Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermäßiger Steuersatz für Umsätze aus Autorenlesungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei einer Autorenlesung aus dem eigenen Werk erbringt die Steuerpflichtige als ausübende Künstlerin eine den Theatervorführungen vergleichbare Darbietung, die dem ermäßigten Steuersatz gem. § 12 Nr. 7 Buchst. a UStG unterliegt. Die Vortragende transportiert dabei mit Hilfe der Stimme, Sprache, Körperhaltung und Bewegung die Emotionen und Gedanken des Textes zum Zuhörer.

 

Normenkette

UStG § 12 Nr. 7 Buchst. a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.02.2015; Aktenzeichen XI R 35/12)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Umsätze aus Autorenlesungen.

Die Klägerin ist Schriftstellerin und führte im Streitjahr (2008) Lesungen aus ihrem zuvor erschienenen Buch durch.

Die Honorare für die Lesungen behandelte sie in der Umsatzsteuererklärung 2008 – ebenso wie die Erlöse aus den Buchverkäufen – als dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegend.

Aufgrund Prüfungsanordnung vom 01.09.2010 führte der Beklagte im Juli 2010 bei der Klägerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung, beschränkt auf die dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Umsätze, durch. Die Umsatzsteuer-Sonderprüfung kam zu dem Ergebnis, dass für die Honorare der Autorenlesungen kein Ermäßigungstatbestand eingreife und diese daher mit dem Regelsteuersatz zu besteuern seien. Für das Jahr 2008 seien daher die 7 % Umsätze um x,xx Euro zu kürzen, während die 19 % Umsätze um x,xx Euro zu erhöhen seien. Die Umsatzsteuer 2008 erhöhe sich daher um x,xx Euro.

Dem folgend erließ der Beklagte unter dem 21.09.2010 einen nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Umsatzsteuerbescheid 2008. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 19.05.2011).

Die streitigen Umsätze aus den Lesungen seien dem allgemeinen Umsatzsteuersatz zu unterwerfen. Eine Steuerermäßigung käme allenfalls nach den Vorschriften des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a und Buchst c Umsatzsteuergesetz (UStG) in Betracht, die jedoch hier nicht anwendbar seien.

§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG greife nicht, weil es sich bei der Lesung um keine Theaterveranstaltung und kein Konzert und keine diesen vergleichbare Darbietung einer ausübenden Künstlerin handele. Zwar fielen nach der ständigen Rechtssprechung des BFH unter diese Vorschrift nicht nur Theatervorführungen im engeren Sinne, sondern auch Darbietungen der Pantomime, Tanzkunst, Kleinkunst und des Varietés sowie Puppenspiele und Eisrevuen. Lesungen eines Buchautors entsprächen jedoch nicht den Anforderungen eines Theaters, nämlich der szenischen Darstellung eines äußeren oder inneren Geschehens. Bei einer Lesung gehe es vielmehr in erster Linie darum, den Inhalt eines Buches bekannt zu machen und die Neugier zu wecken, das Buch zu kaufen und zu lesen. Dass dabei auch Elemente aus dem Theaterspiel eingesetzt würden, wie zum Beispiel Stimme, Sprache, Körperhaltung und Bewegung möge zutreffend sein. Hieraus ergebe sich jedoch nicht der Charakter einer Theateraufführung. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei der Fall auch nicht mit dem dem Urteil des FG Hamburg vom 28.05.2009 (1 K 53/08) zugrundeliegenden Sachverhalt vergleichbar. Im dortigen Urteilsfall schlüpfe der vortragende Autor in die jeweilige Rolle seiner Buchakteure. Er imitiere abwechselnd die verschiedenen Charaktere seiner Geschichte und nehme deren spezifische Sprachfärbung an. Im Streitfall lese die Klägerin jedoch aus einem Buch, das ihr eigenes Leben widerspiegele. Nach ihrer eigenen im Internet recherchierbaren Erklärung sei das Buch zu 70 % autobiographisch. Dies bedeute aber, dass sie bei den Lesungen nicht in die Rolle einer anderen, im Buch beschriebenen Person schlüpfe und deren Charakter, Eigenarten, Mimik, Körpersprache, Ausdruck usw. den Zuschauern näher bringen müsse. Sie lese und erzähle vielmehr von sich selbst.

Auch § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG greife nicht. Nach dieser Vorschrift seien die Umsätze aus der Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberschutzgesetz ergäben, mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern. Ein Schriftsteller der im Rahmen einer Veranstaltung seine Werkausgaben signiere, Autogramme gebe oder aus seinen Werken lese, erbringe keine Leistung in diesem Sinne. Vielmehr unterlägen diese Leistungen nach Abschnitt 168 Abs. 8 UmsatzsteuerRichtlinien (UStR) dem allgemeinen Steuersatz.

Die Klägerin hat am 21.06.2011 Klage erhoben und diese wie folgt begründet:

Die Umsätze aus den Autorenlesungen unterlägen nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a dem ermäßigtem Steuersatz. Der Beklagte lege den Begriff der Theateraufführung zu eng aus.

Sie, die Klägerin erbringe bei den Lesungen Leistungen, die weit über die reine Wiedergabe des Textes hinausgingen. Es finde eine Art interaktiver Show statt. Sie spiele die Rolle, die das Publikum von ihr erwarte. Sie gehe auf Zwischenfragen ein und inszeniere sich und ihre Auffassungen mal ironisch mal provokativ mal ernst – wie eine...

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