rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessungsgrundlage für die Privatnutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes. Verteilung der Herstellungskosten auf zehn Jahre mit Wirkung ab dem 1.7.2004 ist verfassungsgemäß

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Soweit ein Teil des vollständig dem Unternehmen zugeordneten Einfamilienhauses zu eigenen Wohnzwecken des Unternehmers genutzt wird, liegt eine Verwendung eines Gegenstandes vor, die gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt und mit den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Kosten, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben, zu bewerten ist.

2. Für nach dem 30.6.2004 ausgeführte Umsätze sind die Herstellungskosten des Gebäudes nicht auf 50, sondern auf 10 Jahre zu verteilen.

3. Die gesetzliche Anordnung der Neuregelung des § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UStG verstößt nicht gegen das Verfassungsrecht. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Rückwirkungsverbot vor.

 

Normenkette

UStG § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 9a S. 1 Nr. 1; GG Art. 20 Abs. 3

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Höhe der Bemessungsgrundlage für die Privatnutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes rückwirkend geändert werden kann.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Vermietung eines Dachgeschosses in einem Gebäude, das sie in vollem Umfang dem Unternehmensvermögen zugeordnet hat.

In der für das Streitjahr abgegebenen Umsatzsteuererklärung machte die Klägerin den vollen Vorsteuerabzug aus den Rechnungen für die Errichtung des zum Teil unternehmerisch und zum Teil zu privaten Wohnzwecken genutzten Gebäudes geltend. Antragsgemäß wurde die Umsatzsteuer für 2004 auf einen Negativbetrag von 42.638,98 EUR festgesetzt.

Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung nahm das Finanzamt (FA) unter anderem eine Kürzung der Vorsteuern sowie eine Änderung des Anteils von Wohn- und Nutzfläche vor und unterwarf den Wert für die Privatnutzung der Immobilie als sonstige Leistung der Umsatzsteuer. Mit Bescheid vom 1. März 2007 wurde die Umsatzsteuer 2004 auf einen Negativbetrag von 37.309,91 EUR festgesetzt.

Der hiergegen eingelegte Einspruch war nur zum Teil erfolgreich. Mit der Einspruchsentscheidung vom 27. September 2007 setzte das FA die Umsatzsteuer 2004 lediglich auf einen Negativbetrag von 40.689,23 EUR herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass die Nutzung zu privaten Wohnzwecken zu Unrecht in der vom FA festgesetzten Höhe als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer unterworfen worden sei. Die rückwirkende Änderung des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG sei unzulässig, da sie dem Gutglaubensschutz widerspreche. Zwischenzeitlich seien auch beim Niedersächsischen Finanzgericht zwei Klagen anhängig, mit denen die Verfassungswidrigkeit der Gesetzesänderung geltend gemacht würde.

Bei der Planung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit ihres Unternehmens habe das geltende Recht einen wesentlichen Bestandteil gebildet. Durch die rückwirkende Rechtsänderung sei eine Existenz bedrohende Situation entstanden, da die Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe gravierend erhöht worden sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Umsatzsteuerbescheids 2004 vom 1. März 2007 und der Einspruchsentscheidung vom 12. Dezember 2007 die Umsatzsteuer auf einen Negativbetrag von 42.580,13 EUR festzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage hat keinen Erfolg. Der geänderte Umsatzsteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig. Das FA hat die Umsatzsteuerschuld unter zutreffender Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die private Nutzung des Einfamilienhauses für die Streitjahre festgesetzt.

1. Nach § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetz in der für das Streitjahr geltenden Fassung (UStG) ist einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen. Diese Voraussetzungen liegen unstreitig vor, da die Klägerin rechtlich zulässig das Einfamilienhaus, das nur teilweise unternehmerisch verwendet wird, in vollem Umfang ihrem Unternehmen zugeordnet und den vollen Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hat (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 24. Juli 2003 V R 39/99, BFHE 203, 206, BStBl II 2004, 371). Mit der teilweisen Nutzung des Gebäudes für p...

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