-Betriebsprüfung unterzogen. Für den Zeitraum 1988 bis 1990 wurde bezüglich gesonderter und einheitlicher Gewinnfeststellung, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer sowie für den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1.1.1989 bis 1.1.1990 vom beklagten Finanzamt eine Außenprüfung am 30.9.1992 abgeschlossen. Für alle Jahre des Prüfungszeitraums ergingen geänderte Feststellungsbescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Die Tätigkeit der Klägerin wurde als nichtgewerbliche Vermögensverwaltung beurteilt.

Am 18.10.1995 hatte das beklagte Finanzamt bei der Klägerin die Außenprüfung für die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sowie die Umsatzsteuer für 1991 bis 1994 nach § 193 Abs. 1 AO angeordnet. Mit Gesellschafterbeschluss vom 30.6.1998 verlegte die Klägerin ihren Sitz nach Berlin. Mit Schreiben vom 23.10.1998 stimmte das nunmehr zuständige Finanzamt Berlin Mitte/Tiergarten der Fortführung bereits begonnener Verwaltungsverfahren durch das beklagte Finanzamt nach § 26 Satz 2 AO zu. Das beklagte Finanzamt schickte mit Telefax vom 24.8.1999 dem Finanzamt Berlin Mitte/Tiergarten ein Ersuchen, ihm den Prüfungsauftrag für die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung 1988 bis 1990, Gewerbesteuer 1986 bis 1990 einschließlich gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12. nach § 195 Abs. 2 AO zu erteilen. Beigefügt waren eine ausführlich begründete Prüfungsanordnung sowie eine vorformulierte Beauftragung.

Das Finanzamt Berlin Mitte schickte die vorbereiteten Dokumente (Anschreiben des Finanzamts mit Begründung und Übertragung nach § 192 Satz 2 AO) per Telefax an das beklagte Finanzamt zurück und fügte seinem Auftrag vom 25.8.1999 eine Verfügung der Oberfinanzdirektion Berlin vom 9.2.1996 zu den Zuständigkeiten des Finanzamts Berlin Mitte/Tiergarten bei. Am 26.8.1999 erließ das beklagte Finanzamt die streitige Prüfungsanordnung. Diese enthält umfangreiche Ausführungen, weshalb eine nochmalige Prüfung der Jahre 1988 bis 1990 notwendig und zulässig sei, sowie Erläuterungen zur Übertragung nach § 195 Satz 2 AO. Wegen des Inhalts im Einzelnen wird auf die Prüfungsanordnung Bezug genommen. Am 31.5.2000 legte die Klägerin beim Finanzamt Berlin Mitte/Tiergarten Einspruch gegen die Übertragung der Anordnung und Durchführung der Betriebsprüfung auf das beklagte Finanzamt vom 25.8.1999 ein. Diesen Einspruch wies das Finanzamt Berlin Mitte/Tiergarten mit Entscheidung vom 14.12.2000 als unzulässig zurück, da kein Verwaltungsakt vorgelegen habe. Den Einspruch vom 27.9.1999 gegen die Prüfungsanordnung vom 26.8.1999 wies das beklagte Finanzamt mit Entscheidung vom 20.3.2001 als unbegründet zurück.

Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, dass die Erweiterung der Außenprüfung rechtswidrig sei. Die Übertragung der Anordnung und Durchführung der Außenprüfung verstoße gegen § 195 Satz 2 AO in Verbindung mit § 5 Abs. 1 BpO. Die Ermessensentscheidung sei vom beauftragenden Finanzamt weder getroffen noch begründet worden. Im Rahmen der Ermessensausübung zu § 195 Satz 2 AO verbleibe die Prüfungszuständigkeit beim beauftragenden Finanzamt, weshalb das beauftragende Finanzamt bestimme, ob und in welchem Umfang die Außenprüfung durchgeführt werden solle. Eine Verlagerung der Prüfungszuständigkeit trete nicht ein (Hinweis auf BFH Entscheidung vom 10.12.1987 BStBl II 1988, 322, BFH/NV 1988, 752). Für die Übertragung der Prüfungsbefugnis vom 25.8.1999 seien dem Finanzamt Berlin Mitte/Tiergarten nicht sämtliche für die Ermessensentscheidung erforderlichen Informationen durch das beklagte Finanzamt mitgeteilt worden. Die Behauptung des beklagten Finanzamts, dass die Kläge...

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