Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Verlusten aus früheren Wirtschaftsjahren bei der Berechnung der nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbaren Schuldzinsen

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Gewinnbegriff i. S. v. § 4 Abs. 4a EStG umfasst auch Verluste, die aber die Überentnahmen nicht erhöhen dürfen und deshalb nur mit Unterentnahmen (Einlagenüberschüssen) zu verrechnen sind. Im jeweiligen Veranlagungszeitraum sind Einlagenüberschüsse dieses Jahres zunächst mit Verlusten dieses Jahres auszugleichen. Nicht verrechnete Verluste sind getrennt festzuhalten und vorzutragen (vgl. BFH, Urteil v. 22.2.2012, X R 12/09); in den nachfolgenden Jahren sind diese fortgeschriebenen Verluste primär mit Unterentnahmen (Einlagenüberschüssen) zu verrechnen (vgl. BMF, Schreiben v. 17.11.2005, IV B 2-S 2144-50/05, BStBl I 2005, 1019, Rz. 11, Rz. 15a Abwandlung Beispiel 2 c).

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4a Sätze 1-4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.03.2018; Aktenzeichen X R 17/16)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob in die Berechnung der nach § 4 Abs. 4a Einkommensteuergesetz (EStG) nicht abziehbaren Schuldzinsen Verluste vorrangig einzubeziehen sind.

Der Kläger führt ein Autohaus und handelt mit neuen und gebrauchten Fahrzeugen. Für die Streitjahre ermittelte der Kläger die Gewinne für sein Einzelunternehmen durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG in folgender Höhe: 80.379 EUR (2007) und 91.543,74 EUR (2008). Für die Jahre 2007 und 2008 nahm der Kläger keine Zurechnungen wegen nicht abziehbarer Schuldzinsen vor.

Das beklagte Finanzamt (FA) berücksichtigte die vom Kläger erklärten Gewinne aus Gewerbebetrieb bei der Veranlagung für die Streitjahre.

In der Zeit vom 6.7.2009 bis zum 3.6.2011 fand beim Kläger eine Betriebsprüfung statt. Der Prüfer ermittelte für die Streitjahre nichtabzugsfähige Schuldzinsen in Höhe 36.015 EUR (2007) und in Höhe von 32.054 EUR (2008).

Das FA erließ am 2.8.2011 entsprechend den Feststellungen im Bericht über die Außenprüfung Änderungsbescheide für die Streitjahre.

Dagegen legten die Kläger Einspruch ein. Zur Begründung erklärten sie, dass bei der Berechnung der nichtabziehbaren Schuldzinsen im Jahr 2006 die Verluste aus den Vorjahren zu Unrecht in die Ermittlung der Überentnahmen einbezogen worden seien. Der Kläger habe vor den Streitjahren dem Betrieb mehr Einlagen zugeführt als Entnahmen aus dem Betrieb vorgenommen. Das Ziel der Regelung des § 4 Abs. 4a EStG sei, dass der Betriebsinhaber bei negativem Eigenkapital dem Betrieb nicht mehr Mittel entziehen dürfe, als erwirtschaftet und eingelegt worden seien. Nach der Berechnung des FA würden ab dem Jahr 2006 Schuldzinsen hinzugerechnet, die aus Verlusten der Vorjahre entstanden seien. Der Kläger habe im Jahr 2006 eine Nettoeinlage in Höhe von 616.940 EUR geleistet und einen Gewinn in Höhe von 83.934 EUR erwirtschaftet. Deshalb würden sich im Jahr 2006 Überentnahmen in Höhe von 50.487 EUR und Unternehmen in Höhe von 15.091 EUR für 2007 sowie in Höhe von 81.114 EUR für 2008 ergeben. Damit sei nur im Jahr 2006 eine Hinzurechnung in Höhe von 3.029,22 EUR gerechtfertigt.

Mit Einspruchsentscheidungen vom 3.4.2014 erhöhte das FA die Einkommensteuer 2007 auf 38.984 EUR und die Einkommensteuer 2008 auf 26.792 EUR. Zur Begründung erklärte das FA, dass bei der Berechnung der nichtabziehbaren Zinsen im Jahr 2006 die Verluste in Höhe von 712.022 EUR aus den Veranlagungszeiträumen vor 2006 vorrangig mit den Unterentnahmen des Jahres 2006 zu verrechnen seien. Deshalb würden sich ab 2006 folgende Überentnahmen ergeben:

2006

2007

2008

Unterentnahme

700.874

65.578

66.023

Verlust aus Vorjahren (gesamt 712.022)

-700.874

-11.148

0

Verbleibende Unterentnahme/Überentnahme

0

54.430

66.023

Überentnahmen aus Vorjahren (gesamt 751.361)

-751.361

-751.361

-696.931

Verbleibende Überentnahmen aus Vorjahren

-751.361

-696.931

-630.908

Auf dieser Grundlage ermittelte das FA nichtabzugsfähige Schuldzinsen in Höhe von 41.816 (2007) und 37.854 EUR (2008).

Dagegen wenden sich die Kläger mit der vorliegenden Klage. Zur Begründung tragen sie vor.

Die Überentnahmen in Höhe von 751.361 EUR (Stand 1.1.2006) seien durch die Einlage in Höhe von 698.000 EUR im Jahr 2006 ausgeglichen worden. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten seien im Jahr 2006 u.a. durch die Einlage um 1.088.722,59 EUR vermindert worden. Dadurch seien auch die Zinszahlungen im Jahr 2006 um 66.676 EUR vermindert worden. Die Hinzurechnung der vom FA ermittelten nichtabzugsfähigen Schuldzinsen in Höhe von 45.082 EUR im Jahr 2006 würde die durch die Einlage verminderte Zinsbelastung aufheben. Dies führe zu einer Übermaßbesteuerung des Klägers. Überentnahmen dürften nicht höher als der Überschuss der Entnahmen über die Einlagen sein. Und Verluste dürften für sich genommen nicht zu Überentnahmen führen. Entscheidend sei aber, dass nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 4a EStG die Reihenfolge der Verrechnung vorgegeben sei. Für den Streitfall ergebe sich deshalb f...

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