Entscheidungsstichwort (Thema)

"Mitverpflichtung" als nachträgliche Anschaffungskosten nach § 17 Abs. 2 EStG unter des Geltung MoMiG

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Aufgabe des Eigenkapitalersatzrechts im Zivilrecht durch das MoMiG hat nicht zur Folge, dass die bis dahin in ihrer Dogmatik durch den BGH entwickelten Rechtsgrundsätze des Eigenkapitalersatzrechts für das Steuerrecht keine Gültigkeit mehr haben.

2) Zu den nachträglichen Anschaffungskosten auf eine Beteiligung i.S.v. § 17 EStG rechnen damit weiterhin Finanzierungshilfen oder sonstige Finanzierungsmaßnahmen in Gestalt von Darlehen, Bürgschaften, Schuldversprechen und anderen Sicherungsmitteln, die der Gesellschafter seiner Gesellschaft gewährt oder für diese übernimmt.

3) Erfolgte die Übernahme einer "Mitverpflichtung", aus der der Gesellschafter von dem Kreditinstitut in Anspruch genommen wurde, ohne das ihm ein werthaltiger Rückgriffsanspruch zustand, aufgrund gesellschaftsrechtlicher Veranlassung, so führt die Inanspruchnahme des Gesellschafters bei ihm zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung i.S.v. § 17 Abs. 2 EStG.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 2

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger nachträgliche Anschaffungskosten auf seine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft entstanden und im Rahmen seines Veräußerungsverlustes im Sinne des § 17 EStG zu berücksichtigen sind.

Der Kläger war zunächst zu einem Drittel und ab dem ….05.1987 zur Hälfte an der mit Gesellschaftsvertrag vom ….11.1979 gegründeten A & E GmbH (GmbH) mit Sitz in B beteiligt. Weiterer, zur Hälfte beteiligter Gesellschafter war ab diesem Zeitpunkt Herr D. Gegenstand des Unternehmens war der Einzelhandel mit …. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 120.000,– DM (= 61.355,03 €), an dem der Kläger ab dem Jahre 1987 mit 60.000,– DM (= 30.677,51 €) zur Hälfte beteiligt gewesen ist.

Am 13.02.2001 schloss die GmbH mit der Sparkasse B einen Kontokorrentkreditvertrag ab, der einen Kredit in laufender Rechnung zum Höchstbetrag von 75.000,– DM vorsah. Der Kontokorrentkredit wurde über das Konto mit der Nummer 1 geführt. Im Rahmen dieses Kontokorrentkreditvertrages zeichneten der Kläger sowie der Mitgesellschafter Herr D als „Mitverpflichtete”.

In den Jahren zwischen 2001 und 2008 erzielte die GmbH die nachfolgenden Umsätze und Betriebsergebnisse:

2001

711.000 € Umsatz,

Gewinn 10.000,– €

2002

616.000 € Umsatz,

Verlust 3.000,– €

2003

638.000 € Umsatz,

Verlust 42.000,– €

2004

498.000 € Umsatz,

Verlust 74.000,– €

2005

431.000 € Umsatz,

Verlust 67.000,– €

2006

456.000 € Umsatz,

Gewinn 14.000,– €

2007

491.000 € Umsatz,

Gewinn 19.000,– €

Aus den Bilanzakten der GmbH ergibt sich, dass sich deren Anlagevermögen zum 31.12.2000 aus einer Betriebs- und Geschäftsausstattung mit einem Buchwert in Höhe von 43.106 DM zusammensetzte.

Das Stammkapital der GmbH betrug zum 31.12.2000 ca. 40.000 DM und zum 31.12.2001 ca. 60.000 DM. Ab dem Jahre 2003 wies die GmbH ein negatives Eigenkapital von ca. 14.500 € aus, das sich in den Jahren zwischen 2004 und 2006 über ca. 89.400 € auf ca. 156.900 € bzw. ca. 151.300 € steigerte und im Jahre 2007 ca. 131.500 € betrug. Für die Jahre nach 2007 erstellte die GmbH keine Jahresabschlüsse mehr.

Nach den betriebswirtschaftlichen Auswertungen zum 30.11.2008 erzielte die GmbH im Jahre 2008 bis zu diesem Zeitpunkt einen Umsatz in Höhe von 411.000,– € und einen Gewinn in Höhe von 32.000,– €.

Mit notariellem Vertrag vom ….01.2009 veräußerte der Kläger seine GmbHGeschäftsanteile an den Mitgesellschafter Herrn D zu einem Kaufpreis in Höhe von 1,– €. Gemäß Ziffer III dieses GmbH-Anteils-Veräußerungs- und Abtretungsvertrages sollte der Erwerber verpflichtet sein, den Veräußerer aus der im Zusammenhang mit der Gesellschaft eingegangenen Darlehensverpflichtung in Höhe von noch ca. 26.000,– € gegenüber der Sparkasse B im Innenverhältnis vollständig freizustellen. Im Außenverhältnis gegenüber der Sparkasse B sollte es bei der bisherigen Haftung verbleiben.

U.a. aufgrund eines Eigenantrags vom ….09.2010 wurde am ….10.2010 vom Amtsgericht F – Insolvenzgericht – zum Aktenzeichen 2 gegenüber der GmbH das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet.

Im Insolvenzeröffnungsverfahren führte die als Sachverständige eingesetzte Rechtsanwältin G in ihrem Gutachten vom 21.10.2010 u.a. aus, dass der Betrieb der Schuldnerin bereits vor über 100 Jahren gegründet worden sei. Gegenstand der betrieblichen Tätigkeit sei stets das … gewesen. Letzteres sei anlässlich der Geschäftsanteilsübertragung Anfang des Jahres 2009 ausgegliedert worden.

Der ursprüngliche Gesellschafter K – der Kläger – sei aus der GmbH ausgeschieden und habe die A & E … GmbH gegründet. Für die Schuldnerin sei diese Ausgliederung verhängnisvoll gewesen, da der umsatzstarke Geschäftszweig der … fortan gefehlt habe und aus dem Bereich … kein ausreichender Umsatz habe generiert werden können. Nach Auffassung der Sachverständigen habe die Ausgliederung des Teilbetriebs … zur Insolvenz der Sc...

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