rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schätzung von Umsätzen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Umsätze sind im Schätzungswege zu erhöhen, wenn die in den Gewinnermittlungen ausgewiesenen Umsätze für die Besteuerung nicht übernommen werden können, da den Aufzeichnungspflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen wurde.

2. Bei der Dokumentation der Bargeschäfte unterliefen dem Kläger im Streitfall nicht nur unerhebliche Fehler und Versäumnisse, da er keine ordnungsgemäßen Kassenabrechnungen vorgelegt hat und Fehlbeträge festgestellt worden sind. Diese Mängel machen die Buchführung formell und materiell ordnungswidrig. Der Antragsteller kann insoweit nicht zu seinen Gunsten einwenden, dass er die Kassenbons seinem Steuerberater vollständig vorgelegt habe. Entscheidend ist vielmehr, dass er seinen Aufzeichnungspflichten gegenüber dem FA nicht nachgekommen ist.

 

Normenkette

AO § 162 Abs. 2 S. 2, § 146 Abs. 1 S. 2, § 147 Abs. 1 Nr. 4; UStG § 3 Abs. 1b Nr. 1, § 10 Abs. 4 Nr. 1

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob das Finanzamt (FA) die Umsatzsteuer für die Jahre 2007 und 2008 im Schätzungswege festsetzen durfte.

Der Antragsteller betrieb einen Backshop, der im Jahr 2008 aufgegeben worden ist.

In seinen abgegebenen Steuererklärungen errechnete der Antragsteller für das Jahr 2007 eine negative Umsatzsteuer von 7.631,14 EUR und für das Jahr 2008 eine Umsatzsteuer von 176,09 EUR.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung (vgl. Bericht vom 25. Oktober 2011) stellte das FA fest, dass der Antragsteller Kassenbons und Kontoauszüge nicht vollständig vorlegen konnte. Die Finanzierung einer Einlage in die Kasse im Mai 2007 habe nicht vollständig aufgeklärt werden können, es habe sich ein erheblicher Kassenfehlbetrag ergeben.

Daraufhin erhöhte das FA die Umsätze für das Jahr 2007 in Höhe des ermittelten Kassenfehlbetrages und im Übrigen entsprechend der geltenden Richtsätze. Dabei ging es von einem durchschnittlichen Rohgewinnaufschlagsatz von 245 % aus. Darüber hinaus wurde die Überführung der Ladeneinrichtung ins Privatvermögen im Jahr 2008 steuerlich berücksichtigt.

Mit Bescheid jeweils vom 10. November 2011 setzte das FA die Umsatzsteuer für 2007 auf einen Negativbetrag von 5.256,14 EUR und für 2008 von 3.919,09 EUR fest.

Der beim FA gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde am 16. Dezember 2011 abgelehnt. Über den Einspruch hat das FA noch nicht entschieden.

Mit seinem bei Gericht gestellten Antrag bringt der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass er den Backshop lediglich nebenberuflich und insgesamt zwei Jahre lang betrieben habe. Nachdem er festgestellt habe, dass die erhofften Gewinne ausblieben, die Ausgaben dagegen immer weiter angestiegen seien, habe er sich zur Aufgabe des Betriebs entschieden.

Die vom FA vorgenommenen Schätzungen von nahezu 245 % seien völlig realitätsfremd und überzogen. Er hätte seinen Betrieb niemals aufgegeben, wenn er die vom FA geschätzten Gewinne tatsächlich erzielt hätte.

Zu Unrecht werde ihm vorgeworfen, dass er seinen gesetzlichen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei. Seinem Steuerberater habe er die Kassenbons vollständig vorgelegt, um Buchungen für die Umsatzsteuervoranmeldungen vorzunehmen.

Die Ausführungen des FA zu einem angeblichen Kassenfehlbetrag von 39.410,80 EUR zum 27. Mai 2007 könnten nicht nachvollzogen werden. Er habe seit 2003 als Angestellter gearbeitet. Da er sich schon seit längerer Zeit selbständig machen wollte, habe er viele Überstunden und Mehrarbeit geleistet. Von der dadurch erzielten Vergütung habe er im Monat durchschnittlich 250 EUR gespart. Das bis zum Jahr 2007 angesparte Guthaben von 8.000 EUR habe er bei sich zu Hause aufbewahrt. Außerdem habe er im Jahr 2007 sein Fahrzeug der Marke Hyundai Sport-Coupe für 1.800 EUR verkauft. Der Betrag von 4.677,42 EUR setzte sich aus einem Darlehen über 5.000 EUR zusammen, welches er von M erhalten habe.

Zu Unrecht gehe das FA davon aus, dass er bereits im Mai 2007 mit dem Warenverkauf begonnen habe, da zu diesem Zeitpunkt noch kein Stromanschluss vorhanden gewesen sei. Erst ab 14. September 2007 habe er seinen Geschäftsbetrieb eröffnet. Es treffe auch nicht zu, dass er das Anlagegut in sein Privatvermögen überführt habe. Vielmehr habe er nach Beendigung seiner Geschäftstätigkeit sämtliche Anlagegüter in seiner alten Wohnung in Unterhaching im Keller gelagert, um sie zu verkaufen. Nachdem er keine Interessenten gefunden und aus seiner Wohnung habe ausziehen müssen, habe er alle Gegenstände, insbesondere Ofen, Theke, Kühlschränke im Wertstoffhof entsorgt. In seiner neuen Wohnung in N wohne er nur zur Untermiete und verfüge über keine Unterstellmöglichkeit.

Im Übrigen seien dem Prüfer nicht alle Kassenbons vorgelegt worden, da diese beim Umzug verloren gegangen seien.

Der Antragsteller beantragt,

die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 2007 und 2008 jeweils vom 10. November 2011 auszusetzen.

Das FA beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Zur Begründung trägt...

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