Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuwendungen Dritter als Arbeitslohn. Lohnsteuerabzug bei Vorteilsgewährung durch Dritte. Erkennbarkeit als Voraussetzung für die Pflicht zur Einbehaltung der Lohnsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zuwendungen Dritter zählen nur dann zum Arbeitslohn, wenn der Veranlassungszusammenhang zwischen der Vorteilsgewährung und der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers eindeutig ist, z. B. dadurch, dass der Arbeitgeber – etwa durch den Abschluss einer Rahmenvereinbarung – an der Verschaffung der Vorteile mitgewirkt hat.

2. Das Merkmal „Erkennen können” als Voraussetzung der Lohnsteuerabzugspflicht des Arbeitgebers bei Lohnzahlungen Dritter nach § 38 Abs. 1 Satz 3 EStG ist z. B. dann erfüllt, wenn der Arbeitgeber – etwa durch den Abschluss einer Rahmenvereinbarung oder auf sonstige Weise – selbst an der Verschaffung der Vergünstigung mitgewirkt hat. Ebenso lassen sich Leistungen von Dritten für den Arbeitgeber i. d. R. erkennen, wenn sie auf wechselseitigen Vorteilsgewährungen beruhen.

 

Normenkette

EStG 2002 § 19 Abs. 1 Nr. 1; EStG§ 8 Abs. 1; EStG 2002 § 38 Abs. 1 Sätze 1, 3, Abs. 3 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.05.2010; Aktenzeichen VI R 41/09)

 

Tenor

1. Der Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für das Jahr 2004 vom 20. Dezember 2006 wird dahingehend geändert, dass die nachgeforderte Lohnsteuer … auf 275,40 EUR, der Solidaritätszuschlag … auf 15,14 EUR, die evangelische Kirchensteuer … auf 0 und die römisch-katholische Kirchensteuer … auf 0 reduziert werden.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Klägerin in Fällen, in denen die X im Jahr 2004 bei Mitarbeitern der Klägerin auf die sonst üblichen Gebühren für den Abschluss von Bausparverträgen verzichtet hat, zum Lohnsteuerabzug verpflichtet war.

Die Klägerin ist eine von … Banken im …-verbund, dem auch die Bausparkasse X angehört. Sie ist aber nicht in den Konzern der Y-AG, zu dem die X gehört, einbezogen. Die Klägerin vermittelt u. a. den Abschluss von Bausparverträgen ihres Verbundpartners X an ihre Kunden und erhält hierfür eine Provision in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der von der Bausparkasse erhobenen Abschlussgebühr. Schließen Arbeitnehmer der Klägerin oder deren Ehegatten bzw. Kinder eigene Bausparverträge bei der X ab, verzichtet die Bausparkasse ganz oder teilweise auf diese sonst übliche Abschlussgebühr. Die Klägerin erhält in solchen Fällen keine Vermittlungsprovision. Eine von der Bausparkasse erstellte Gesamtjahresliste über die im Streitjahr von Arbeitnehmern der Klägerin abgeschlossenen gebührenfreien bzw. -ermäßigten Verträge wurde der Klägerin im Januar 2005 übersandt.

Die Klägerin hat die ihren Mitarbeitern gewährten Vorteile aus den Gebührenermäßigungen bzw. -befreiungen im Streitjahr 2004 nicht dem Lohnsteuerabzug unterworfen.

Mit Bescheid vom 10. Oktober 2005 ordnete der Beklagte (das Finanzamt – FA) eine Lohnsteuer-Außenprüfung bei der Klägerin an. Im Anschluss daran bewertete das FA die geldwerten Vorteile aus dem Verzicht der Bausparkasse auf die Abschlussgebühren als Arbeitslohn. Es ermittelte für das Streitjahr einen nachzuversteuernden Betrag von … EUR. Auf einen entsprechenden Antrag der Klägerin wurde die Lohnsteuer gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EinkommensteuergesetzEStG – nach einem Pauschsteuersatz von 41,20 % errechnet. Daraus ergab sich ein Lohnsteuer-Nachforderungsbetrag von … EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 07. Dezember 2006 verwiesen.

Am 20. Dezember 2006 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung u. a. für die Lohnsteuer-Anmeldungen des Streitjahres auf und erließ gleichzeitig einen zusammengefassten Haftungs- und Nachforderungsbescheid, in dem für das Jahr 2004 u. a. folgende Beträge aus dem Prüfungskomplex „Preisvorteile von dritter Seite” (vgl. Tz. 4 des Berichts über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 07. Dezember 2006) nachgefordert wurden:

Pauschale Lohnsteuer

evangelische Kirchenlohnsteuer

römisch-katholische Kirchenlohnsteuer

Solidaritätszuschlag

Insgesamt

Weitere im Bescheid vom 20. Dezember 2006 enthaltene Haftungs- und Nachforderungsbeträge für 2003 und 2004 sind nicht streitig.

Mit Schriftsatz vom 23. Januar 2007, der am 24. Januar 2007 bei Gericht eingegangen ist, erhob die Klägerin gegen den Nachforderungsbescheid vom 20. Dezember 2006 Klage, ohne zuvor Einspruch beim FA einzulegen. Sie ist der Auffassung, dass der beim Abschluss eines Bausparvertrages eingeräumte Gebührenvorteil für ihre Mitarbeiter bzw. für deren Ehegatten oder Kinder keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstelle. Es liege weder eine unmittelbare Vorteilsgew...

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