rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflösung erhaltener Anzahlungen führt nicht zu begünstigtem Aufgabegewinn

 

Leitsatz (redaktionell)

Werden erhaltene Anzahlungen anlässlich der Insolvenz des einzigen Auftraggebers realisiert, so führt dies regelmäßig zu einem laufenden Gewinn und nicht zu einem Aufgabegewinn, auch wenn in der Folge die Gesellschaft mangels weiterer Auftraggeber beendet wird.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 3, § 16 Abs. 1-2, 4

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Gewinnrealisierung von erhaltenen Anzahlungen auf vormals noch nicht vollständig erbrachte Werkleistungen den laufenden Gewinn erhöht oder als Aufgabegewinn einer ermäßigten Besteuerung unterliegt.

Die Klägerin ist – vertreten durch ihre Gesellschafter – die Gesellschaft bürgerlichen Rechts „Arbeitsgemeinschaft X” (Arge), deren Gewinn durch den Beklagten – das Finanzamt (FA) – für das Streitjahr 2003 einheitlich und gesondert festgestellt wird. Beide Gesellschafter waren hälftig an der Arge beteiligt.

Die Arge erbrachte im Rahmen langfristiger, sich über mehrere Jahre erstreckender Werkverträge Bauingenieurleistungen ausschließlich an einen Auftraggeber, die „Y GmbH” (GmbH). Da die Werklöhne nach Angabe der Klägerin erst mit Fertigstellung der Projekte oder deren Abnahme fällig wurden, vereinnahmte die Arge von der GmbH Anzahlungen, die bei der Arge noch nicht zu einer Gewinnrealisierung führten. Vielmehr wurde der durch die Geldzahlung erhöhte Aktivposten durch Passivierung desselben Betrages unter der Position „erhaltene Anzahlungen” ausgeglichen. Erst bei Endabnahme der Leistungen hätte bei gewöhnlichem Geschäftsablauf die Auflösung des Postens im Ergebnis zu einer Gewinnrealiserung des gesamten Werklohns geführt.

Der Geschäftsablauf wurde unterbrochen durch die Insolvenz der GmbH im Jahr 2003. Zu diesem Zeitpunkt waren die „erhaltenen Anzahlungen” auf einen Betrag in Höhe von 225.313 EUR angewachsen. Da die GmbH nach Angabe der Klägerin die Leistungen nicht mehr abrufen habe können, sei die Leistungspflicht der Arge entfallen. Daher seien die „erhaltenen Anzahlungen” gewinnrealisierend aufgelöst worden. Dabei habe nach Angabe der Klägerin nicht verbindlich festgestellt werden können, inwieweit „bereits geleistete Arbeit honoriert wurde” bzw. „inwieweit diese bereits einen Gewinnanteil enthielten” oder „Zahlungen enthalten waren, für die noch keinerlei Leistung erbracht war”. Die Arge behandelte den Betrag als nach §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) begünstigten Aufgabegewinn im Rahmen der Aufgabe und Beendigung der Arge zum Ende des Jahres 2003. Die Insolvenz des einzigen Auftraggebers habe „zwangsweise” zur Beendigung der Arge geführt.

Das FA wich von der eingereichten Feststellungserklärung insoweit ab, als es den Aufgabegewinn um den Betrag von 225.313 EUR minderte und gleichzeitig den laufenden Gewinn um diesen Betrag erhöhte (Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung für 2003 vom 3. August 2005, bekannt gegeben an den ehemaligen Empfangsbevollmächtigten der Arge, den Klägervertreter). Der Einspruch hiergegen namens der Arge blieb in der Einspruchsentscheidung (EE) vom 20. Oktober 2006 ohne Erfolg.

Die Klägerin trägt vor, aufgrund der durch die Insolvenz erzwungenen Betriebsaufgabe liege eine zusammengeballte Auflösung stiller Reserven vor, die zu einem nach §§ 16, 34 EStG begünstigten Aufgabegewinn führten.

Die Klägerin beantragt,

in Änderung des Bescheids vom 03. August 2005 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sowie der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2006 bei der Einkunftsart „selbständige Arbeit” laufende Einkünfte in Höhe von -5.163,92 EUR und einen tarifbegünstigten Aufgabegewinn in Höhe von 225.313,20 EUR festzustellen und zu je 50 v.H. auf die beiden Beteiligten zu verteilen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es verweist im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist nicht begründet.

Das FA hat zu Recht die Gewinnrealisierung der erhaltenen Anzahlungen beim laufenden Gewinn des Geschäftsjahres vorgenommen.

Die Regelungen des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 2-4 EStG sind nach § 18 Abs. 3 EStG entsprechend auf die Aufgabe der selbständigen Arbeit anzuwenden. Der nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehörende Gewinn aus der Veräußerung des Gewerbebetriebs, der gemäß § 34 EStG als außerordentlicher Gewinn steuerbegünstigt ist, ist von dem übrigen Gewinn aus dem laufenden Gewerbebetrieb zu trennen. Auch bei einem zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe können Gewinne aufgrund ihres wirtschaftlichen Zusammenhangs mit der laufenden Geschäftstätigkeit als laufender Gewinn zu qualifizieren sein (vgl. Schmidt, Kommentar zum EStG, 27. Auflage 2008, § 16 Rz. 341 m.w.N.). Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sind Gewinne aus Geschäftsvorfällen, die ...

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