Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftungsforderung im (ehemaligen) Konkursverfahren;. Umfang der Haftung eines Komplementärs für Steuerschulden der Gesellschaft. Feststellungsbescheid gemäß § 251 (3) AO

 

Leitsatz (amtlich)

1. Kann wegen Eröffnung des Konkursverfahrens eine Haftungsforderung nicht mit Haftungsbescheid, sondern nur durch Anmeldung zur Konkurstabelle und ggf. durch einen Feststellungsbescheid i. S. § 251 Abs. 3 AO geltend gemacht werden, sind in diesem Verfahren und spätestens im Einspruchverfahren über den Feststellungsbescheid die Voraussetzungen für die Haftungsinanspruchnahme dem Grunde und der Höhe nach darzulegen und das der Finanzbehörde eingeräumte Ermessen auszuüben.

2. Ein Komplementär haftet für die Steuerschulden einer KG unbeschränkt. Eine Haftungsbeschränkung nach dem für schuldhaft handelnde Geschäftsführer geltenden Grundsatz der anteiligen Tilgung wegen nicht ausreichender Zahlungsmittel der Gesellschaft besteht für die verschuldensunabhängige persönliche Gesellschafterhaftung nach § 128 HGB nicht.

 

Normenkette

AO a.F. § 251 Abs. 3; HGB §§ 128, 161 Abs. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

 

Gründe

I.

Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen des … (H). Das Konkursverfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts vom 31. Juli 1987 eröffnet. H war Komplementär der … (H-KG).

Mit – mittlerweile bestandskräftigem – Bescheid vom 5. Oktober 1987 wurde gegenüber der H-KG die Umsatzsteuer 1975 auf 22.047,00 DM festgesetzt und zugleich eine Steuerzahllast von 459.879,00 DM errechnet.

Wegen dieser rückständigen Umsatzsteuerschulden beabsichtigte der Beklagte (das Finanzamt -FA-), gestützt auf § 128 des Handelsgesetzbuches (HGB), H als persönlich haftenden Gesellschafter in Anspruch zu nehmen. Das FA machte deshalb mit sog. Haftungsmitteilung vom 8. Oktober 1987 gegenüber dem Kläger als Konkursverwalter u. a. eine Haftungsforderung gegen H wegen Umsatzsteuer 1975 in Höhe von 459.879,00 DM als Konkursforderung geltend. Da der Kläger im Prüfungstermin vom 18. Dezember 1987 die Haftungsforderung bestritten hatte, stellte das FA durch Bescheid vom 14. April 1989 gemäß § 251 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) u. a. das Konkursvorrecht für die geltend gemachte Haftungsforderung fest.

Auf die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wurde der Feststellungsbescheid vom 14. April 1989 durch Senatsurteil vom 3. April 1995 3 K 3190/93 aufgehoben (vgl. auch Beschluss des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 19. Dezember 1995 VII B 174/95).

Mit weiterer sog. Haftungsmitteilung vom 7. Februar 1996 an den Kläger betrieb das FA nochmals die Anmeldung der Haftungsforderung gegen H zur Konkurstabelle. Da der Kläger auch diesmal die Haftungsforderung im Prüfungstermin vom 6. September 1996 bestritt, stellte das FA durch Bescheid vom 24. Juli 1997 diese Forderung als bevorrechtigte Konkursforderung gemäß § 251 Abs. 3 AO fest und stellte dabei seine Ermessenserwägungen dar.

Der Einspruch dagegen blieb ohne Erfolg. Zur Begründung seiner Einspruchsentscheidung vom 22. August 1997 führt das FA im Wesentlichen aus, dass H als Komplementär der H-KG uneingeschränkt für die Verbindlichkeiten der H-KG hafte. Die Inanspruchnahme des H sei auch ermessensgerecht, da die Steuerschuldnerin vermögenslos sei und eine Inanspruchnahme anderer Personen ausscheide, und da H als Geschäftsführer der Gesellschaft für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten verantwortlich gewesen sei. Die Haftungsforderung sei zudem im Zeitpunkt der Konkurseröffnung gemäß § 3 der Konkursordnung (KO) begründet gewesen und sei als betagte Forderung nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO i.V.m. § 65 KO bevorrechtigt. Der Haftungsanspruch sei auch nicht verjährt. Denn der Haftungsanspruch sei vor Ablauf der Verjährungsfrist zunächst mit Bescheid vom 14. April 1989 festgestellt worden. Nach Aufhebung dieses Bescheids durch das Finanzgericht habe das FA sein Ermessen hinsichtlich der Inanspruchnahme des H als Haftungsschuldner erneut ausüben dürfen.

Mit seiner Klage macht der Kläger dagegen u. a. geltend, dass die Haftungsschuld zum Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens am 31. Juli 1987 nicht i. S. von § 3 KO begründet gewesen sei. Der Rechtsgrund für die Haftung sei erst nach dem genannten Urteil des Senats vom 3. April 1995 mit der Haftungsmitteilung vom 7. Februar 1996, also nach der Konkurseröffnung, gelegt worden. Der Haftungsanspruch sei zudem auch nicht steuerartig, da er nicht die wesentlichen Merkmale einer Steuer erfülle. Zudem habe das FA weder im Festsetzungsbescheid noch in der Einspruchsentscheidung den Grundsatz der anteiligen Tilgung beachtet. Die H-KG sei aber – was der Konkurs zeige – mit Sicherheit überschuldet bzw. zahlungsunfähig gewesen. Zwar erachte das FA in seiner Einspruchsentscheidung die Haftungsinanspruchnahme auch der Höhe nach für ermessensfehlerfrei, jedoch lasse die Entscheidung die Darlegung der Grundsätze der anteiligen Tilgung nicht erkennen.

Der Kläger beantragt,

den Feststellungsbescheid v...

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