Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbschaftsteuer auf vom Erblasser nicht geltend gemachten Pflichtteilsanspruch gegen dessen Ehegatten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Haben Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt, hat der Ehemann nach dem Tod der Ehefrau die Erbschaft ausgeschlagen sowie den zivilrechtlich gleichwohl weiter bestehenden Pflichtteilsanspruch nicht geltend gemacht und macht nach dem Tod des Ehemanns dessen Alleinerbe nunmehr den „mitgeerbten” Pflichtteilsanspruch des Vaters gegen die Alleinerbin der Ehefrau geltend, so ist dieser geltend gemachte Pflichtteil bei der Ermittlung des erbschaftsteuerlichen Wertes des steuerpflichtigen Erwerbs des Erben des Ehemanns zu berücksichtigen.

2. Dem die Erbschaft des Ehegatten ausschlagenden Hinterbliebenen bleibt im Falle des gesetzlichen Güterstandes das Pflichtteilsrecht erhalten (§ 2303 Abs. 2 S. 1, § 1371 Abs. 3 Halbs. 1 BGB). Der sich aus dem Pflichtteilsrecht ergebende erbrechtliche Anspruch (§ 2317 Abs. 1 BGB) besteht in einer gewöhnlichen Geldforderung i. S. d. § 270 BGB. Der gem. § 2317 Abs. 1 BGB mit dem Erbfalle zivilrechtlich entstandene Pflichtteilsanspruch gehört von da an zum Vermögen des Pflichtteilsberechtigten, und zwar unabhängig davon, ob er gegen den bzw. die Erben auch geltend gemacht wird. Der Pflichtteilsanspruch ist vererblich und übertragbar.

3. Der Pflichtteilsanspruch ist nur unter den Voraussetzungen der Vorschrift des § 852 Abs. 1 ZPO, d. h. bei vertraglicher Anerkennung oder Rechtshängigkeit, pfändbar, so dass ein Pfändungsgläubiger dem Pflichtteilsberechtigten die Geltendmachung des Anspruches nicht aufzwingen kann;

 

Normenkette

ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 S. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b; BGB §§ 1922, 1942 Abs. 1, § 1943 Abs. 1, § 1953 Abs. 1-2, § 1967 Abs. 1, § 1931 Abs. 1, § 2303 Abs. 2 S. 1, § 1371 Abs. 3, § 2317 Abs. 1-2, § 270

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.12.2016; Aktenzeichen II R 21/14)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten letztlich nur noch über die Rechtmäßigkeit des Ansatzes eines Pflichtteilsanspruches des Erblassers bei der Ermittlung des erbschaftsteuerrechtlichen Wertes des Erwerbes des Klägers.

Die im gesetzlichen Güterstand lebenden Ehegatten A und B hatten zur Regelung ihrer jeweiligen Rechtsnachfolge im Todesfall eine Reihe verschiedener letztwilliger Verfügungen getroffen. B verstarb am 6. April 2008 und wurde infolge der Erbausschlagung seitens ihres Ehemannes, A, von C allein beerbt. B (im weiteren Erblasser genannt) verstarb am 4. September 2008 und wurde laut Erbschein des Amtsgerichts M vom 22. September 2008 vom Kläger, seinem Sohn, allein beerbt. Der Nachlass des Erblassers umfasste u.a. eine Eigentumswohnung in G, den halben Miteigentumsanteil am Mehrfamilienhaus in M, X-straße 39, zwei weitere Mehrfamilienhäuser in M (Y-straße 40 und X-straße 37) sowie Kapitalvermögen. Nach den letztwilligen Verfügungen des Erblassers hatte der Kläger eine Reihe von – hier nicht streitgegenständlichen – Vermächtnissen zu erfüllen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers war durch letztwillige Verfügung des Erblassers zum Testamentsvollstrecker bestellt.

Am 25. Juni 2009 ließen der Kläger und C einen Tauschvertrag notariell beurkunden, in dem sie eine Reihe von Vereinbarungen festschrieben. Zum ersten kamen die beiden überein, dass dem Erblasser infolge der nach dem Tode seiner Ehefrau erklärten Erbausschlagung gegen C als deren Erbin ein bislang noch nicht geltend gemachter Pflichtteilsanspruch in Höhe von 400.000 EUR zugestanden hatte, der durch dessen Tod auf den Kläger übergegangen war. Zum zweiten waren der Kläger und C darüber einig geworden, dass der Kläger nach dem Tode des Erblassers auch Verfügungen über den Nachlass der B getroffen hatte und deshalb gegenüber C zur Leistung einer Ausgleichszahlung von 114.000 EUR verpflichtet war. Zum dritten übertrug C den ihrerseits erworbenen zweiten halben Miteigentumsanteil am Mehrfamilienhaus in M, X-straße 39 zum Verkehrswert von 866.000 EUR auf den Kläger und verzichtete zudem auf die Auszahlung des o.g. Ausgleichsanspruches. Zum vierten übertrug im Gegenzug der Kläger an C die Eigentumswohnung in G zu einem Verkehrswert von 580.000 EUR und verzichtete seinerseits auf die Auszahlung des ererbten Pflichtteilsanspruches. Der Ausgleichsanspruch der C sowie der Anspruch des Klägers aufgrund des Pflichtteilsrechtes des Erblassers wurden gegeneinander bzw. mit den Vermögenswerten der getauschten Immobilien verrechnet. Im Ergebnis hatten der Kläger und C somit Vermögenswerte in Höhe von jeweils 980.000 EUR getauscht.

Mit Bescheid vom 29. Mai 2009 hatte der Beklagte ausgehend von einem Wert des Erwerbes von 2.686.036 EUR die Erbschaftsteuer des Klägers unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 471.390 EUR festgesetzt. Das durch Erbfall auf den Kläger übergegangene Mehrfamilienhaus in M, X-straße 37, der Miteigentumsanteil am Gebäude in M, X-straße 39 sowie das Mehrfamilienhaus in M,...

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