Entscheidungsstichwort (Thema)

Vortragsfähiger Gewerbeverlustes bei entfallener Unternehmensidentität, Folgefeststellung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Der Verlustabzug ist in Fällen des ruhenden Gewerbebetriebs nicht wegen fehlender Unternehmensidentität ausgeschlossen, solange die Möglichkeit besteht, dass das fortbestehende Unternehmen entweder durch den Rechtsnachfolger oder erneut durch denjenigen Unternehmer fortbetrieben wird, der den Verlust ursprünglich erlitten hat.

2) Für den Fall fehlender Unternehmensidentität kann eine Folgefeststellung zu einem für das Vorjahr bereits festgestellten Verlustabzug nicht versagt werden.

 

Normenkette

GewStG § 10a Sätze 1, 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.10.2019; Aktenzeichen IV R 59/16)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Unternehmensidentität und Unternehmeridentität als Voraussetzungen für die Feststellung eines Gewerbeverlusts gegeben sind.

Die Klägerin gehörte zur A Gruppe mit Sitz in den USA. Die A … Company (UK) Ltd. „A UK”) ist die alleinige Anteilseignerin der A Deutschland GmbH (Klägerin). Diese war alleinige Kommanditistin der Y A GmbH & Co. KG (YA-KG). Die Y Verwaltungs GmbH war die alleinige Komplementärin der YA-KG ohne eine vermögensmäßige Beteiligung. Alleinige Anteilseignerin an der Y Verwaltungs GmbH war wiederum die Klägerin, die im vorliegenden Verfahren im Anschluss an einen Anwachsungsvorgang als Rechtsnachfolgerin der YA-KG die Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlusts für die YA-KG begehrt. Einzelvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer war der für die wirtschaftliche Entwicklung der deutschen Konzerngesellschaften innerhalb der A Gruppe verantwortliche Herr H. Sämtliche deutsche Konzerngesellschaften haben ein abweichendes Wirtschaftsjahr zum Ablauf des 30.06. eines jeden Jahres.

Die Geschäftstätigkeit der YA-KG beinhaltete zum 30.06.2005 die Produktion von … sowie den Handel mit sonstigen Produkten der A Gruppe. Dabei wurden durchschnittlich … Arbeitnehmer beschäftigt und jährliche Umsatzerlöse von ca. … Mio. € erzielt.

Im Wirtschaftsjahr 2005 bestand der deutsche Teilkonzern der A Gruppe aus einer Vielzahl inländischer operativer Kommanditgesellschaften, welche historisch im Wesentlichen aus dem Hinzuerwerb von Firmen im Zeitraum 1999 bis 2000 durch die A Gruppe resultierten. Im Jahr 2005 fasste die Konzernführung den Plan, die deutschen operativen Kommanditgesellschaften der A Gruppe zu restrukturieren. Ziel war es, die verschiedenen Aktivitäten der einzelnen operativen Gesellschaften soweit als möglich auf die Klägerin als einzige Gesellschaft zu konzentrieren. Gründe hierfür waren ein einheitlicher Marktauftritt gegenüber Kunden, ein einheitliches Reporting sowie die Erzielung von Synenergieeffekten zur Kosteneinsparung. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden sämtliche Geschäftsbetriebe der A Kommanditgesellschaften – mit Ausnahme des Geschäftsbetriebs der YA-KG – im Wege der erweiterten Anwachsung zum 30.06.2005 auf die Klägerin übertragen. Die gewerbesteuerlichen Verlustvorträge der untergegangenen Kommanditgesellschaften wurden in der Folgezeit von der Klägerin steuerlich genutzt.

Grund für die Ausnahme der YA-KG war, dass diese vor einer Anwachsung auf die Klägerin zunächst ihr Grundvermögen, insbesondere ein Betriebsgrundstück in D, veräußern wollte, auf welchem eine Fabrik für … betrieben wurde. Um den doppelten Anfall von Grunderwerbsteuer (einerseits durch die Anwachsung und andererseits durch einen anschließenden Grundstücksverkauf) zu vermeiden, sollte der Geschäftsbetrieb der YA-KG bis zum Verkauf des betreffenden Grundvermögens an die Klägerin verpachtet werden. Nach dem Verkauf des Grundvermögens sollte dann die YA-KG ebenfalls auf die Klägerin anwachsen. Nach Angaben der Klägerin war der Abschluss des Betriebspachtvertrags somit lediglich als „Zwischenlösung” im Rahmen des Gesamtplans der Restrukturierung zwischen der YA-KG und der Klägerin gedacht.

Dementsprechend schloss die YA-KG hinsichtlich des von ihr betriebenen Unternehmens mit Wirkung ab dem 1.7.2005 einen Betriebspachtvertrag mit der Klägerin ab. Danach wurde das Anlagevermögen der YA-KG an die Klägerin verpachtet. Das Umlaufvermögen der YA-KG wurde zu diesem Stichtag an die Klägerin veräußert und übertragen. Weiterhin gingen zu diesem Stichtag die Arbeitsverhältnisse mit den Arbeitnehmern der YA-KG nach § 613a BGB auf die Klägerin über. Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebspachtvertrag Bezug genommen.

Der Betriebspachtvertrag wurde am 30.6.2006 aufgehoben. Hintergrund hierfür war nach Angaben der Klägerin das Interesse, die Strukturen der Deutschen Gruppe weiter zu vereinfachen, nachdem man zu der Erkenntnis gelangt sei, dass sich der Verkauf des Grundvermögens der YA-KG wohl länger als zunächst erwartet hinziehen würde und die Klägerin den bestehenden Betriebspachtvertrag angesichts der beabsichtigten Vereinfachung nicht längerfristig habe fortführen wollen. Im Zuge der Aufhebung des Betriebspachtv...

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