Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausbildungswilligkeit - Schulanmeldung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Dass ein Kind bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen hat, schließt eine erneute Ausbildung nicht aus.

2. Ausbildungswilligkeit ist eine innere Tatsache, die sich an objektiven Umständen manifestieren muss. Hat ein voll berufstätiges Kind die Absicht, eine Berufsausbildung (wieder) aufzunehmen, entsteht nicht gleichzeitig von diesem Zeitpunkt an Ausbildungswilligkeit. Bewerbung und auch eine eventuelle Zusage bei der Berufsaufbauschule können sich stets nur auf den Beginn des Schuljahres beziehen.

3. Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG ist für die grundsätzliche Berücksichtigung im Rahmen des Familienleistungsausgleichs erforderlich, dass die Berufsausbildung "mangels Ausbildungsplatz" nicht begonnen oder fortgesetzt werden kann. Das heißt, dass die Verzögerung der Ausbildung auf dem fehlenden Ausbildungsplatz und nicht auf schulorganisatorischen Gründen beruhen muss.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.07.2003; Aktenzeichen VIII R 77/00)

 

Gründe

I.

Der Sohn (geboren) war bei der KG Baustoffgroßhandel, vom 1. September 1992 bis 31. Juli 1995 zur Ausbildung zum Kaufmann für Groß- und Außenhandel und anschließend bis zum 31. Mai 1998, unterbrochen von der Zivildienstzeit vom 1. Februar 1996 bis 31. März 1997, als Kaufmann angestellt. Von Juni 1998 bis 14. September 1998 war der Sohn des Klägers (Kl) arbeitslos. Ab 15. September 1998 besuchte er die Staatliche Berufsfachschule für Maschinenbau mit Berufsaufbauschule Landshut. Die Anmeldung erfolgte am 13. Januar 1998, die Aufnahme zu Beginn des Schuljahres 1998/99. In 1998 erzielte der Sohn folgende Einkünfte und Bezüge:

1 - 4/98

nichtselbständige Tätigkeit

4 Monate × 2.752,00 DM

10.008,00 DM

5/98

nichtselbständige Tätigkeit

3.127,00 DM

6 - 9/98

Arbeitslosengeld

3.691,38 DM

Summe

17.826,38 DM

./. Werbungskosten-Pauschbetrag

2.000,-- DM

Kostenpauschale

360,-- DM

Gesamtbetrag

15.466,38 DM

Der Beklagte (das Arbeitsamt -AA-) lehnte den Antrag auf Kindergeld für das Jahr 1998 mit Bescheid vom 11. März 1999 ab, da der Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) überschritten sei. Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 16. April 1999).

Mit der Klage wird vorgebracht, daß der Sohn nicht bereits ab 13. Januar 1998 als ausbildungswillig qualifiziert werden könne. Im Januar 1998 habe er eine Bestätigung für den Arbeitgeber beigebracht, daß er im Herbst 1998 zur Schule gehen wolle. Bei diesem Besuch sei ihm diese Bestätigung mitgegeben, aber mitgeteilt worden, daß er sich jetzt noch nicht anmelden könne, weil dies frühestens sechs Monate vor Unterrichtsbeginn möglich sei. Ihm sei mitgeteilt worden, daß er sich Ende März anmelden müsse. Dies habe er gemacht, wobei ihm mitgeteilt worden sei, daß man seine Daten noch von dem erstmaligen Besuch habe und er hiermit als angemeldet gelte. Eine Anmeldung vor März 1998 sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich gewesen, da die Anmeldungstermine von der Schule nicht früher als ein halbes Jahr vor Unterrichtsbeginn angesetzt werden dürften.

Der Ausbildungswille werde erst mit Besuch der ersten Klasse dokumentiert. Ein Anknüpfen an die Nachfrage bei der Berufsaufbauschule sei deshalb zu unbestimmt, um daran einen Berechnungszeitpunkt für die Ausbildung anzuknüpfen.

Der Kl beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, ihm für sein Kind geboren am für die Zeit ab März 1998 Kindergeld zu gewähren.

Das AA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit der Einholung der Bestätigung, daß der Sohn im Herbst zur Schule gehen wolle, habe er seinen Ausbildungswillen dokumentiert, der dann in der Wertung der Schule sogar als Anmeldung gesehen worden sei. Für den Ausbildungswillen komme es nicht darauf an, ob eine Anmeldung gesetzlich bereits möglich gewesen sei, sondern auf die reine Tatsache, daß der Wille zu einer Ausbildung vorgelegen habe.

Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.

II.

Die Klage ist teilweise begründet.

Dem Kl steht das beantragte Kindergeld für seinen Sohn für die Monate September bis Dezember 1998 zu. Nur diese Monate kommen als Anspruchszeitraum nach § 32 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) in Betracht.

Mit Beginn der Berufsaufbauschule Landshut im September befindet sich der Sohn des Kl (wieder) in Berufsausbildung. Daß der Sohn des Kl bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen hat, schließt eine erneute Ausbildung nicht aus (so auch Dienstanweisung zur Durchführung des steuerlichen Familienleistungsausgleichs -DA- vom 9. April 1998, BStBl. I 1998, 386, DA 63.3.2.2).

Nicht gefolgt werden kann der Ansicht der Beteiligten, daß die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung bereits in davor liegenden Kalendermonaten bestanden hätten. Der Tatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG, wonach für ein Kind, wenn es noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat und eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann, Anspruc...

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