Aktenzeichen des Bundesfinanzhofs: Nichtzulassungsbeschwerde: V B 110/09, Stattgabe am 13.07.10 Revision: V R 29/10

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug aus Strafverteidigungskosten; Frage der beruflichen Veranlassung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Zuordnungsentscheidung des Unternehmers bezüglich einer Leistung ist bereits dann anzuerkennen, wenn der Leistungsbezug im objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit steht und diese fördern soll.

2. Ist im Rahmen eines Strafprozesses und der damit einhergehenden Strafverteidigung Hauptmotiv der vorgeworfenen Tat die Sicherung des Überlebens des Unternehmens durch Schmiergeldzahlungen, ist der Auslöser der Tat in der Unternehmensspähre angelegt.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1, Abs. 1a, § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.04.2013; Aktenzeichen V R 29/10)

BFH (Beschluss vom 22.12.2011; Aktenzeichen V R 29/10)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über das Recht zum Vorsteuerabzug aus zwei Rechtsanwaltsrechnungen im Streitjahr (2005), in denen Kosten der Strafverteidigung abgerechnet werden.

Der Kläger betrieb im Streitjahr ein Einzelunternehmen, das die Vermietung und Verpachtung eigener Gewerbeflächen und die Eigenschaft als Besitzunternehmen zum Gegenstand hatte. Er vermietete das bebaute Gewerbegrundstück … in … an die Firma …A-GmbH. Er ist im Rahmen einer steuerlichen Betriebsaufspaltung der Besitzunternehmer und Anteilseigner der Firmen

  • …A-GmbH (folgend nur: A-GmbH) zu 100 v.H.
  • B-GmbH zu 100 v.H.
  • C-GmbH zu 9/16.

Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass der Kläger seit dem 1. Januar 2005 umsatzsteuerlicher Organträger der vorgenannten Gesellschaften ist.

Ausweislich des Handelsregisterauszugs betreffend die A-GmbH war seit dem 22. Januar 2002 neben den Kläger Herr P aus … als Geschäftsführer bestellt.

Aufgrund einer anonymen Anzeige, die auf Unregelmäßigkeiten bei der Auftragsvergabe betreffend Bauprojekte der D-AG …, hinwies, kam es zu einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft … gegen eine Vielzahl von Beschuldigten. Unter dem Aktenzeichen …/02 wurde gegen den Kläger und andere wegen bandenmäßiger Untreue, Geldwäsche pp ermittelt. Im Zuge dessen kam es zu einem Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts … vom 2. Juni 2003. Darin heißt es, es bestehe der Verdacht, dass Verantwortliche u.a. der D-AG ausgeschriebene Bauprojekte und Folgeaufträge gezielt an einzelne Baufirmen, u.a. die A-GmbH, weitergeleitet hätten. Die Unternehmen hätten die Ausschreibungen gewonnen und die Aufträge überhöht abgerechnet. Hierdurch hätten die Unternehmen zum Teil Spenden an den S-Verein … refinanziert. Es habe festgestellt werden können, dass die A-GmbH seinerzeit an mehreren Projekten tätig gewesen sei und auch eine Werbebande im Stadion des S-Verein … angemietet habe. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt dieses Beschlusses Bezug genommen (Bl. 18-20 d.A.).

Soweit hier von Interesse, stellte die Staatsanwaltschaft … in einer Verfügung vom 9. Februar 2005 zu Aktenzeichen …/02 das abschließende Ermittlungsergebnisse wie folgt dar:

Die finanzielle Situation bei der A-GmbH war im Jahr 1999 angespannt. Die Firma hatte sich an verschiedenen Ausschreibungsverfahren betreffend Bauprojekte der D-AG, u.a. betreffend ein Neubauprojekt … und dem Projekt … beteiligt, hinsichtlich derer sie befürchten musste, keinen Zuschlag zu erhalten. Die A-GmbH hatte deshalb im April 1999 ein Nachlassangebot betreffend das Bauprojekt … abgegeben und mit diesem Angebot eine Verbindung mit weiteren Aufträgen – u.a. das Projekt … – hergestellt, um über das Angebot einer Paketlösung zu den erhofften Aufträgen zu gelangen.

Der seinerzeitige Geschäftsführer der A-GmbH X versuchte in dieser Zeit, über Kontakte in der Baubranche Informationen über weitere anstehende Arbeiten zu erhalten, um eine durchgehende Beschäftigung der Angestellten zu gewährleisten bzw. deren drohende Kurzarbeit zu verhindern. Im Frühjahr 1999 kam X in Kontakt mit dem Architekten Y, der gegenüber X äußerte, wenn die A-GmbH kurzfristig Aufträge benötige, könne nur Z – seinerzeit der Aufsichtsratsvorsitzende der D-AG – helfen. Auf Vermittlung von Y kam es zu einem Gespräch zwischen X und Z in Räumen der Kanzlei Z, in dem X die Problematik darlegte; Z kündigte hierauf X einen Anruf in den kommenden Tagen an. Über dieses Gespräch waren der Kläger als Geschäftsführer der A-GmbH und Herr P in seiner damaligen Eigenschaft als Prokurist der A-GmbH informiert.

Anfang Mai 1999 meldete sich telefonisch entweder bei X oder P ein Herr W. Dieser kontrollierte die E und W GbR, eine Werbegesellschaft des S-Vereins …. Im Telefonat nahm W auf das Gespräch zwischen X und Z Bezug und benannte den Betrag, den die A-GmbH zu unterbieten hatte, um den Auftrag bezüglich des Projekts … zu erhalten. X erstellte hierauf zusammen mit P ein neues Angebot, das den Vorgaben des W entsprach. Danach gewährte die A-GmbH 13 % Nachlass auf das …gewerk be...

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