Entscheidungsstichwort (Thema)

Behandlungskosten bei psychischer Erkrankung (Burn-Out) sind keine Werbungskosten. Berücksichtigung als außergewöhliche Belastung nur bei vorherigem amtsärztlichen Attest

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Burn-Out ist keine typische Berufskrankheit. Ein Werbungskostenabzug der Behandlungskosten ist daher nicht möglich.

2. Nach § 64 EStDV muss für eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ein vorheriges amtsärztliches Attest vorgelegt werden. Gegen die rückwirkende Anwendung der durch das Gesetz vom 1.11.2011 (BGBl I 2011, 2131) neu gefassten Vorschrift des § 64 Abs. 1 EStDV auf alle Fälle, in denen die ESt noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist (§ 84 Abs. 3f EStDV in der Fassung des Änderungsgesetzes) bestehen keine Bedenken.

 

Normenkette

EStG §§ 9, 33; EStDV § 64

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 09.11.2015; Aktenzeichen VI R 36/13)

BFH (Beschluss vom 09.11.2015; Aktenzeichen VI R 36/13)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob Aufwendungen für eine stationäre Behandlung in einer psychosomatischen Klinik bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar sind.

Der Kläger wird mit seiner Ehefrau für das Streitjahr 2007 vom Beklagten – dem Finanzamt – zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt. Im Rahmen seiner ESt-Erklärung begehrt er den Abzug von Aufwendungen in Höhe von 8.403,21 EUR für eine mehrwöchige stationäre Behandlung in der psychosomatischen Abteilung der A Klinik in B als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Für diese Behandlung waren Aufwendungen in Höhe von 10.018,65 EUR entstanden, von denen die Krankenkasse jedoch nur 1.615,44 EUR erstattet hatte.

Deren berufliche Veranlassung begründet der Kläger wie folgt: Er sei aufgrund der Fusion seines Arbeitgebers nicht wie erwartet zum Prokuristen ernannt worden, sondern bei der erwarteten Beförderung übergangen worden. Man habe ihm mit einer Vertragsanpassung gedroht, die aus seiner Sicht einer Degradierung gleichgekommen wäre. Daraufhin habe er akute gesundheitliche Beschwerden verspürt, mit der Gefahr einer Eskalation. Seine Hausärztin habe ihn deswegen in Abstimmung mit einem Facharzt für Psychiatrie in die psychosomatische Klinik nach B zur stationären Behandlung überwiesen. Seine Krankenversicherung habe die Übernahme der nunmehr streitigen Kosten verweigert, da nach ihrer Auffassung ein stationärer Aufenthalt zu keinem Zeitpunkt erforderlich gewesen sei. Auf die beim Finanzamt eingereichten Atteste und Bestätigungen wird verwiesen.

Das Finanzamt berücksichtigte die streitigen Aufwendungen im Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 18. Juni 2008 nicht, weil es eine Zuordnung in die berufliche Sphäre als nicht leicht und einwandfrei möglich erachtete. Im Einspruchsverfahren änderte das Finanzamt den Bescheid aus anderen Gründen mehrfach, zuletzt am 02. September 2010. Hinsichtlich des streitigen Sachverhalts wies das Finanzamt den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 06. September 2010 zurück. Auf die Einspruchsentscheidung wird verwiesen.

Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Ziel einer Berücksichtigung als Werbungskosten weiter.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids 2007 vom 18. Juni 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06. September 2010, zuletzt geändert durch Bescheid vom 02. September 2010, zusätzliche Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 8.403,21 EUR zu berücksichtigen und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festzusetzen;

hilfsweise den genannten Betrag nach Abzug der zumutbaren Eigenbelastung als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen;

hilfsweise für den Fall der Unterliegens die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es verweist im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung.

Die Kläger wurden vom Berichterstatter auf die Nachweisanforderungen des § 64 Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) hingewiesen und aufgefordert, entsprechende Nachweise vorzulegen. Ein amtsärztliches Gutachten konnten die Kläger nicht vorlegen (wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 07. Dezember 2012 verwiesen).

Auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 26. April 2013 wird verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Klage ist nicht begründet.

a. Das Finanzamt hat den Ansatz der streitgegenständlichen Aufwendungen bei den Werbungskosten zu Recht abgelehnt.

aa. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Zwar stehen Aufwendungen für die Gesundheit – ebenso wie für Kleidung, Nahrung und Wohnung – insofern auch in Zusammenhang mit der Berufstätigkeit des Steuerpflichtigen, weil er ohne Nahrung oder als Kranker seinen Beruf nicht ausüben kann. Gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG sind jedoch solche Ausgaben, die sowohl den Beruf als auch die private Lebensführun...

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