Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung des Vorwegabzugs auch bei (teilweise) sozialversicherungsfreiem Arbeitslohn

 

Leitsatz (redaktionell)

Auch wenn der Arbeitnehmer einen Teil des Arbeitslohn sozialversicherungsfrei erhalten hat (hier: Abfindung anlässlich der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses), ist die Kürzung des Sonderausgaben-Vorwegabzugs auf der Grundlage der vollen Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit (einschließlich der Abfindung) und nicht etwa nur auf der Basis des sozialversicherungspflichtigen Teils des Arbeitslohns zu errechnen.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 3 Nr. 2 S. 2 Buchst. a, §§ 19, 3 Nr. 62

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.10.2002; Aktenzeichen XI R 71/00)

 

Gründe

Streitig ist, ob eine Abfindung, die der Kläger anläßlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses im Streitjahr vereinbart und bekommen hat, in die Bemessungsgrundlage für die Kürzung des Vorwegabzugs von Sonderausgaben nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe a Einkommensteuergesetz (EStG) einzubeziehen ist.

I.

Die Kläger wurden im Streitjahr vom beklagten Finanzamt Dachau (FA) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Dabei berücksichtigte das FA die mit … DM geltend gemachten Versicherungsbeiträge lediglich in Höhe von … DM als beschränkt abziehbare Sonderausgaben. Bei der Berechnung der … DM bezog das FA eine Abfindung in Höhe von … DM, die der Kläger anläßlich des Ausscheidens aus seinem Arbeitsverhältnis erhalten hatte, in die Bemessungsgrundlage für die Kürzung des Vorwegabzugs von Sonderausgaben nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe a EStG ein.

Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Auf die Einspruchsentscheidung (EE) vom 20. Oktober 1999 wird Bezug genommen.

Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Anliegen weiter. Zur Begründung wird geltend gemacht, strittig sei, ob die Kürzung des Vorwegabzugs gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 Buchstabe a EStG aus den vollen Bezügen aus nichtselbständiger Arbeit oder nur aus dem sozialversicherungspflichtigen Teil zu berechnen sei. Der Kläger sei zum 31. Januar 1998 nach einem Aufhebungsvertrag aus den Diensten seines Arbeitgebers ausgeschieden. Laut der Lohnsteuerkarte habe der Kläger 1998 für den Januar ein Gehalt in Höhe von … DM bezogen sowie eine Abfindung (steuerpflichtiger Teil) in Höhe von … DM. Der Arbeitnehmeranteil an der Sozialversicherung habe … DM betragen. Damit sei eindeutig nachgewiesen, daß der Arbeitgeber von dem steuerpflichtigen Teil der Abfindung keine Sozialversicherungsbeiträge einbehalten habe und damit auch keine Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung zu leisten gehabt habe. Das FA lege § 10 Abs. 3 Satz 2 Buchstabe a EStG in der Weise aus, daß eine Kürzung immer dann vorgenommen werde, wenn der Arbeitgeber Leistungen zur Sozialversicherung des Arbeitnehmers getragen habe, unabhängig von der Höhe des Einkommens. Dies könne nicht richtig sein, denn in diesem Fall würde ein unzulässiger Eingriff in die Eigentumsgarantie des Klägers vorgenommen und damit gegen Art. 14 Grundgesetz (GG) verstoßen werden. Im übrigen könnte das Problem ganz einfach vermieden werden, indem das Beschäftigungsverhältnis zum Jahresende beendet und im Januar des Folgejahres die Abfindung ausgezahlt werde. In diesem Falle liege keine Arbeitgeberleistung zur Sozialversicherung des Arbeitnehmers vor. Wie absurd die Meinung des FA sei, würde sich ergeben, wenn es der Kläger geschafft hätte, trotz seines hohen Alters wieder eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu erhalten und dann dafür durch erhebliche Steuernachteile bestraft würde. Der Gesetzestext sei eindeutig: „… wenn für die Zukunftssicherung des Steuerpflichtigen Leistungen i.S. des § 3 Nr. 62 EStG erbracht werden”. Der Wortlaut des § 3 Nr. 62 EStG laute: „Steuerfrei sind … Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist”. Diese Leistungen seien eindeutig nur für die laufenden Bezüge des Monats Januar 1998 erbracht worden. Zu berücksichtigen sei, daß die Abfindung grundsätzlich nur dann ausgezahlt werde, wenn das Arbeitsverhältnis auch beendet werde, also nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ab diesem Zeitpunkt sei der Arbeitgeber aber nicht mehr verpflichtet, Sozialversicherungsbeiträge für den Arbeitnehmer zu zahlen. Die Abfindung habe auch dazu geführt, daß der Kläger bis zum Bezug des Arbeitslosengeldes eine Wartezeit habe überbrücken müssen.

Der Klägervertreter beantragt (sinngemäß),

Vorsorgeaufwendungen in Höhe von … DM (bisher: … DM) zu berücksichtigen und unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1998 vom 14. Mai 1999 und der EE vom 20. Oktober 1999 die Einkommensteuer 1998 entsprechend herabzusetzen.

Das FA beantragt Klageabweisung.

Das FA macht geltend, die Auslegung des § 10 Abs. 3 Satz 2 Buchstabe a EStG durch die beklagte Behörde sei vom Bundesfinanzhof (BFH) in einem Beschluß vom 26. Juni 1997 X B 240/96...

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