Entscheidungsstichwort (Thema)

Mantelkauf mit Abtretung einer Forderung, auf die gegen Besserungsschein verzichtet wurde. Rückzahlung der Forderung durch die Gesellschaft als Betriebsausgabe oder Gewinnausschüttung. Gestaltungsmissbrauch

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auch im Falle eines Missbrauchs kann § 42 Abs. 1 Satz 3 AO nur die Beseitigung der missbräuchlichen Einkommensminderung rechtfertigen, nicht aber die Hinzurechnung eines Betrags, der auch bei rechtmäßigem Verhalten keine Auswirkung auf die Einkünfte gehabt hätte.

2. Verzichtet ein Gesellschafter auf eine Forderung gegen seine GmbH unter der auflösenden Bedingung, dass im Besserungsfall die Forderung rückwirkend wiederaufleben soll, so führt die Erfüllung der Forderung nach Bedingungseintritt zu Betriebsausgaben, wenn die ursprüngliche Forderung betrieblich veranlasst war.

3. Wird die Forderung, auf die unter Besserungsvorbehalt verzichtet wurde, zusammen mit den Gesellschaftsanteilen veräußert, eine andere Gesellschaft auf diese Gesellschaft verschmolzen und gleichzeitig die Forderung mit Besserungsanwartschaft an einen neuen Gesellschafter verkauft, so ist die „Darlehensrückzahlung” der Gesellschaft an den neuen Gesellschafter keine Betriebsausgabe, sondern eine Gewinnausschüttung.

4. Ein Gestaltungsmissbrauch liegt vor, wenn bei zeitnaher Übertragung der Gesellschaftsanteile sowie einer Forderung mit Besserungsanwartschaft auf diese Forderung geleistet wird und auf diese Weise der an bestimmte Voraussetzungen geknüpfte Verlustabzug umgangen wird.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 4, 3 S. 2, Abs. 1; EStG § 4 Abs. 4; AO § 42 Abs. 1 S. 3; BGB § 158 Abs. 2, § 159

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.07.2012; Aktenzeichen I R 23/11)

 

Tenor

1. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Bescheide für das Jahr … über Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuermessbetrag jeweils vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … mit der Maßgabe zu ändern, dass im Jahr … von einer Gewinnerhöhung aufgrund der Besserungsleistungen in Höhe von … DM anstelle von … DM ausgegangen wird. Das Ergebnis der Neuberechnung ist der Klägerin formlos mitzuteilen. Nach Rechtskraft der Entscheidung sind die Verwaltungsakte mit geändertem Inhalt neu bekanntzugeben.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu …, der Beklagte zu …

4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die zeitnahe Veräußerung von Gesellschaftsanteilen an einer GmbH und von Besserungsanwartschaften steuerlich mit der Folge anzuerkennen ist, dass die Besserungsleistungen den Gewinn der Klägerin mindern.

Die Klägerin ist eine GmbH, die mit Gesellschaftsvertrag vom durch Herrn H – als Alleingesellschafter mit einem Stammkapital von 50.000 DM – gegründet wurde. Die Firma wurde zunächst „H GmbH” genannt. Der Gegenstand des Unternehmens war …. Mit Beschluss vom wurde die Firma in „V GmbH” und der Gegenstand des Unternehmens geändert.

Die Gesellschaft hatte nach Aktenlage ab … ihren Geschäftsbetrieb weitgehend eingestellt. Ausweislich der Gewinn- und Verlustrechnung … wurden im Jahr … keine Umsätze erzielt und nach der Bilanz zum … bestand das Gesellschaftsvermögen im Wesentlichen aus Kapitalfehlbetrag (Aktiva) und Verbindlichkeiten aus dem Verrechnungskonto H (Passiva).

Mit Wirkung zum … verzichtete der Gesellschafter H wegen der auslaufenden Auftragslage auf seine mit dem Jahresabschluss zum … betragsmäßig festzustellende Forderung aus dem Verrechnungskonto unter der Bedingung, dass im Besserungsfall die Forderung wieder aufleben sollte (Forderungsverzicht mit Besserungsvereinbarung vom …). In der Bilanz zum … war die Forderung des Gesellschafters mit … DM passiviert, bei der Klägerin wurde im Jahr … ein außerordentlicher Ertrag in Höhe von … DM verbucht.

Die Gesellschaft wurde vom Gesellschafter H aufgelöst. Der Gesellschafter H wurde zum Liquidator bestellt.

Mit Vertrag vom … verkaufte und übertrug Herr H die Geschäftsanteile an der Klägerin zum Preis von 1 DM an die neuen Gesellschafter M und S (jeweils 25.000 DM des Stammkapitals). Am gleichen Tag beschlossen die neuen Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft und die „S GmbH” als Übertragerin (Gesellschafter: M und S jeweils mit einer Stammeinlage von 25.000 DM und damit jeweils 50 v.H. der Stammeinlage) wurde auf die Klägerin (Übernehmerin) mit Wirkung zum … verschmolzen. Gleichzeitig wurde die Firma in „S GmbH” und der Gegenstand des Unternehmens … geändert.

Mit Vertrag vom … veräußerte Herr H die „Besserungsanwartschaft” aus dem Forderungsverzicht mit Besserungsabrede zum Kaufpreis in Höhe von … DM an den Gesellschafter S.

In den Jahren … erzielte die Klägerin Gewinne, aus denen sie Zahlungen auf den Besserungsschein an den Gesell...

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