rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Klage ohne Vorverfahren. keine Sprungklage bei Nichtwahrung der Anfechtungsfrist. Klage gegen Säumniszuschläge unzulässig. Voraussetzungen einer Feststellungsklage

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Klage ohne Durchführung eines Einspruchsverfahrens ist nicht als Sprungklage zu behandeln, wenn die Klage nicht innerhalb der Einspruchsfrist erhoben wurde.

2. Eine gegen Säumniszuschläge erhobene Klage ist unzulässig, wenn kein Abrechnungsbescheid vorliegt.

3. Eine Klage auf Feststellung, dass die Klägerin über die Hauptforderungen hinaus keine Nebenforderungen schuldet, ist unzulässig.

 

Normenkette

FGO § 41 Abs. 1, §§ 44-45, 47; AO § 218 Abs. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin ist eine GmbH, die mit Gesellschaftsvertrag vom 17.10.2000 gegründet und am 4.1.2001 ins Handelsregister eingetragen wurde. Nach einer bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung erließ das beklagte Finanzamt (das Finanzamt) geänderte Bescheide u.a. über Körperschaftsteuer 2001 und 2002 und Gewerbesteuermessbetrag 2001 und 2002. Für die Jahre 2003-2006 führte das Finanzamt aufgrund des geänderten Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer Folgeänderungen durch. Die Klägerin legte gegen die Steuerbescheide 2001-2006 Einspruch ein und wandte sich gegen die Feststellungen der Betriebsprüfung. Streitig war dabei insbesondere die Zurechnung der Umsätze des Jahres 2001 an die Klägerin, die nach ihrer Auffassung zu Unrecht von ihrem ehemaligen Gesellschafter bei ihr verbucht worden sind. Das Finanzamt wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 13.8.2013 als zum Teil unzulässig, zum Teil unbegründet zurück.

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin ausdrücklich nicht gegen die Zurückweisung der Einsprüche in der Einspruchsentscheidung vom 13.8.2013, sondern gegen die Festsetzung von Nebenforderungen, insbesondere Zinsen und Säumniszuschlägen zur Körperschaftsteuer und zur Gewerbesteuer für die Veranlagungszeiträume 2001-2006. Die Steuerfestsetzungen selbst greife sie nicht mit der Klage an, da ihr Alleingesellschafter gegen den Verkäufer der Gesellschaftsanteile beim OLG München für einen nicht unerheblichen Teil der nachgeforderten Steuerforderungen einen Regressanspruch zugesprochen erhalten habe. Die Streichung sämtlicher Nebenforderungen sei jedoch veranlasst, weil sie diese nicht zu vertreten habe. Vielmehr seien diese durch die zeitverzögerte Sachbehandlung des Finanzamts und die über mehrere Jahre völlig unnötig erfolgten Verfahrensverzögerung entstanden, was in unverhältnismäßiger Art und Weise zu ihren Lasten gegangen sei. Die Bezifferung der mit der Klage angegriffenen Nebenforderungen sei noch nicht möglich. Die Stadt X fordere derzeit Zinsen auf Gewerbesteuern für 2001 und 2002 in Höhe von ca. 17.469 EUR, die Gesamthöhe der Nebenforderung könne bisher nur geschätzt werden in Höhe eines Betrags von ca. 25.000 EUR.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Aufhebung der festgesetzten Nebenforderungen zur Körperschaftsteuer für die Veranlagungszeiträume 2001-2006, hilfsweise festzustellen, dass die Klägerin über die Hauptforderungen hinaus keine Nebenforderungen, insbesondere keine Zinsen und Säumniszuschläge, schuldet.

Das Finanzamt beantragt die Klage abzuweisen.

Auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 8. Juni 2015 wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Zinsen zu den Körperschaftsteuerbescheiden richtet, da gegen die Zinsfestsetzungen kein Einspruch eingelegt wurde und damit das nach § 44 FGO erforderliche Vorverfahren fehlt. Sie ist auch nicht als Sprungklage nach § 45 FGO zu behandeln, da die Anfechtungsfrist nach § 47 FGO nicht gewahrt worden ist. Die Zinsen zur Körperschaftsteuer sind in den Änderungsbescheiden vom 7. April 2008 festgesetzt worden und wurden bestandskräftig. Die am 13. September 2013 eingereichte Klage konnte die Sprungklagefrist nicht mehr wahren (FG Hamburg, Urteil vom 2. November 1994 V 259/93, EFG 1995, 464).

2. Die Klage ist auch unzulässig, soweit sie sich gegen die Säumniszuschläge zu den Körperschaftsteuerfestsetzungen richtet. Säumniszuschläge werden mit ihrer Entstehung fällig, ohne dass es hierfür einer Festsetzung bedarf, § 218 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz AO. Bei Streitigkeiten über die Entstehung der Säumniszuschläge muss durch Abrechnungsbescheid entschieden werden, ob Säumniszuschläge überhaupt und ggf. in welcher Höhe entstanden sind (Lindwurm in Leopold/Madle/Rader, AO, § 218 Rz. 7). Da im Streitfalle ein Abrechnungsbescheid nicht vorliegt, ist die Klage unzulässig.

3. Die Klage ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt zulässig, dass der Wille der Klägerin dahingehend auszulegen ist, das Finanzamt möge die Nebenforderungen ganz oder teilweise aus Billigkeitsgründen erlassen. Für eine entsprechende Billigkeitsmaßnahme ist zunächst eine Entscheidung der Behörde erforderlich. Da diese nicht vorliegt, ist die Klage auch insoweit...

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