rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkung einer späteren Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der Rechnungserteilung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach der Rechtsprechung des BFH ist offen, ob einer späteren Rechnungsberichtigung Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Rechnungserteilung zukommt (BFH v. 20.7.2012, DStR 2012, 1702).

2. Der BFH stellt jedoch klar, dass – soweit die Möglichkeit einer Rückwirkung der Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung zu bejahen sei – die Rechnungsberichtigung von einer erstmaligen Rechnungserteilung abzugrenzen sei. Dabei könne jedenfalls dann von der Berichtigung einer bereits zuvor erteilten Rechnung ausgegangen werden, wenn das zunächst erteilte „Dokument”, das später berichtigt werden soll, zumindest die Merkmale des Rechnungsbegriffs des § 14c UStG aufweist und daher Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält (BFH v. 17.2.2011, V R 39/09, BStBl II 2011, 734).

 

Normenkette

AO § 223a; UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 2

 

Tenor

1. Die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide jeweils vom 16. Mai 2012 wird hinsichtlich der Zinsen für 2006 in Höhe von 254.873 EUR, für 2007 in Höhe von 224.608 EUR, für 2008 in Höhe von 162.131 EUR und für 2009 in Höhe von 84.106 EUR für die Dauer des Einspruchsverfahrens ausgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Festsetzung von Zinsen zur Umsatzsteuer 2006 bis 2009.

Die Antragstellerin mit Sitz in F (Österreich) ist im Metallhandel tätig. Unter ihrer deutschen Umsatzsteuernummer ist sie beim Finanzamt (FA) für Umsatzsteuerzwecke registriert.

Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung für die Jahre 2006 bis 2009 gelangte das FA zu der Auffassung, dass die bisherigen Rechnungen der Antragstellerin, die sie an Empfänger mit Sitz in Deutschland für Lieferungen im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes ausgestellt und in Österreich als Lieferungen des ersten Abnehmers erklärt hatte, nicht den gesetzlichen Anforderungen in Deutschland entsprechen würden. In den Rechnungen an die deutschen Abnehmer hatte die Antragstellerin den Hinweis „steuerfreie Lieferung gemäß Art. 28 c Teil E Abs. 3 der 6. EG-MWST-RL” angebracht.

Die Rechnungen wurden von der Antragstellerin noch während der Umsatzsteuerprüfung im Februar 2012 geändert. Dabei wurde folgender Hinweis angebracht:

„Vereinfachungsregelung nach Artikel 141 MwStSystRL 2006/112/EG wird angewendet (es handelt sich um ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft nach § 25b UStG). Die Steuerschuld geht auf Sie als den letzten Abnehmer des Dreiecksgeschäftes über (MwStSystRL 2006/112/EG).”

Das FA setzte trotzdem mit Bescheid jeweils vom 16. Mai 2012 die Umsatzsteuer 2006 auf 1.438.294,51 EUR sowie Zinsen von 254.873 EUR, die Umsatzsteuer 2007 auf 1.632.061,22 EUR sowie Zinsen von 224.608 EUR, die Umsatzsteuer 2008 auf 1.835.047,54 EUR sowie Zinsen von 162.131 EUR und die Umsatzsteuer 2009 auf 1.842.885,76 EUR sowie Zinsen von 84.106 EUR fest. Dabei wurde die Umsatzsteuerzahllast mit einem Guthaben von 4.844.893,91 EUR verrechnet, das aufgrund der bereits am 14. Mai 2012 erfolgten Rechnungskorrekturen der Antragstellerin bei der Festsetzung der Voranmeldung für Februar 2012 entstanden ist. Es verblieb jedoch ein Zahlbetrag für Zinsen zur Umsatzsteuer für die Jahre 2006 bis 2009 in Gesamthöhe von 725.718 EUR.

Über die gegen die Umsatzsteuerbescheide sowie die Zinsfestsetzungen eingelegten Einsprüche hat das FA noch nicht entschieden. Der beim FA gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Bescheide wurde hinsichtlich der Zinsen am 19. Juni 2012 abgelehnt.

Mit ihrem bei Gericht gestellten Antrag bringt die Antragstellerin im Wesentlichen vor, dass die Festsetzung der Zinsen rechtswidrig sei. Bereits die ursprünglichen Rechnungen hätten alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Abrechnung eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes erfüllt. Allen Leistungsempfängern sei klar gewesen, dass die Antragstellerin die Vereinfachungsregelung des innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts angewendet habe und der Abnehmer die Besteuerung der Lieferung in Deutschland übernehmen müsse. Das Gemeinschaftsrecht fordere in Art. 22 Abs. 9 Buchst. b Spiegelstrich 11 der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 226 Nr. 11 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 ABl EG Nr. L 347/1 vom 11. Dezember 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – MwStSystRl –) nur den Verweis auf die „einschlägige Bestimmung” der Richtlinie oder auf die nationale Bestimmung. Insoweit sei § 14a Abs. 7 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung (UStG) nicht richtlinienkonform, da er den Hinweis auf das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft und den Übergang der Steuerschuldnerschaft fordere. Auch im österreichischen Umsatzsteuergesetz müsse lediglich der Hinweis auf die Bestimmung...

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