Entscheidungsstichwort (Thema)

Anzuwendendes Recht auf eine im Januar 1999 ausgezahlte Entlassungsabfindung bei einer vor 1999 erfolgten Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Zur Anwendung von § 34 EStG i.d.F. des (erst später in Kraft getretenen) Steuerentlastungsgesetzes 1999 ff auf eine im Januar 1999 zugeflossene Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes.. Einkommensteuer 1999

 

Leitsatz (redaktionell)

Wurde ein Arbeitsverhältnis gegen eine Abfindung zum 31.12.1998 beendet, so ist bei Auszahlung der Abfindung wegen des Verlustes des Arbeitsplatzes im Januar 1999, und damit vor In-Kraft-Treten des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002, die Freibetragsregelung nach § 3 Nr. 9 EStG in der bis 1998 gültigen Fassung anzuwenden, wogegen der ermäßigte Steuersatz auf den steuerpflichtigen Teil der Abfindung nach der ab 1999 eingeführten Fünftel-Regelung zu berechnen ist (keine Anwendung des bis 1998 gültigen „halben” durchschnittlichen Steuersatzes; kein Verstoß des Gesetzgebers gegen das Rückwirkungsverbot).

 

Normenkette

EStG 1999 § 34 Abs. 1 S. 2; EStG 1998 § 34 Abs. 1; EStG 1999 § 3 Nr. 9; EStG 1998 § 3 Nr. 9; EStG 1999 § 52 Abs. 5, 47; EStG § 11 Abs. 1 S. 1, § 24 Nr. 1, § 38a Abs. 1 S. 2; GG Art. 20

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 10.11.2010; Aktenzeichen IX R 79/03)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, welche Fassung der Steuervergünstigung nach § 34 EStG auf eine Abfindung, die anlässlich der Auflösung eines Dienstverhältnisses vereinbart und bezahlt worden ist, zur Anwendung zu bringen ist.

Die Kläger sind verheiratet; sie werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Durch Auflösungsvereinbarung vom 21. Oktober 1996 wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers (Kl) zu 1. mit der Firma … zum 31. Dezember 1998 beendet. Als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes stand dem Kl zu 1. ein Betrag i.H.v. 231.500,– DM zu. Die Auszahlung der Abfindung erfolgte nach den Eintragungen in der Lohnsteuerbescheinigung vereinbarungsgemäß im Januar 1999. Die Kläger haben hierfür im Behördenverfahren die ermäßigte Besteuerung für außerordentliche Einkünfte beantragt. Der Beklagte … sprachte für die Entschädigungsleistung im Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 19. April 2000 einen Freibetrag nach § 3 Nr. 9 EStG i.H.v. 36.000,– DM zum Abzug und gewährte für den Differenzbetrag (195.500,– DM) die beantragte ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 S. 2 EStG. Zur Anwendung gelangte dabei § 34 Abs. 1 S. 2 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999, 2000, 2002 (BStBl. I 1999, 304; – EStG 1999–).

Die Kl vertreten demgegenüber als Begründung zu ihrem Einspruch, über den noch nicht entschieden wurde, sowie als Begründung zu der mit Schriftsatz vom 04. August 2000 (Eingang bei Gericht am 07. August 2000) erhobenen Klage, zu der das FA seine Zustimmung gemäß § 45 Abs. 1 FGO erklärt hat (Eingang der Erklärung bei Gericht am 21. August 2000), es müsse § 34 EStG in der für 1998 geltenden Fassung zur Anwendung gelangen, weil die Vereinbarung über die Abfindung vor dem 01. Januar 1999 abgeschlossen worden sei.

Die Kläger beantragen, die Einkommensteuer für 1999 unter Änderung des Bescheides vom 19. April 2000 durch Anwendung des hälftigen durchschnittlichen Steuersatzes gemäß § 34 EStG 1998 auf außerordentliche Einkünfte um 27.896,– DM niedriger festzusetzen.

Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.

Es macht geltend, dass für vor dem 01. Januar 1999 abgeschlossene Abfindungsvereinbarungen nach § 52 Abs. 5 EStG 1999 noch der bis 31. Dezember 1998 geltende Freibetrag des § 3 Nr. 9 EStG zu gewähren, für die Steuervergünstigung nach § 34 EStG jedoch die ab 01. Januar 1999 geltende Regelung anzuwenden sei (§ 52 Abs. 47 EStG 1999).

Weitere Einzelheiten ergeben sich aus den gewechselten Schriftsätzen sowie aus den Behördenakten, auf die Bezug genommen wird.

Die ursprünglich auch wegen Stabilitätszuschlag zur Einkommensteuer 1999 erhobene Klage wurde zurückgenommen. Das Gericht hat daraufhin das Verfahren insoweit abgetrennt und eingestellt (Beschluss vom 23. Oktober 2001).

Am 23. Oktober 2001 hat vor dem erkennenden Gericht Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden. Auf die Niederschrift hierüber wird verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist zulässig.

1.1 Die Voraussetzungen einer zulässig erhobenen Sprungklage liegen allerdings nicht vor. Zwar hat das FA innerhalb eines Monats ab Klageerhebung seine Zustimmung zur Sprungklage nach § 45 Abs. 1 FGO erteilt. Als Sprungklage ist die Klage aber nicht rechtzeitig erhoben worden. Die Monatsfrist zur Erhebung einer Klage läuft bei einer Sprungklage, die gegen einen Steuerbescheid geführt wird, ab der Bekanntgabe des Bescheids (§ 47 Abs. 1 FGO). Im Streitfall wurde der Einkommensteuerbescheid 1999 am 19. April 2000 zur Post gegeben. Zum Zeitpunkt des Eingangs der Klage bei Gericht am 07. August 2000 war damit die Klagefrist längst abgelaufen. Gründe, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten, wurden nicht...

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