rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

„Keine beschränkte Steuerpflicht von Talk-Show-Gästen”. Aussetzung der Vollziehung in Sachen Haftung i. S. Abzugsteuer gem. § 50 a Abs. 4 EStG 1993/1994

 

Tenor

1. Die Vollziehung des Haftungsbescheides vom 4.12.1997 wird für das Jahr 1993 in Höhe von 140.177,16 DM und für das Jahr 1994 in Höhe von 473.708,17 DM ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung ausgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

 

Gründe

Die Antragstellerin hatte im Zusammenhang mit der Produktion von Fernseh-Unterhaltungsshows Vergütungen an Talk-Show-Gäste gezahlt, darunter auch beschränkt steuerpflichtige Talk-Show-Gäste. Für die an diese Personen gezahlten Vergütungen hatte sie Einkommensteuer nur einbehalten und abgeführt, soweit Darbietungen erfolgt waren.

Nach Durchführung einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt … wurde die Antragstellerin aufgefordert. Steueranmeldungen für alle gezahlten Honorare abzugeben. Nach Abschluß der Prüfung erließ der Antragsgegner (das Finanzamt … –Finanzamt–) am 4.12.1997 einen Haftungsbescheid über „im Abzugswege gem. § 50 a Abs. 4 EStG zu erhebende Einkommensteuer” auf der Grundlage der Feststellungen des Prüfungsbeamten in Höhe von 1993 169.855,48 DM und 1994 in Höhe von 578.068,10 DM, insgesamt 747.923,58 DM. Das Finanzamt wandte dabei auf die ermittelten Bruttovergütungen in Höhe von 1993 815.111,86 DM und 1994 2.773.839,25 DM einen Nettosteuersatz von 20,84 % an. Zur Begründung verwies es darauf, der Auftritt der Gäste in einer Talk-Show falle unter den Begriff „künstlerisch ähnliche Darbietungen” i. S. von § 50 a Abs. 4 (Nr. 1) i.V.m. § 49 (Abs. 1 Nr. 2 d) EStG.

Über den Einspruch der Antragstellerin ist noch nicht entschieden. Das Finanzamt lehnte jedoch den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Verfügung vom 26.1.1998 ab.

Unter Berücksichtigung von zwei Nachmeldungen am 22.12.1997 und 12.2.1998 beantragte die Antragstellerin daraufhin beim Finanzgericht die Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheides zunächst von Abzugssteuer 1993 in Höhe von 169.439,67 DM, 1994 in Höhe von 573.289 DM. Nachdem das Finanzamt die Vollziehung des Haftungsbescheides in Höhe der Differenz zwischen dem Nettosteuersatz von 20,84 % und dem Bruttosteuersatz in Höhe von 17,25 % ausgesetzt hatte, reduzierte die Antragstellerin ihren Antrag um die ausgesetzten Teilbeträge für 1993 auf 140.177,16 DM sowie 1994 auf 473.708,17 DM.

Das Finanzamt beantragt, den Aussetzungsantrag abzulehnen.

Der Antrag ist zulässig und begründet.

Die Aussetzung der Vollziehung (AdV) soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Finanzgerichtsordnung –FGO–). Ernstliche Zweifel liegen im allgemeinen vor, wenn nach dem bisher bekanntgewordenen Sachverhalt in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (BFH-Beschluß vom 10. Februar 1967 III B 9/67, BStBl III 1967, 182). Die AdV hängt damit von einem Wahrscheinlichkeitsurteil ab. Dem Antrag ist stattzugeben, wenn ein nicht nur geringer Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig ist und das Hauptsacheverfahren ergeben wird, daß der Steueranspruch nicht besteht bzw. daß ein Verlust steuerlich zu berücksichtigen ist. Andernfalls ist er abzulehnen.

Im Streitfall ist dem Antrag stattzugeben.

Nach der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Würdigung ist zweifelhaft, ob die dem Haftungsbescheid zugrunde liegende Rechtsauffassung des Finanzamts zutreffend ist.

Die Einkommensteuer wird bei beschränkt Steuerpflichtigen im Wege des Steuerabzugs erhoben u. a. bei Einkünften, die durch künstlerische, sportliche, artistische oder ähnliche Darbietungen im Inland oder durch deren Verwertung im Inland erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen (§ 50 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 d EStG). Sonstige Abzugsvoraussetzungen des § 50 a Abs. 4 hat das Finanzamt nicht behauptet und brauchen daher nicht geprüft zu werden.

Nach dem Gesetzeswortlaut ist rechtlich und tatsächlich ernstlich zweifelhaft, ob Honorare für Fernsehgespräche in einer Talk-Show unter diesen Tatbestand fallen, selbst wenn es sich bei den Eingeladenen um bekannte Persönlichkeiten handelt. Selbst Sportler erbringen als Gesprächspartner keine sportliche Darbietung. Inwieweit der Gesprächspartner eine künstlerische Darbietung erbringt, muß im Einzelfall geprüft werden und kann jedenfalls nicht allgemein für diesen Personenkre...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge