rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Mantelkauf bei Einstieg von Investoren in eine neu gegründete Kapitalgesellschaft ohne Branchenwechsel

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Kapitalerhöhung, die zu einer Veränderung der Beteiligungsquoten führt (ebenso wie eine Sacheinbringung) kann nach Maßgabe der Grundregel in § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG 1999 nicht anders behandelt werden als eine Anteilsübertragung.

2. Überwiegend neues Betriebsvermögen i. S. d. § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1999 liegt vor, wenn das zugegangene Aktivvermögen den Bestand des vorher vorhandenen Restaktivvermögens übersteigt. Dies ist anhand einer gegenständlichen Betrachtungsweise zu ermitteln; eine Verrechnung von Zu- und Abgängen zu einem betragsmäßigen Saldo ist nicht vorzunehmen.

3. Es erscheint zweifelhaft, ob eine Zuführung von Geld als solche überhaupt geeignet ist, eine neue Prägung der Kapitalgesellschaft zu bewirken.

4. Auch wenn das Merkmal der „Fortführung des Geschäftsbetriebs mit überwiegend neuem Betriebsvermögen” dem Wortlaut nach erfüllt ist, liegt ein Verlust der wirtschaftlichen Identität der Kapitalgesellschaft durch eine Zuführung von Barmitteln durch neue Anteilseigner im Rahmen einer Kapitalerhöhung nicht vor, wenn die Nämlichkeit des Betriebsvermögens nicht berührt wird und der Geschäftsbetrieb der Gesellschaft nach der Kapitalzuführung nicht verändert, sondern im Wesentlichen unverändert fortgeführt wurde.

 

Normenkette

KStG 1999 § 8 Abs. 4 Sätze 1-2

 

Tenor

1. Der Körperschaftsteuerbescheid 2001, der Bescheid über die gesonderte Feststellung des Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2001, der Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG zum 31.01.2001 und der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2001, sämtlich vom 20. Mai 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. April 2008, werden mit der Maßgabe geändert, dass die bis zum Stichtag 31. Mai 2000 entstandenen Verluste in Höhe von insgesamt 000.000 EUR (= 0.000.000 DM) zum Verlustabzug zugelassen werden.

2. Die Berechnung der steuerlichen Auswirkungen wird dem Beklagten übertragen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines zum 31. Dezember

2000 festgestellten verbleibenden Verlustabzugs bzw. eines vortragsfähigen Fehlbetrags im Streitjahr 2001 entfallen sind.

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft, die im April 1999 als Vorratsgesellschaft errichtet wurde. Das Grundkapital betrug 50.000 EUR. In der Hauptversammlung vom 25. August 1999 wurden eine neue Satzung sowie die Umbenennung der Klägerin beschlossen. Die Herren A, B und C wurden zu neuen Vorstandsmitgliedern bestellt. Die Stückaktien waren zu diesem Zeitpunkt von folgenden Aktionären übernommen worden: Herr A: 26.770, Frau A: 4.980, Herr B: 13.270, Frau B: 4.980. Die Sitzverlegung nach erfolgte mit Beschluss der Hauptversammlung vom 8. Oktober 1999. Zu diesem Zeitpunkt waren neue Aktionäre hinzugekommen, A hielt nur mehr 14.170 und B 11.020 Anteile. Die Eintragung ins Handelsregister beim Amtsgericht erfolgte am 6. Dezember 1999 unter HRB …. Gegenstand des Unternehmens sind im Wesentlichen seit dem 25. August 1999 die Entwicklung, die Herstellung und der Vertrieb von Software- und Hardwareprodukten sowie moderner Informationstechnologie, ferner die damit zusammenhängende Beratung. Die Gesellschaft hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. Februar bis 31. Januar des folgenden Jahres.

Mit zwei Kaufverträgen vom 29. Dezember 1999 erwarb die Klägerin das Anlagevermögen und die Software der Firmen X und Y. Deren einzige Gesellschafter waren A bzw. B. Als Kaufpreise wurden mit X 000.000 DM und mit Y 000.000 DM vereinbart, insgesamt somit 1.500.000 DM (= 766.937 EUR). Die gemäß § 52 Abs. 1 Aktiengesetz (AktG) erforderliche Zustimmung der Hauptversammlung zu diesen Verträgen wurde erst am 5. März 2001 erteilt. In der Bilanz der Klägerin wurden die erworbenen immateriellen und materiellen Vermögensgegenstände bereits zum 31. Januar 2000 erfasst. Nach dem Erwerb der Software nahm die Klägerin den aktiven Geschäftsbetrieb auf. Sie verfolgt das Ziel, zu einem führenden Anbieter von Software für … zu werden. Zu diesem Zweck erwarb sie fertige Softwarelösungen von den Firmen X und Y und verschaffte sich erhebliches Know-How im Bereich der Entwicklung von Softwarelösungen, indem sie auch das Personal der beiden Firmen übernahm und die ehemaligen Geschäftsinhaber als Vorstände bestellte. Auf Ebene der Klägerin sollten die Synergieeffekte zweier bereits erfolgreicher Unternehmen sowie eines mit neuen Marketing- und Vertriebsmethoden erfahr...

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