Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusammentreffen von außerordentlichen Einkünften mit dem Progressionsvorbehalt unterliegenden steuerfreien Einnahmen

 

Leitsatz (redaktionell)

Treffen außerordentliche Einkünfte mit dem Progressionsvorbehalt unterliegenden steuerfreien Einnahmen zusammen, so sind bei Anwendung der Fünftelregelung zur Berechnung der Einkommensteuer die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einnahmen einem Fünftel des zu versteuernden Einkommens nicht in voller Höhe, sondern ebenfalls nur zu einem Fünftel hinzuzurechnen.

 

Normenkette

EStG 2002 § 34 Abs. 1, § 32b Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.09.2009; Aktenzeichen IX R 93/07)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2002 vom 07.03.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.01.2004 werden die Einkommensteuer 2002 auf 6.605 EUR und der Solidaritätszuschlag 2002 auf 363,27 EUR festgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger wurden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer für 2002 veranlagt. In den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit war eine Entschädigung in Höhe von 56.526 EUR enthalten. Darüber hinaus bezog der Kläger gem. § 3 Nr. 28 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfreie Aufstockungsbeträge nach dem Altersteilzeitgesetz in Höhe von 3.951 EUR. Der Beklagte (das Finanzamt) setzte die Einkommensteuer für 2002 auf 8.900 EUR fest. Der gegen den angewendeten Steuersatz gerichtete Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzamt erläuterte unter Hinweis auf § 34 EStG und R 198 Abs. 1 Satz 3 Einkommensteuerrichtlinien (EStR) 2002 die Berechnung der Einkommensteuer wie folgt: Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Wie das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 14.02.2002 (2 K 2084/00 Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG 2002, 1178) zeige, sei die Berechnung des Finanzamts unzutreffend und die festgesetzte Einkommensteuer zu hoch. Berücksichtige man die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einnahmen nicht, so betrage bei einem zu versteuernden Einkommen von 19.827 EUR die Einkommensteuer 5.945 EUR (= 5 × 1189 EUR). Nach der Berechnung der Finanzverwaltung ergebe sich bei Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts für die Aufstockungszahlung von 3.951 EUR ein Steuermehrbetrag von 2.995 EUR (8.900 EUR -5.945 EUR). Ohne Tarifermäßigung nach § 34 EStG ergebe sich ein Steuermehrbetrag von 524 EUR. Bei einem zu versteuernden Einkommen von 65.048 EUR betrage die Einkommensteuer nach Splittingtarif 14.614 EUR. Erhöhe man das zu versteuernde Einkommen um die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte, so ergebe sich ein Steuersatz von 23,2771 % und damit eine Einkommensteuer von 15.138 EUR. Aus dieser Gegenüberstellung sei erkenntlich, dass für die der Progression unterliegenden Einnahmen eine übermäßige Steuer erhoben werde. Die Steuerberechnung der Finanzverwaltung führe zu einem ungerechten Ergebnis. Der Steuersatz sei entsprechend dem Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 14.02.2002 (2 K 2084/00) zu ermitteln.

zu versteuerndes Einkommen

65.048 EUR

abzüglich Einkünfte i.S.v. § 34 EStG

-56.526 EUR

verbleibendes zu versteuerndes Einkommen

8.532 EUR

zuzüglich Aufstockungszahlung § 32 b EStG

+ 3.951 EUR

für die Berechnung des Steuersatzes gem. § 32 b Abs. 2 EStG maßgebendes verbleibendes zu versteuerndes Einkommen

12.483 EUR

Stufenmittelwert nach Tarif

…12.492 EUR

Steuer nach Splittingtarif

0

verbleibendes zu versteuerndes Einkommen

8.532 EUR

zuzüglich 1/5 der Einkünfte i.S.d. § 34 EStG

+ 11.305 EUR

zu versteuerndes Einkommen

19.837 EUR

zuzüglich Aufstockungszahlung nach § 32 b EStG

+ 3.951 EUR

für die Berechnung des Steuersatzes gem. § 32 b Abs. 2 EStG maßgebendes verbleibendes zu versteuerndes Einkommen mit 1/5 der außerordentlichen Einkünfte

23.788 EUR

Stufenmittelwert nach Tarif

23.796 EUR

Steuer nach Splittingtarif

2.136 EUR

durchschnittlicher Steuersatz nach § 32 b Abs. 2 EStG

8,9762 %

Steuerbetrag auf das zu versteuernde Einkommen mit 1/5 der außerordentlichen Einkünfte (19.837 EUR Stufenmittelwert nach Tarif 19.836 EUR) unter Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts

1.780 EUR

abzüglich Steuerbetrag auf das zu verbleibende Einkommen

0

Unterschiedsbetrag

1.780 EUR

multipliziert mit dem Faktor 5

8.900 EUR

tarifliche Einkommensteuer 2002

8.900 EUR

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Änderung des Bescheids vom 07.03.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.01.2004 die Einkommensteuer für 2002 auf 6.605 EUR und den Solidaritätszuschlag auf 363,28 EUR festzusetzen.

Das Finanzamt beantragt

Klageabweisung.

Zur Ergänzung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 26.01.2004 und die eingereich...

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