Entscheidungsstichwort (Thema)

Auseinandersetzung und Teilung einer GbR als Grunderwerbsteuer-Tatbestand. Gestaltungsmissbrauch

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird ein Gesellschaftsanteil an einer Personengesellschaft erworben, der solchermaßen mit einer Berechtigung an einer konkreten Eigentumswohnung verbunden ist, dass der Erwerber seine Gesellschafterstellung ohne weiteres durch einseitige Erklärung in einen Anspruch auf Übereignung der jeweiligen Eigentumswohnung überleiten kann, so ersetzt der Erwerb des Anteils an der Gesamthand die an sich gebotene Übertragung des Grundstückseigentums, dessen Auswahl den Gesellschaftsanteil bestimmte.

2. Der Grunderwerbsteuer ist in einem solchen Fall gemäß § 42 Satz 2 AO die den wirtschaftlichen Umständen angemessene Gestaltung, nämlich die Verschaffung eines unbedingten und unbefristeten Anspruchs auf Übereignung des jeweiligen Wohnungseigentums, zugrunde zu legen.

 

Normenkette

GrEStG 1997 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 2; AO § 42 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.11.2011; Aktenzeichen II R 64/09)

 

Tenor

1. Die angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheide vom 10.02.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 27.07.2004 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Beklagte (FA) zu Recht einen Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrag einer grundbesitzenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) der Grunderwerbsteuer unterworfen hat.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 11.6.1999 war die Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit eingeschränkter Gesellschafterhaftung „Eigentümergemeinschaft B” (i.f. GdbR) errichtet worden. Die Gesellschafter vereinbarten das Anwesen B gemeinsam zu erwerben, zu verwalten und soweit notwendig zu sanieren. Auf den Gesellschaftsvertrag im Einzelnen wird Bezug genommen. In Ergänzung zu diesem Gesellschaftsvertrag schlossen die Gesellschafter am 2.7.1999 eine Sondernutzungsvereinbarung mit dem Ziel, jedem Gesellschafter an einer oder mehreren sondernutzungsfähigen Einheiten ein Sondernutzungsrecht zuzuordnen. Diese Sondernutzungsvereinbarung sollte Grundlage für die Erstellung der Teilungserklärung nach dem WEG zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung der Gesellschaft sein. Jeder Gesellschafter konnte danach jederzeit, soweit dies bautechnisch und rechtlich zulässig war, die Aufteilung des Anwesens in Wohnungseigentum verlangen, worauf die Gesellschaft unverzüglich das Teilungsverfahren einzuleiten hatte (vgl. Tz 4 der Vereinbarung, Bl 114 f FG-Akte).

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 18.9.1999 erwarb die GdbR das genannte Grundstück.

In der Folgezeit schied ein „Alt”-Gesellschafter aus und die Kläger traten als Neugesellschafter der GdbR durch Anteilsübernahmeverträge (vgl. Bl.75 f FG-Akte) bei. Sie wurden jeweils zeitnah als weitere Gesamthandseigentümer im Grundbuch eingetragen. Im Rahmen des Beitritts wurde den Neugesellschaftern anhand eines Prospekts das Gesellschaftermodell detailliert dargestellt (vgl. Bl. 120f FG-Akte), insbesondere Fragen der Veräußerung des Gesellschaftsanteils, Haftungsfragen, Modernisierungsund Baufragen, Finanzierung des Gesellschaftsanteils und die Aufteilung in Eigentumswohnungen mit welcher jeder Gesellschafter alleiniger Eigentümer seiner Wohnung werden sollte. Die Vorgaben dieses Gesellschaftermodells wurden zunächst im Rahmen der Gesellschafterversammlungen (Protokolle 2001-2003 vgl. Bl. 105 f FG-Akte) umgesetzt.

Mit notariell beurkundetem Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrag vom 19.12.2003 setzte sich die GdbR zum Zweck der vorzunehmenden Bildung von Wohnungs- und Teileigentum derart auseinander, dass den einzelnen Gesellschaftern Miteigentumsanteile verbunden mit den unter Abschnitt 3 der Urkunde gebildeten Sondereigentumseinheiten zugewiesen wurden. Unter Abschnitt 9 der Urkunde wurde der Wert des Grundstücks und der Baulichkeiten mit 2.590.000.– Euro beziffert.

Das FA sah im Erwerb dieser Miteigentumsanteile einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbaren Erwerbsvorgang und setzte mit Grunderwerbsteuerbescheiden vom 10.2.2004 gegen die Kläger GrESt fest, wobei es die Gegenleistung jeweils mit dem auf den jeweiligen Tausendstelanteil entfallenden Anteil an dem in der Urkunde ausgewiesenen Wert von 2.590.000.– Euro bemaß.

Mit dem Einspruch vom 5.3.2004 machten die Kl geltend, dass als grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage der Grundbesitzwert gem. § 8 Abs. 2 GrEStG heranzuziehen sei.

Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidungen vom 27.7.2004 als unbegründet zurück.

Der Wert des Teilgrundstückes, das nach § 7 Abs. 2 GrEStG den Erwerbsgegenstand bilde, richte sich nach dem gemeinen Wert. Dies gelte auch für einen Grundstückstausch, dem eine Realteilung...

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