Entscheidungsstichwort (Thema)

Kraftfahrzeugsteuer

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Pickup-Fahrzeug mit Doppelkabine als Lkw kraftfahrzeugsteuerrechtlich einzustufen ist (§ 8 Nr. 2 Kraftfahrzeugsteuergesetz –KraftStG–) und ob das Finanzamt zu einer Änderung der Steuerfestsetzung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) berechtigt war.

I.

Die Klägerin ist Halterin des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen …, Hersteller Mitsubishi, Typ L 200, Pickup mit Doppelkabine, Antriebsart Diesel, Hubraum 2.477 ccm, zulässiges Gesamtgewicht 2.525 kg, Zuladung 840 kg, Sitzplätze 5 und dementsprechende Sicherheitsgurte, Höchstgeschwindigkeit 135 km/h. Die Ladefläche ist 1,53 m lang und 1,41 m breit und kann durch variable Aufbauten jederzeit verändert werden (Hardtop, Plane, Wohnkabine).

Das Fahrzeug wurde am … 1.1994 als Lkw offener Kasten bei der Zulassungsstelle zugelassen. Mit Kraftfahrzeugsteuer-Bescheid vom … 1994 setzte der Beklagte (das Finanzamt) die Kraftfahrzeugsteuer nach dem zulässigen Gesamtgewicht mit jährlich 290 DM fest,

Nach Vorlage der Fahrzeugdaten durch die Zulassungsstelle beurteilte das Finanzamt das Fahrzeug als Pkw mit offener Ladefläche und setzte mit Änderungsbescheid vom … 1994 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO die Kraftfahrzeugsteuer nach dem Hubraum auf jährlich 1.137 DM fest. Der dagegen erhobene Einspruch blieb erfolglos.

Mit der Klage trägt die Klägerin vor, daß die Einstufung des Fahrzeugs durch die Zulassungsstelle bzw. das Kraftfahrt-Bundesamt auch für das Finanzamt bindend sei. Doppelkabinen besäßen z. B. auch Lkw's für Möbelumzüge.

Die Klägerin beantragt,

den Änderungsbescheid vom … April 1994 und die Einspruchsentscheidung vom … August 1994 aufzuheben.

Das Finanzamt beantragt

Klageabweisung.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet.

Das Finanzamt hat zu Recht das Fahrzeug nicht als Lkw angesehen.

1. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (–BFH–, Urteil vom 28. Juli 1992 VII R 118/91, Bundessteuerblatt –BStBl– II 1993, 250) sind für die Begriffsbestimmung eines Pkw im geltenden Kraftfahrzeugsteuerrecht die verkehrsrechtlichen Bestimmungen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG maßgebend, weil im Gegensatz zum früheren § 10 Abs. 2 KraftStG 1972 eine eigenständige Bestimmung dieses Begriffs ebenso wie die des Begriffs Lkw fehlt. Aus § 15 d Abs. 1 Nr. 1 Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) läßt sich entnehmen (im Umkehrschluß, da dort nur der Kraftomnibus definiert ist, siehe Strodthoff, KraftStG, § 8 Rz. 1), daß Pkw nach Bauart und Einrichtung vorwiegend zur Beförderung von Personen bestimmte Kraftfahrzeuge mit nicht mehr als acht Fahrgastplätzen sind (siehe auch § 4 Abs. 4 Nr. 1 Personenbeförderungsgesetz). Ein Lkw liegt hingegen vor, wenn es sich um ein Kraftfahrzeug handelt, das nach Bauart und Einrichtung vorwiegend zur Beförderung von Gütern bestimmt ist. Dies folgt aus § 4 Abs. 4 Nr. 3 Personenbeförderungsgesetz (siehe Egly/Mößlang, KraftStG, 3. Aufl., S. 86). Seine Besteuerung erfolgt gemäß § 8 Nr. 2 KraftStG als „anderes Fahrzeug” nach dem verkehrsrechtlich zulässigen Gesamtgewicht.

2. Der Senat ist an die Einstufung des Fahrzeugs durch die Eintragung des Vermerks „Lkw” in den Fahrzeugpapieren durch die ZulSt steuerlich nicht gebunden (siehe BStBl II 1993, Seite 251). Die verkehrsrechtliche Einordnung durch die ZulSt als Lkw bindet das Finanzamt nicht (siehe BFH-Urteile vom 26. November 1991 VII R 88/90, BFH/NV 1992, 419 und vom 30. September 1981 II R 56/78, BStBl II 1982, 82). Dies folgt im Wege des Umkehrschlusses aus § 2 Abs. 2 Satz 2 und 3 KraftStG und der Befugnis des Finanzamt, sich nach § 6 KraftStDV zur Aufklärung von Zweifeln das Kraftfahrzeug vorführen und den Fahrzeugbrief, Kfz-Schein oder Anhängerschein sowie den Steuerbescheid vorlegen zu lassen (BFH, BStBl II 1982, 82).

3. Entscheidend für die Abgrenzung von Pkw und Lkw ist in der Regel die objektive Beschaffenheit (Bauart und Einrichtung) und nicht die subjektive Verwendung des Fahrzeugs (siehe Egly/Mößlang, KraftStG, 3. Aufl., Seite 287). Auf die tatsächliche Verwendung des Fahrzeugs kommt es nicht an, da es gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG nur auf das Halten des Kraftfahrzeugs ankommt. Auf die tatsächliche Verwendung stellen nur die Steuerbefreiungsvorschriften nach § 3 Nr. 2 bis 5 und Nr. 7 bis 9 KraftStG ab, die hier nicht eingreifen. Wird ein Pkw zur Warenbeförderung benutzt, so wird er erst dann zu einem Lkw, wenn er entsprechend umgebaut wird.

4. Für die Beurteilung der Bauart (= „Gesamtbild”, so BFH-Urteil vom 26. November 1991 VII R 88/90, BFH/NV 92, 414) kommt es entscheidend zum einen auf die Konzeption des Herstellers (s. BFH/NV 92, 414, 415 sowie BFH-Urteil vom 16. Juli 1993 III R 59/92, BStBl II 1994, S. 304), zum anderen auf das äußere Erscheinungsbild an (s. BFH-Urteil vom 30. November 1993 VII R 49/93, BFH/NV 94, 741 und vom 01. Juli 1977 III R 98/75, BStBl II 1977, 864). Der Senat sieht keinen Anlaß, in ...

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