Entscheidungsstichwort (Thema)

Pauschaler Vorsteuerabzug des Arbeitgebers bei Erstattung von Verpflegungsmehraufwendungen an Berufskraftfahrer. Differenzierung zwischen „Dienstreise” und Fahrtätigkeit ab 1996. Anforderungen an Reisekostenbelege für Zwecke des pauschalen Vorsteuerabzugs. Vorsteuerabzug bei Reisekosten nach Pauschbeträgen oder Vorsteuerabzug, Pauschalierungsverfahren, Reisekosten. Umsatzsteuer 1996

 

Leitsatz (amtlich)

1. Erstattet der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Verpflegungsmehrauswendungen, kann er dafür nach § 36 UStDV nur dann pauschal Vorsteuer abziehen, wenn nach lohnsteuerrechtlichen Grundsätzen „Dienstreisen” im Inland durchgeführt worden sind.

2. Die durch das Jahressteuergesetz 1996 eingeführte Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG führt nicht dazu, dass ab 1996 auch im Umsatzsteuerrecht beim pauschalen Vorsteuerabzug nicht mehr zwischen Dienstreisen einerseits und Fahrtätigkeit bzw. Einsatzwechseltätigkeit andererseits unterschieden werden dürfte. Insoweit liegt weder eine unzulässige Ungleichbehandlung i. S. von Art. 3 Abs. 1 GG noch ein Verstoß gegen die 6. EG-Richtlinie vor.

3. Die Fahrten eines Berufskraftfahrers führen regelmäßig nur dann zu Dienstreisen, wenn er außerhalb seines Fahrzeugs im Betrieb des Arbeitgebers eine regelmäßige Arbeitsstätte hat. Das ist nicht der Fall, wenn nach den Gesamtumständen des Falls eine nennenswerte Tätigkeit des Fahrers am Betriebssitz ausgeschlossen werden kann.

4. Zu den Anforderungen an „Belege” i. S. des § 36 Abs. 5 UStDV.

 

Normenkette

UStDV 1996 § 36 Abs. 1, § 38; UStG 1996 § 15 Abs. 5 Nr. 4; UStDV § 36 Abs. 5 S. 1 Nr. 1; EStG 1996 § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5; LStR 1996 Abschn. 39 Abs. 6; GG Art. 3 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.04.2003; Aktenzeichen V R 88/01)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist der Vorsteuerabzug nach Pauschbeträgen gemäß § 36 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV).

Die Klägerin betreibt im Rahmen eines Transportunternehmens den Güterfernverkehr und Milchtransporte mit insgesamt 24 Lastkraftwagen. Betriebssitz ist …

Im Rahmen einer Lohnsteuer(LSt)-Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, ab dem Jahre 1996 sei der Vorsteuerabzug für Verpflegungsmehraufwendungen an Fahrer mangels Dienstreisen nicht mehr möglich (Tz. 6 des Berichts über die LSt-Außenprüfung vom 9. März 1998, Bl. 64 ff FG-Akte).

Das beklagte Finanzamt folgte dem Prüfer und setzte unter Kürzung der Vorsteuerbeträge um 26.175 DM die Umsatzsteuer (USt) für das Jahr 1996 mit USt-Änderungsbescheid 1996 vom 3. August 1998 auf 374.761 DM fest.

Der Einspruch hiergegen blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung –EE– vom 5. Oktober 1998, Bl. 40 ff USt-Akte 1996).

Die dagegen gerichtete Klage begründet die Klägerin im Wesentlichen wie folgt:

Sie habe ihren Kraftfahrern entsprechend den vorgelegten Spesenabrechnungen auf der Grundlage des § 3 Nr. 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. Abschn. 37 und 39 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen nach den steuerlich zulässigen Höchstgrenzen steuerfrei erstattet. Ihr stehe daher auch der pauschale Vorsteuerabzug nach § 36 Abs. 1 UStDV zu, soweit es sich nicht um Auslandsfahrten der Kraftfahrer handle. § 36 Abs. 1 UStDV sei schon deshalb anzuwenden, weil die Kraftfahrer sog. „Dienstreisen” unternommen hätten. Neben der reinen Fahrtätigkeit seien von den Kraftfahrern regelmäßig in nicht unerheblichem Umfang ortsgebundene Tätigkeiten in ihrem Betrieb ausgeführt worden, z. B. Fahrzeugwäsche und Fahrzeuginnenreinigung, was eines wöchentlichen Zeitaufwands von zwei bis drei Stunden bedurft habe, und zwar regelmäßig am Freitagnachmittag, Samstag- und Montagvormittag. Daneben hätten die Kraftfahrer regelmäßig kleinere Reparatur- und Wartungsarbeiten durchgeführt sowie Abrechnungs- und Büroarbeiten erledigt. Der Zeitaufwand hierfür habe sich auf ein bis drei Stunden wöchentlich belaufen. Hinzu gekommen seien weitere ortsgebundene Tätigkeiten, z. B. Hof- und Hallenreinigung sowie Umladearbeiten. Die Vorgaben des Erlasses des Bundesministers der Finanzen vom 5. Juni 1996 (BStBl I 1996, 657) für das Vorliegen einer Dienstreise seien somit erfüllt. Die darin vorgeschriebene Einzelfallprüfung der ortsgebundenen Tätigkeit von einem Arbeitstag pro Woche habe der LSt-Prüfer indessen nicht vorgenommen.

Unabhängig hiervon verstoße die Auffassung des Finanzamts gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG) und gegen europäisches Gemeinschaftsrecht.

Das Lohn- und Einkommensteuerrecht bis 1995 (vgl. Abschn. 39 Abs. 2 und 6 LStR) habe zwischen Dienstreisen, Fahrtätigkeiten und Einsatzwechselstellen differenziert. Diese Differenzierung sei aufgrund der Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. Januar 1994 VI R 118/89 (BStBl II 1994, 529), vom 18. Februar 1994 VI R 65/92 (BStBl II 1994, 532) und vom 5. Mai 1994 VI R 6/92 (BStBl II 1994, 534) aufgehoben worden, was durch das Jahressteuergesetz 1996 seinen Niederschlag in § 4 Abs. 5 Nr....

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