Entscheidungsstichwort (Thema)

Faktoren der Totalüberschussprognose bei verbilligter Vermietung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ob die Vermietungstätigkeit einen Totalüberschuss erwarten lässt, hängt von einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose über die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung, die in dieser Zeitspanne voraussichtlich erzielbaren steuerpflichtigen Erträge und anfallenden Werbungskosten ab.

2. Zukünftig eintretende Faktoren sind in die Beurteilung nur einzubeziehen, wenn sie bei objektiver Betrachtung konkret vorhersehbar waren.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 27.12.2010; Aktenzeichen IX B 107/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, wie eine verbilligte Vermietung an eine Angehörige steuerlich zu behandeln ist.

Die Klägerin wird vom Beklagten – dem Finanzamt (FA) – für das Streitjahr 2005 zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Das FA wich von der Steuererklärung insoweit ab, als es die Einkünfte aus der Vermietung einer im Vorjahr erworbenen 2-Zimmer-Eigentumswohnunghöher als erklärt ansetzte, indem es die erklärten Werbungskosten nur zu 61% berücksichtigte (ESt-Bescheid für 2005 vom 15. Februar 2007). Die Wohnung war im gesamten Streitjahran die im Streitjahr etwa 70 Jahre alte Mutter der Klägerin unstreitig verbilligt vermietet. Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung [EE] vom 23. Januar 2008).

Die Klägerin tritt der Steuerfestsetzung des FA mit dem Argument entgegen, dass bei einer Vermietung zu einem Mietzins von weniger als 75% aber mindestens 56% der ortsüblichen Miete nach der Rechtsprechung eine Überschussprognose anzustellen sei. Wenn diese positiv ausfalle, so sei die Vermietung als vollentgeltlich zu behandeln. So sei es aber im Streitfall. Nach der Prognoserechnung der Klägerin (vgl. Bl. 18 der ESt-Akte) sei bis zum Jahr2034 mit einem Überschuss von rd. 22.000 EUR bei hochgerechneten rd. 497.000 EUR Mieteinnahmen zu rechnen.

Der Rechnung liegen folgende Annahmen zu Grunde (wegen der Einzelheiten wird auf die ESt-Akte Bl. 16-18 verwiesen):

  • Keine Mieterhöhung in den ersten 3 Jahren (nach Mietvertrag);
  • danach Mieterhöhungen von rd. 20% in Abständen von etwa 3 Jahren bis zum Jahr 2020;
  • Zäsur Ende 2020 (dem Jahr, in dem die bisherige Mieterin ihre derzeitige Lebenserwartungvon 84 Jahren erfüllt): in diesem Jahr werden fiktive Renovierungskosten von 15.000 EUR, sowie ein Leerstand von einem Monat einkalkuliert; ab dem Folgejahr eine Neuvermietung zueiner Jahresmiete von 18.000 EUR (das sind etwa 100/60) der für das Jahr 2020 hochgerechneten Miete;
  • ab 2021 Mietsteigerungen von rd. 6% je Jahr;
  • Steigerung der jährlichen „sonstigen Kosten” um rd. 1,3 bis 2% je Jahr bis zum Jahr 2020,danach von rd. 3% je Jahr;
  • entfallen der Abschreibung für die Küche im Jahr 2015;
  • Darlehenszinssatz bis Ablauf der Zinsbindung mit dem aktuellen Wert von 4,6% p.a., danach mit 5,5% p.a.

Die Hochrechnung modifizierte die Klägerin im Einspruchsverfahren auf Aufforderung des FAnach Maßgabe des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 8. Oktober 2004 (IV C 3-S 2253-91/04, BStBl I 2004, 933) wie folgt:

  • sie setzte den Wertverlust (Absetzungen für Abnutzung) nur mit dem „Normalsatz” von 2% an;
  • die Summe der Einnahmen erhöhte und die Summe der Werbungskosten kürzte sie um10% Sicherheitszuschlag;
  • der Darlehenszins wurde durchgehend mit 4,6% bemessen.

Diese Berechnung führte zu einem Totalüberschuss von rd. 131.000 EUR.

Die Klägerin beantragt,

bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen Werbungskostenüberschuss von -12.543 EUR (statt bisher -5.209 EUR) anzusetzen und unter Abänderung des ESt-Bescheides für 2005 vom 15. Februar 2007 und der EE vom 23. Januar 2008 die ESt für 2005 entsprechend niedriger festzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es bezieht sich im Wesentlichen auf die EE, auf die wegen der dortigen Rechtsausführungen im Einzelnen verwiesen wird. Im Wesentlichen stützt es sich darauf, dass die in der Hochrechnung angesetzten Mietsteigerungen – aus familiären Gründen – nicht in dieser Höhe zu erwarten bzw. auch nicht durchsetzbar sind. Ohne die Mieterhöhungen ergebe sich aber ein Werbungskostenüberschuss von rd. 47.635 EUR.

Auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 21. Mai 2010 wird verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist nicht begründet.

Das FA hat rechtlich zutreffend nur 61% der Werbungskosten berücksichtigt.

1. a) Eine einkommensteuerrechtlich relevante Betätigung oder Vermögensnutzung im Bereich der Überschusseinkünfte setzt die Absicht voraus, auf Dauer gesehen nachhaltig Überschüsse zu erzielen (grundlegend: Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751). Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist nach ständiger Rspr. (vgl. BFH-Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771, m.w.N.) bei einer auf D...

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