rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bedeutung der Rechnungsnummer für den Vorsteuerabzug. Gestaltungsmissbrauch im Umsatzsteuerrecht durch Verkauf und Rückkauf von Vieh bei Beteiligung miteinander verwandter Landwirte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Vorsteuerabzug ist unberechtigt, wenn in den Eingangsrechnungen (hier: Gutschriften) Rechnungsnummern in jahresübergreifenden Nummernkreisen mehrfach vergeben wurden oder nicht fortlaufend sind.

2. Ein Gestaltungsmissbrauch im Umsatzsteuerrecht liegt vor, wenn eine aus Vater und Sohn bestehende GbR männliche Kälber zum höheren Steuersatz (§ 24 UStG) ankauft, sie sogleich zum ermäßigten Steuersatz an den Sohn verkauft, und nach Durchführung der sog. Fresseraufzucht zum höheren Steuersatz (§ 24 UStG) wieder vom Sohn zurückkauft, um sie sogleich zum ermäßigten Steuersatz an andere Landwirte weiterzuverkaufen, ohne dass für die Zwischenschaltung der GbR bei beiden Liefervorgängen außersteuerliche Gründe ersichtlich sind.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1, § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 4, § 24; AO § 42

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Ehegatten V und M übergaben am 1. März 2000 ihren landwirtschaftlichen Betrieb an ihren Sohn S, der zuvor für den elterlichen Betrieb als Viehhändler tätig gewesen war. Mit Vertrag vom 1. April 2000 gründeten V und S die Klägerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Zur Geschäftsführung und Vertretung der Klägerin ist nach dem Vertrag (Ziff. 6) jeder Gesellschafter allein berechtigt, hierzu beauftragt ist im Innenverhältnis jedoch allein S. Am Gewinn und Verlust ist V mit 10 %, S mit 90 % beteiligt (Ziff. 7). Die Klägerin führte in den Streitjahren (2005 – 2009) den Handel mit Vieh unverändert wie folgt fort:

Die Klägerin kaufte männliche Kälber von anderen Landwirten (Milchviehbetrieben) zum Steuersatz von 9 % (2005 und 2006) bzw. 10,7 % (ab 2007; § 24 Abs. 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmsatzsteuergesetzUStG –) und veräußerte sie am selben Tag zum ermäßigten Steuersatz von 7 % an S, der die Kälber in seinem landwirtschaftlichen Betrieb von der Muttermilch entwöhnte und fütterte (sog. Fresseraufzucht). Anschließend kaufte die Klägerin die „Fresser” zum Steuersatz von 9 % bzw. 10,7 % wieder von S zurück und veräußerte sie am selben Tag zum ermäßigten Steuersatz von 7 % an weitere Landwirte (Bullenmäster). Dabei verlangte die Klägerin als Bruttoverkaufspreis jeweils nur den von ihr bezahlten Bruttoeinkaufspreis; somit betrug der Aufschlag vom Nettoeinkaufspreis zum Nettoverkaufspreis nur den Differenzbetrag zwischen der Vorsteuer auf die Eingangslieferung zu 9 % bzw. 10,7 % und der Umsatzsteuer auf die Ausgangslieferung zu 7 %.

Die Klägerin erklärte Umsatzsteuer in negativer Höhe von … EUR (2005), … EUR (2006), … EUR (2007) und Vorauszahlungen in negativer Höhe von … EUR (I/2008), … EUR (II/2008), … EUR (III/2008), ….. EUR (IV/2008), … EUR (I/2009), … EUR (II/2009) und … EUR (III/2009).

Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) stimmte den Anmeldungen zu.

Im September 2009 führte das FA eine Betriebsprüfung für 2005 – 2007 durch. Dabei kam es zu der Auffassung, dass die Klägerin ausschließlich zu dem Zweck gegründet worden sei, Umsatzsteuerguthaben zu erzielen, und auch wirtschaftlich nach außen nicht in Erscheinung getreten sei. Es liege ein Gestaltungsmissbrauch nach § 42 Abgabenordnung (AO) vor (Bericht vom 10. Dezember 2010). Daher hob das FA mit nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheiden vom 11. Februar 2011 (Voranmeldungen für I. – IV. Quartal 2008 und I. – III. Quartal 2009) und vom 18. Februar 2011 (Steuerfestsetzungen für 2005 – 2007) die bisherigen Festsetzungen auf.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 22. Februar 2011 Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 13. Juni 2012 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Zur Begründung führt die Klägerin aus, sie sei Unternehmer im Sinne von § 2 UStG, weil sie gegenüber anderen Landwirten (Kälbererzeuger bzw. Bullenmäster) als Leistungsempfänger bzw. Leistende aufgetreten sei. Das Nebeneinander von landwirtschaftlichem Einzelunternehmen, das die Durchschnittssatzbesteuerung anwende, und Viehhandels-GbR, die die Regelbesteuerung anwende, stelle keinen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten dar, denn es stehe jedem Steuerpflichtigen frei, seine steuerlichen Verhältnisse möglichst günstig einzurichten.

Soweit die Gutschriften – wie vom FA im Schriftsatz vom 5. September 2014 zutreffend dargestellt – den gesetzlichen Anforderungen nicht in vollem Umfang entsprochen hätten, seien sie im Klageverfahren berichtigt worden. Die Berichtigung wirke auf den Zeitpunkt der Erstellung der ursprünglichen Gutschriften zurück.

Die Klägerin beantragt daher nunmehr,

unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide für 2005 – 2007 vom 18. Februar 2011 und der Vorauszahlungsbescheide für das I. – IV. Quartal 2008 und das I. – III. Quartal 2009 jeweils vom 11. Februar 2011 in Gestalt der Einspruchsentsc...

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