Entscheidungsstichwort (Thema)

Werbungskostenabzug für sechstägigen Apothekerkongress in Meran. Auf die Gesamtdauer des Kongresses und nicht auf den einzelnen Tag bezogene Gesamtwürdigung der beruflichen bzw. privaten Veranlassung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Teilnahme eines für die Überwachung von Kräuter verarbeitenden Betrieben zuständigen Beamten am sechstägigen Fortbildungskongress für praktische und wissenschaftliche Pharmazie der Bundesapothekerkammer in Meran ist insgesamt nahezu ausschließlich beruflich veranlasst, wenn dem Beamten im Umfang von drei Fünfteln der wegfallenden Arbeitszeit Dienstbefreiung gewährt worden ist und er an fünf von sechs Kurstagen an jeweils einer Vormittags- und einer Nachmittagsveranstaltung und am sechsten Kurstag an einer von qualifiziertem Personal geführten, zur Bestimmung von Pflanzen durchgeführten ganztägigen Wanderung „botanisch-wissenschaftliche Exkursion”) tatsächlich teilgenommen hat.

2. Dass an den Abenden jeweils ein Freizeitprogramm angeboten wurde und die Wanderung in einer auch von Touristen gerne aufgesuchten attraktiven Berggegend stattfand, steht der Annahme einer insgesamt weitaus überwiegenden beruflichen Veranlassung der Fortbildungsveranstaltung nicht entgegen. Der Senat geht davon aus, dass die Gesamtwürdigung der beruflichen bzw. privaten Veranlassung für den Kongress nicht jeweils tagesbezogen, sondern einheitlich für alle Kurstage zu erfolgen hat. Bei einer nur tagesbezogenen Würdigung würde der Exkursionstag wegen der infolge des Freizeitwerts nicht unerheblichen privaten Mitveranlassung der Wanderung nicht zum Werbungskostenabzug berechtigen.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 12 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.07.2008; Aktenzeichen VI R 2/07)

BFH (Urteil vom 22.07.2008; Aktenzeichen VI R 2/07)

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid 2001 vom … und der Einkommensteuerbescheid 2002 vom …, beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom …, werden dahin gehend abgeändert, dass bei der Berechnung der Einkommensteuer 2001 weitere Werbungskosten in Höhe von 1981 DM und bei der Einkommensteuer 2002 weitere Werbungskosten in Höhe von 1087 EUR berücksichtigt werden. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Einkommensteuern 2001 und 2002 neu zu berechnen, das Ergebnis dem Kläger unverzüglich formlos mitzuteilen und nach Rechtskraft der Entscheidung geänderte Einkommensteuerbescheide 2001 und 2002 bekannt zu geben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger bezog in den Streitjahren als Beamter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Wie in den Vorjahren nahm der Kläger auch in den Streitjahren am Fortbildungskongress für praktische und wissenschaftliche Pharmazie der Bundesapothekerkammer in Meran teil. Der Arbeitgeber gewährte Dienstbefreiung im Umfang von drei Fünfteln der wegfallenden Arbeitszeit (vgl. § 16 Abs. 5 Verordnung über den Urlaub der bayerischen Beamten und Richter). Kosten wurden dem Kläger nicht ersetzt. Streitig ist, ob die Aufwendungen als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

Im Jahr 2001 fand der Kongress vom Sonntag, dem 20. Mai, bis Freitag, dem 25. Mai, statt. Der Kläger reiste am Samstag zuvor an und am Samstag danach ab. Zum gesamten Kongressprogramm nebst dem angebotenen kulturellen Begleitprogramm wird auf das vom Kläger vorgelegte Tagungsprogramm verwiesen.

Im Jahr 2002 fand der Kongress vom Sonntag, dem 26. Mai, bis Freitag, dem 31. Mai, statt. Der Kläger reiste wiederum am Samstag zuvor an und am Samstag danach ab. Zum gesamten Kongressprogramm nebst dem angebotenen kulturellen Begleitprogramm wird auf das Tagungsprogramm verwiesen.

Zum Nachweis, dass er an den täglichen Veranstaltungen am Vor- und Nachmittag, für die keine besonderen Kosten anfielen, teilgenommen hat, legte der Kläger die Teilnehmerverzeichnisse 2001 und 2002 und Testatkarten vor. Auf den Testatkarten 2001 und 2002 wurde dem Kläger jeweils durch einen Tagesstempel „Vormittagsveranstaltung” und „Nachmittagsveranstaltung” bestätigt, dass er an allen Tagen an einer Veranstaltung – von Montag- bis Freitagnachmittag ab 13.00 Uhr – teilnahm. Für Donnerstag, den 24. Mai 2001, wurde mit den Stempeln die Teilnahme an einer ganztägigen botanisch-wissenschaftlichen Exkursion bestätigt. Dabei handelte es sich um die Exkursion „Monte Baldo: Von San Michele/Malcesine nach Navene”. Die Wanderung wurde von Herrn Professor X geführt.

Auf der Testatkarte 2002 fehlen die beiden Stempel am Donnerstag, dem 30. Mai 2002. Der Kläger legte aber eine nummerierte Teilnehmerkarte für die Teilnahme an der botanischwissenschaftlichen Exkursion im Gebiet der Seiser Alpe vor. Ferner legte er eine Quittung über Exkursionskosten in Höhe von 60 EUR vor.

Bei der V...

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