Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbliche Optionsgeschäfte einer angestellten Börsenmaklerin

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der An- und Verkauf von Wertpapieren – selbst in erheblichem Umfang – überschreitet regelmäßig nicht die Grenze privater Vermögensverwaltung.

2. Optionsgeschäfte einer angestellten Börsenmaklerin, bei denen diese in den ihr im Rahmen ihres Dienstverhältnisses zur Verfügung stehenden Büroräumen wie ein gewerblicher Händler ohne Einsatz von Kapital und unter Anwendung ihrer beruflichen Kenntnisse Kursdifferenzen ausnutzt, stellen eine gewerbliche Tätigkeit dar.

3. Gegen die Gewerblichkeit spricht nicht, dass die Arbeitgeberin der Börsenmaklerin jederzeit hätte kündigen und damit auch die Möglichkeit der Durchführung von Eigengeschäften kurzfristig hätte unterbinden können.

 

Normenkette

EStG 1987 § 15 Abs. 2; EStG 1990 § 15 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.11.2007; Aktenzeichen X R 24/06)

BFH (Urteil vom 28.11.2007; Aktenzeichen X R 24/06)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Wesentlichen, ob gewerbliche Einkünfte vorliegen.

Die Klägerin (Klin) war seit 19. Juli 1985 bei der Börsenmaklerfirma Y-GmbH (im Folgenden: Y-GmbH) bzw. ab 1. April 1989 bei der Nachfolgefirma … GmbH (im Folgenden: X-GmbH), beide in A, als Börsenmaklerin angestellt. Beide Unternehmen befassen bzw. befassten sich mit der Vermittlung von Wertpapiergeschäften. Die Klin wurde im Euro-bond-Handel eingesetzt. Für ihre Tätigkeit erhielt sie ein festes monatliches Gehalt. Für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses war sie an eine Wettbewerbsklausel gebunden (§ 7 des Arbeitsvertrags vom …).

Am 15. März 1988 schloss die X-GmbH mit der Klin und zwei weiteren angestellten, zum Handel an der Bayerischen Börse zugelassenen Börsenmaklern (… und …) einen Vertrag (FG-Akte Bl 34), der sinngemäß zum Inhalt hatte, dass die Arbeitgeberin den Angestellten – im Vertrag als Händler bezeichnet – gestattete, innerhalb der von der Bayerischen Börse festgelegten Statuten „Positionen einzugehen”. Da die entsprechenden Abschlüsse nur namens der X-GmbH erfolgen konnten – ein unmittelbarer Zugang zur Börse war den angestellten Händlern nicht gestattet –, sollten die Positionen lediglich für Rechnung der Händler erfolgen. Diese waren verpflichtet, die X-GmbH im Innenverhältnis von allen gegen sie gerichteten Ansprüchen aus derartigen Geschäften freizustellen. Unabhängig davon verpflichteten sich die Händler, offene Händlerpositionen spätestens dann zu schließen, sobald sich ein Verlust von 10.000 DM errechnen sollte. Für die X-GmbH unterschrieb den Vertrag deren Geschäftsführer …. Für Rechnung der Arbeitgeberin sollten keinerlei Positionen eingegangen werden. Insoweit sollte sich der Handel auf die reine Maklertätigkeit beschränken. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 15. März 1988 Bezug genommen.

Nach Gründung der X-GmbH wurden die bisher bei der Y-GmbH beschäftigen Angestellten übernommen und die mit Vertrag vom 15. März 1988 getroffenen Vereinbarungen mit Vertrag vom 14. Februar 1990 (Akte „Kopien aus persönlicher ESt-Akte”, Bl 3) unter Einbeziehung zweier weiterer Angestellter (…, …) erneuert. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Vertrags wird darauf Bezug genommen.

Aufgrund der in den Verträgen vom 15. März 1988 und 14. Februar 1990 geregelten Erlaubnis führte die Klin in den Streitjahren auf eigene Rechnung Geschäfte mit Zins- und Währungsoptionsscheinen (Klageschrift vom 14. August 2003: Handel „mit sog. Zins- und Währungsscheinen”) durch. Die erzielten Überschüsse flossen – wie bei den Eigengeschäften der anderen angestellten Händler – auf ein Bankkonto der Arbeitgeberin. Diese verbuchte sie auf einem Interimskonto. In gewissen Zeitabständen erfolgte dann die Auszahlung an die beteiligten Personen. Dabei bestand kein fester Verteilungsschlüssel. Die Verteilung erfolgte nach den Angaben der X-GmbH (vgl. Schreiben vom 15. November 1993, Akte „Kopien aus persönlicher ESt-Akte”, Bl 25) einvernehmlich unter den Beteiligten entsprechend dem jeweiligen persönlichen Engagement.

Die Klin erzielte folgende Überschüsse, die sie als steuerfreie Spielgewinne in den Einkommensteuererklärungen angab:

1989:

104.442 DM

1990:

49.124 DM

1991:

62.470 DM

1992:

55.000 DM

1993:

140.772 DM

Nach Abschluss einer die Jahre 1993 bis 1995 betreffenden Außenprüfung bei den Eheleuten … durch das Finanzamt … setzte das Wohnsitzfinanzamt …die von der Klin angegebenen Überschüsse als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit an. Zuvor hatte der Prüfer eine Anfrage über die steuerliche Behandlung an die Oberfinanzdirektion … gerichtet (Schreiben vom 4. März 1997, Akte „Kopien aus persönlicher ESt-Akte”, Bl 4 ff) und darin mitgeteilt, dass sich die X-GmbH hinsichtlich ihrer Börsenmaklertätigkeit des Fachwissens und der Leistungsbereitschaft der Händler bediene. Ihr geschäftlicher Erfolg werde durch den Einsatz von hochqualifiziertem Personal gepr...

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