Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug einer GmbH aus den Herstellungskosten eines vom Gesellschafter-Geschäftsführer teilweise für private Wohnzwecke genutzten Wohn- un Geschäftshauses

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine GmbH hat bereits während der Bauphase eines (anschließend vom Gesellschafter-Geschäftsführer teilweise für private Wohnzwecke genutzten) Wohn- und Geschäftshauses dieses im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldungen voll ihrem Unternehmen zugeordnet, wenn sie auf eine Anfrage des FA hin betreffend hohe Umsatzsteuererstattungsbeträge in den Voranmeldungen dem FA eine Unternehmenszuordnung des zu errichtenden Gebäudes in vollem Umfang mitgeteilt hat.

2. Der Vorsteuerabzug auf die anteiligen Bauaufwendungen für die beabsichtigte Wohnnutzung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die GmbH von Anfang an beabsichtigt hat, den Wohnanteil des Hauses dem Geschäftsführer gegen Entgelt (anteilige Arbeitsleistung) zu überlassen. Die Vereinbarung einer Nutzungsüberlassung von Wohnraum im Rahmen eines Anstellungsvertrages gilt umsatzsteuerrechtlich regelmäßig materiell als nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a steuerfreie Vermietung und schließt den Vorsteuerabzug aus den entsprechenden Bauerrichtungskosten nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG aus (Anschluss an BFH v. 12.1.2011, XI R 9/08); dafür ist es nicht erforderlich, dass die Nutzung von vornherein auf eine bestimmte Dauer festgelegt ist.

3. Eine bei Fertigstellung des Hauses vereinbarte Vertragsergänzung zum Anstellungsvertrag des Geschäftsführers, wonach dieser die Räume „bis auf weiteres zu privaten Wohnzwecken unentgeltlich nutzen” darf, ist ein gewichtiges Indiz für eine von Anfang an bestehende Absicht der GmbH zu einer entsprechenden Nutzungsüberlassung. Die Formulierung „unentgeltlich” bedeutet, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer neben seiner Arbeitsleistung kein weiteres Entgelt entrichten muss; daher kann ein Teil der vom Geschäftsführer geleisteten Arbeit als Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung der privaten Wohnräume im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes angesehen werden (Anschluss an EuGH v. 18.7.2013, Rs. C-210/11 und C-211/11, Medicom und MPA), die erforderliche Vereinbarung eines Mietzinses kann sich auch aus einem tauschähnlichen Verhältnis ergeben.

4. Dass der Geschäftsführer zuvor identische Dienstleistungen ohne entsprechende Nutzungsmöglichkeit von Wohnraum erbracht hat, begründet keine (beabsichtigte) Wohnungsüberlassung an den Geschäftsführer in seiner Eigenschaft als Gesellschafter mit der Folge einer unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a S. 1 Nr. 1 UStG, die nicht nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a i. V. m. § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs führen würde.

5. Kann der Geschäftsführer eine Wohnung in einer für seine vierköpfige Familie ausreichenden Größe in einer attraktiven Wohngegend dauerhaft nutzen, führt der Einwand, der Geschäftsführer müsse wegen einer Verpflichtung der GmbH gegenüber ihren Kunden zu einem 24-Stunden-Bereitschaftsdienst aus betrieblichen Gründen in unmittelbarer räumlicher Nähe der Geschäftsräume wohnen und wegen der Art des Geschäfts (EDV-Dienstleistungen) sofortigen Zugriff auf in den Geschäftsräumen verfügbare Daten haben, nicht zur Annahme einer Wohnungsüberlassung im überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse der GmbH, wenn u. a. der Bereitschaftsdienst auch von anderen Mitarbeitern der GmbH geleistet wird; der persönliche Vorteil aus der Wohnnutzung ist insoweit gegenüber den Bedürfnissen des Unternehmens nicht nur von untergeordneter Bedeutung.

 

Normenkette

UStG 2003 § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1, § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 12, § 10 Abs. 2 S. 2; EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 2 Buchst. a, Art. 13 Teil B Buchst. b; BGB §§ 576b, 573-574

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.02.2016; Aktenzeichen V R 23/15)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Streitsache befindet sich im 2. Rechtsgang.

Streitig ist, ob die Klägerin die in den Herstellungskosten eines Gebäudes enthaltenen Vorsteuern auch insoweit abziehen kann, als das Gebäude von ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer zum Wohnen genutzt wird.

Die Klägerin, eine GmbH, wurde am 27. Dezember 2000 gegründet. Sie erbrachte mit 12 Mitarbeitern Dienstleistungen im EDV-Bereich. Gesellschafter der Klägerin waren Herr A zu 88% und dessen Ehefrau B zu 12 %. Herr A war außerdem seit 1. Januar 2001 Geschäftsführer der Klägerin.

Die Klägerin errichtete ab 26. Mai 2003 ein Einfamilienhaus mit Doppelgarage Das Gebäude wird seit 1. Mai 2004 vom Geschäftsführer, seiner Ehefrau und den beiden Kindern zum Wohnen genutzt. Nach einer Vertragsergänzung zum Anstellungsvertrag des Geschäftsführers vom 1. Mai 2004 (Bl. 51 FG-Akten 3 K 1502/11) hat dieser „die Möglichkeit, die momentan nicht durch die C GmbH genutzten Räumlichkeiten bis auf weiteres unentgeltlich zu privaten Wohnzwecken zu nutzen.” Ab Juni 2004 war das Einfamilienhaus auch Sitz der Klägerin.

In ihrer am 17. März 2005 beim...

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