Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld: Voraussetzungen der Arbeitslosigkeit im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG in den Jahren 2001 bis 2003

 

Leitsatz (redaktionell)

Voraussetzung für die Gewährung von Kindergeld wegen Arbeitslosigkeit i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG in den Jahren 2001 bis 2003 ist, dass das Kind beim Arbeitsamt als arbeitslos gemeldet ist und die zuständige Agentur für Arbeit deshalb verpflichtet ist, eine Arbeitsvermittlung durchzuführen. Bei längerer Arbeitslosigkeit genügt eine einmalige Meldung nicht. Eine einmalige Meldung als arbeitslos wirkt nur drei Monate fort. Eine zeitlich längere Wirkung setzt voraus, dass das Kind die Arbeitsvermittlung erneut in Anspruch nimmt.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1; SGB III § 38 Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 25.09.2008; Aktenzeichen III R 12/06)

 

Tenor

1. Der Kindergeldaufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … wird für die Monate Dezember 2001 bis einschließlich Februar 2002 aufgehoben.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Das Arbeitsamt trägt die Kosten des Verfahrens zu … und die Klägerin zu ….

4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin wohnt gemeinsam mit der Tochter A in einem Haushalt. Im August 2001 sprach A zusammen mit ihrem Vater beim Arbeitsamt vor. Dabei wurde A darauf hingewiesen, dass sie sich für den Bezug von Kindergeld arbeitslos melden müsse.

Mit Bescheid vom … gewährte die Familienkasse der Klägerin Kindergeld ab August 2001. In dem Bescheid wies die Familienkasse darauf hin, dass die Klägerin verpflichtet ist, jede Änderung der Verhältnisse mitzuteilen. Insbesondere müsse das arbeitslose Kind A den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamts zur Verfügung stehen. Dies sei der Fall, wenn A alle drei Monate das Vermittlungsgesuch beim Arbeitsamt erneuere. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Mit Schreiben vom … forderte die Familienkasse die Klägerin auf, Unterlagen zum Nachweis eines Kindergeldanspruchs für die Jahre 2002 und 2003 vorzulegen. Die Klägerin legte deshalb eine Erklärung zu den Einkünften und Bezügen von A vor. Nach der Erklärung hatte A keinerlei Einkünfte. Ferner legte A Bewerbungsschreiben vom 15. Februar 2002 und vom 25. März 2002 vor. Mit Bescheid vom … hob die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld für den Zeitraum Dezember 2001 bis Juni 2003 auf und forderte Kindergeld in Höhe von × EUR zurück.

Für den Zeitraum ab Juli 2003 wurde das Kindergeld weiter gezahlt, da sich A nach der Computerdatei der Agentur für Arbeit im Juli 2003 erneut als arbeitssuchend gemeldet hatte. Für die Zeit zwischen Dezember 2001 und Juni 2003 konnte in der EDV der Agentur für Arbeit keine Arbeitslosenmeldung festgestellt werden. Nach der Angabe der Familienkasse werden aus datenschutzrechtlichen Gründen Meldungen automatisch vollständig gelöscht, wenn sich ein Arbeitssuchender über einen Zeitraum von sechs Monaten nicht mehr meldet.

In der Einspruchsbegründung macht die Klägerin geltend, A müsse seit Dezember 2001 als arbeitssuchend gemeldet sein. Denn sie habe sich zuvor – zusammen mit ihrem Vater zweimal arbeitslos gemeldet. Der Einspruch blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung vom … berief sich die Familienkasse darauf, dass A verheiratet sei und deshalb die Eltern nicht mehr unterhaltspflichtig seien.

Mit der Klage macht die Klägerin geltend, die Unterhaltspflicht habe auch nach der Heirat der Tochter bestanden. Es liege ein sogenannter Mangelfall vor.

A habe sich auch selbst um eine Arbeitsstelle bemüht. Zum Nachweis legte die Klägerin verschiedene Bewerbungen vor.

A habe auch zumindest einmal pro Quartal beim zuständigen Arbeitsamt vorgesprochen. Dies sei zusammen mit ihrem Vater oder der Mutter geschehen. Die Tochter A und ihre Eltern könnten sich zwar nicht mehr an einzelne Daten und Gesprächspartner erinnern. Diese Anforderung in der Aufklärungsanordnung vom … sei aber überzogen. Den Besuch beim Arbeitsamt im Juli 2003 belegte die Klägerin mit einer Karte, die nach Angaben der Familienkasse jedem erstmalig Vorsprechenden ausgehändigt wird.

Die Klägerin beantragt,

den Kindergeldaufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … aufzuheben.

Die Familienkasse beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung der Familienkasse wird auf die Schriftsätze vom … verwiesen. Die Familienkasse macht im Wesentlichen geltend, es müsse die Unterhaltspflicht des Ehemanns geprüft werden. Jedenfalls aber sei die Tochter A nicht als arbeitslos anzusehen, da sie im streitigen Zeitraum dem Arbeitsamt nicht zur Vermittlung zur Verfügung gestanden habe. A hätte sich regelmäßig, d.h. mindestens alle drei Monate, beim Arbeitsamt melden müssen. Dies sei nicht nachgewiesen.

In der mündlichen Verhandlu...

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