rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufung auf das EuGH-Urteil Seeling, wenn die Veranlagung noch änderbar ist. Umsatzsteuer 1991, 1992

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat ein Unternehmer in den Jahren 1991 und 1992 ein Geschäftsgebäude mit Wohnung errichten lassen, die Geschäftsräume umsatzsteuerpflichtig vermietet sowie die Wohnung selbst genutzt und dementsprechend in den Umsatzsteuererklärungen 1991 und 1992 gemäß der damaligen Rechtspraxis den Vorsteuerabzug nur für den unternehmerisch genutzten Teil des Gebäudes bzw. die dafür bezogenen Bauleistungen geltend gemacht, konnte er unmittelbar nach offiziellem Bekanntwerden des EuGH-Urteils vom 4.10.1995 Rs. C-291/92 – Armbrecht, EuGHE 1995, I-2775, BStBl 1996 II S. 392, das Gebäude seinem Unternehmen voll zuordnen, wenn die Umsatzsteuerfestsetzungen nach nationalem Recht noch änderbar gewesen waren. Der Vorsteuerabzug ist nicht gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG wegen Steuerfreiheit der privaten Verwendung des Gebäudes ausgeschlossen, in das die bezogenen Bauleistungen eingegangen sind (vgl. EuGH-Urteil vom 8.5.2003 Rs. C-269/00 – Seeling, BFH/NV Beilage 2003 S. 157, sowie BFH-Urteil vom 24.7.2003 V R 39/99, BFH/NV 2003 S. 1513, BStBl 2004 II S. 371).

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1; UstG § 15 Abs. 2 Nr. 1; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, § 4 Nr. 12

 

Tenor

1. Der Beklagte wird verpflichtet, die Umsatzsteuer für 1991 auf einen negativen Betrag von 129.530,28 DM = 66.227,78 EUR festzusetzen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 62 v.H. und der Beklagte zu 38 v.H. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung

abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision in Sachen Umsatzsteuer 1991 wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Klägerin, einer Ehegatten-Bauherrengemeinschaft, der Vorsteuerabzug aus einem von ihr errichteten Gebäude in voller Höhe zusteht.

Die Ehegatten errichteten ein Geschäftsgebäude mit einer Wohnung auf dem Grundstück … in …. Das Gebäude war Anfang 1992 bezugsfertig. Die Wohnung wurde nicht vermietet, sondern von den Ehegatten seit 1992 selbst genutzt; die Geschäftsräume wurden umsatzsteuerpflichtig vermietet.

In ihren Umsatzsteuer-Erklärungen für 1991 (Eingang beim FA am 13.8.1992) und 1992 (Eingang beim FA am 20.4.1994) machte die Klägerin die Vorsteuern auf die Bauleistungen für den steuerpflichtig vermieteten Gebäudeteil (87,74%) geltend, und zwar in Höhe von 87,74% von 138.536,72 DM in 1991 (Bl. 1 USt 1991) und 87,74% von 36.241,42 DM in 1992 (Bl. 4 USt 1992) und berechnete eine verbleibende Umsatzsteuer von –121.552,20 DM für 1991 und –13.903,60 DM für 1992. Der Beklagte (Finanzamt – FA) stimmte den Erklärungen mit Mitteilungen vom 28.9.1992 (für 1991) und 22.5.1994 (für 1992) zu.

Am 13.12.1996 beantragte die Klägerin beim FA eine Berichtigung der Umsatzsteuer für 1991 und 1992 mit dem Ziel eines Abzugs der geltend gemachten Vorsteuerbeträge in voller Höhe wegen steuerpflichtigen Verwendungseigenverbrauchs (vgl. BP-Akte). Das gesamte Haus werde dem Unternehmen voll zugeordnet.

Mit Bescheid vom 24.2.1997 lehnte das FA den Änderungsantrag ab. Den dagegen eingelegten Einspruch (Bl. 12 USt 1992) wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 14.5.1997 als unbegründet zurück (Bl. 24 ff. USt 1992).

Dagegen ist die Klage gerichtet, die bislang geruht hat, um den Ausgang des Revisionsverfahrens V R 39/99 (Seeling) abzuwarten. Dieses ist mit BFH-Urteil vom 24.7.2003 V R 39/99, BFHE 203, 206, BStBl II 2004, 371, entschieden worden.

Zur Klagebegründung trägt die Klägerin vor, auf Grund des EuGH-Urteils vom 4.10.1995 Rs. C-291/92 – Armbrecht, EuGHE 1995, I-2775, BStBl II 1996, 392) ordne sie das gesamte Gebäude dem Unternehmen zu mit der Folge, dass nunmehr sämtliche Vorsteuern aus den Baukosten abzugsfähig seien. Die Selbstnutzung der Wohnung sei kein steuerfreier sondern ein steuerpflichtiger Eigenverbrauch, der mit einer Bemessungsgrundlage von 4.647 DM anzusetzen sei.

Im übrigen wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 3.6.1997 und vom 5.2.2004 sowie die mit Schreiben vom 13.4.2004 vorgelegten Rechnungen für den streitigen Vorsteuerabzug und das Erwiderungsschreiben von Frau … vom 2.7.2004 samt Anlagen verwiesen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das FA zu verpflichten, die Umsatzsteuer für 1991 auf einen negativen Betrag von

138.536,72 DM = 70.832,70 EUR und die Umsatzsteuer für 1992 auf einen negativen Betrag von 17.696,18 DM = 9.047,91 EUR festzusetzen.

Umsatz

EV

USt

Vorsteuer

f. USt

USt 1991

0,00

0,00

0,00

138.536,72

-138.536,72

USt 1992

127.819,00

4.647,00

18.545,24

36.241,42

-17.696,18

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Auf den Schriftsätze des FA vom 8.3. und 17.5.2004 wird ebenfalls verwiesen.

Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klag...

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