Entscheidungsstichwort (Thema)

Pauschalrückstellung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Bildung einer Rückstellung muss eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der bilanzierende Steuerpflichtige wegen eines im wesentlichen vor dem Bilanzstichtag verwirklichten Tatbestandes in Anspruch genommen wird.

2. Der Grundsatz der Bilanzwahrheit erfordert, dass die Rückstellung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild von der Höhe des Aufwands geben muss, der abzusetzen sein wird. Dabei wird auf die Erfahrung, die der Steuerpflichtige in der Vergangenheit in seinem eigenen Betrieb gemacht hat, entscheidendes Gewicht gelegt.

 

Normenkette

EStG § 5 Abs. 1; HGB § 249 Abs. 1 S. 1; EStG § 4 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten besteht Streit über die Höhe einer Pauschalrückstellung für Gewährleistungsverpflichtungen in den Streitjahren 1991 bis 1993.

Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, die ein Bauunternehmen für den Hoch- und Tiefbau betreibt. An ihr sind als Komplimentärin die Fa. … GmbH und als Kommanditisten … und … beteiligt. Neben Bauleistungen erbringt die Klägerin auch Containerdienstleistungen.

Ein Großteil der von der Klägerin erbrachten Bauleistungen unterliegt den Gewährleistungsvorschriften des Werkvertragsrechts des bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB – bzw. der Verdingungsordnung für Bauleistungen – VOB –. Danach beträgt die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche bei Werkleistungen an Bauwerken zwei Jahre – nach VOB bzw. fünf Jahre – nach § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB. Insbesondere Großaufträge der Klägerin unterliegen regelmäßig der fünfjährigen Gewährleistungsfrist. Zur Absicherung möglicher Gewährleistungsansprüche wird üblicherweise bei Großaufträgen für die Dauer der Gewährleistungsfrist ein Sicherungseinbehalt von 5 % der Rechnungssumme vereinbart. Anstelle des Sicherungseinbehalts wird der Klägerin nachgelassen, eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft in Höhe von 5 % der Rechnungssumme vorzulegen. Die Bürgschaft ist dann vom Auftraggeber nach Ablauf der Gewährleistungsfrist zurückzugewähren, sofern sie nicht für Gewährleistungen in Anspruch genommen wurde.

Die Klägerin machte in den Streitjahren durchgängig von der Möglichkeit, den Sicherungseinbehalt durch Vorlage selbstschuldnerischer Bürgschaft abzuwenden, Gebrauch. Für die ihr gestellten Bankbürgschaften leistete sie den Banken wiederum durch Geldeinlagen oder auch auf andere Weise Sicherheit bzw. nahm Avalkredite in Anspruch. Der Bürgschaftsbestand betrug zum 31.12.1991 3.028.607,33 DM, zum 31.12.1992 5.203.293,00 DM und zum 31.12.1993 5.296.708,29 DM. Wegen weiterer Einzelheiten wird insoweit auf den Klägerschriftsatz vom 24.05.2002 sowie die hierzu eingereichten Anlagen K 10 bis K 12 Bezug genommen.

Die Klägerin wurde unstreitig in den Streitjahren, den Vorjahren und den Folgejahren aufgrund ihrer Gewährleistungsverpflichtungen in Anspruch genommen und erbrachte aufgrund dessen Gewährleistungen, deren genauer Umfang zwischen den Beteiligten streitig ist. Wegen der Einzelheiten wird auf den Klägerschriftsatz vom 30.07.2001 (Bl. 260, 365-367 d. A.) nebst der hierzu als Anlagen vorgelegten Aktenordner I – IV, den Klägerschriftsatz vom 24.05.2002 nebst der hierzu vorlegten Anlagen K 6 bis K 9, das rechtskräftige Urteil des Finanzgerichts Köln vom 8.02.2000 8 K 3491/95 (S. 13 und 14 des Urteils) sowie auf den Beklagtenschriftsatz vom 5.10.2001 (Bl. 307 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin stellte die Bilanzen zum 31.12.1991 am 27.05.1993, zum 31.12.1992 am 25.05.1994 und zum 31.12.1993 am 22.12.1994 auf. In den Bilanzen bildete sie wie in den Vorjahren und Folgejahren Pauschalrückstellungen für Gewährleistungsverpflichtungen. Bei der Höhe der Rückstellungen orientierte sie sich nicht an den tatsächlich erfolgten Inanspruchnahmen auf Gewährleistung der Streitjahre und der Vorjahre. Im Streitjahr 1991 und in den Vorjahren bildete die Klägerin die Rückstellung in Höhe geschätzter glatter Beträge, die etwas mehr als 1 v. H. des Gesamtumsatzes entsprachen. In den Streitjahren 1992 und 1993 erhöhte die Klägerin die Rückstellung auf 5 % des durchschnittlichen angenommenen gewährleistungsbehafteten Umsatzes (= 60 % des Gesamtumsatzes) der letzten fünf Jahre.

Die Einzelheiten der Ermittlung der Rückstellung und der tatsächlichen Gewährleistungsfälle ergeben sich aus der nachfolgenden Übersicht:

Jahr

Gesamtumsatz

Gewährleistungsfälle

Gewährleistungsrückstellung

DM

lt. Kläger

DM

lt. Beklagter

DM

lt. Bilanz

DM

in % vom Gesamtumsatz

die letzten 5 J. des jew. Jahres

1987

105.591

105.591

1988

131.675

131.675

800.000

1,08

4,55

1989

54.575

54.575

900.000

1,17

4,76

1990

7.950

4.200

1.000.000

1,14

4,45

1991

30.000

30.000

1.100.000

1,12

4,41

1992

147.284

174.930

101.984

3.381.000

3,00

11,76

1993

147.284

174.930

101.984

3.853.000

3,00

11,57

1994

147.284

185.564

101.984

4.667.000

2,87

8,75

1995

147.285

640.570

101.985

4.744.000

2,57

10,76

1996

161.258

570.055

84.721

4.524.000

2,15

8,89

1997

346.366

314.731

2.784.000

1,25

6,77

1998

505.123

261.3...

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