Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang des Vorsteuerabzugs aus Insolvenzverwaltervergütung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der in Rede stehende Eingangsumsatz umfasst seinem objektiven Inhalt nach mehr als die bloße Verwertung einiger Vermögensgegenstände der KG, nämlich die Abwicklung der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit der Insolvenzschuldnerin im Wege des vorgeschriebenen Verfahrens. Ein Insolvenzverwalter erhält seine Vergütung für die gesamte Durchführung des vorgeschriebenen Verfahrens.

2. Die Tätigkeit der Stpfl. als Insolvenzverwalterin ist ein der aktiven Unternehmenstätigkeit nachgelagerter Akt, der nicht aktuellen oder künftigen besteuerten Umsätzen zugeordnet werden kann, weil die KG als solche nicht mehr ausführt. Die Leistung ist jedoch auf die Gesamttätigkeit der KG, deren Abwicklung sie letztendlich dient und in der sie ihre Ursache hat, rückführbar. Sie muss daher in gleichem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigen wie andere, vor und während der Unternehmenstätigkeit angefallene Eingangsleistungen.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 1 S. 1; InsO §§ 1, 63; UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.12.2015; Aktenzeichen V R 15/15)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Umfang des Vorsteuerabzugs aus der Vergütung einer Insolvenzverwalterin.

Die Klägerin ist 2003 als Insolvenzverwalterin für das Vermögen der B GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG) eingesetzt worden. Das Insolvenzverfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts F vom … 1.2003 (Az. 1) eröffnet.

Die KG gehörte zu einer Unternehmensgruppe, bestehend aus zwölf eigenständigen Gesellschaften, für die sie als Besitzunternehmen fungierte und eigene oder angemietete Immobilien an die … B GmbH vermietete. Letztere vermietete die von ihr von der KG angemieteten Immobilien an die ihr nachgeordneten E-Märkte weiter. Die KG hatte selbst kein operatives Geschäft. Sie erzielte in den Jahren 1992-1995 zum Vorsteuerausschluss führende steuerfreie Umsätze in einem Umfang zwischen 0,13 % und 1,35 % ihres Gesamtumsatzes (1992: 0,13 %, 1993: 1,35 %, 1994: 0,46 %. 1995: 0,24 %) und ab 1996 ausschließlich umsatzsteuerpflichtige Umsätze.

Bei Insolvenzeröffnung war das Unternehmen der KG bereits längere Zeit geschlossen. Der größte Teil ihres Vermögens war im Rahmen der zuvor 2002 durchgeführten Liquidation verwertet und die seinerzeit zur Abwicklung des Geschäftsbetriebes vorgenommenen Veräußerungen einiger Grundstücke der KG waren nach § 9 UStG als umsatzsteuerpflichtig behandelt worden.

In dem Insolvenzverfahren waren im Wesentlichen noch ein Grundstück in D zu verwerten, ein Werbepylon zu verkaufen sowie die Mieten hieraus und sonstige Außenstände einzuziehen. Der Grundstücksverkauf erfolgte durch die Klägerin 2006 umsatzsteuerfrei. Warenbestände waren nicht vorhanden, Beteiligungen an den nachgeordneten B-Firmen der Unternehmensgruppe waren wegen dortiger Insolvenzen abgeschrieben. Der verfügbare Massebestand im Oktober 2010 in Gestalt von Bankguthaben betrug 275.134,10 € zuzüglich 427 € erwartete Steuererstattung.

Zur Insolvenztabelle angemeldet wurden in dem Insolvenzverfahren Forderungen in einer Gesamthöhe von 8.367.832,05 €, von denen 6.935.434,07 € bei der Schlussverteilung zu berücksichtigen waren. 80 % davon bestanden gegenüber K GmbH aus der umsatzsteuerpflichtigen Anmietung von Gewerbeflächen, 0,5 Millionen € bestanden gegenüber der M AG aus Krediten zur Grundstücksfinanzierung. Keine der Insolvenzforderungen stand mit den Anfang der 90er Jahre erbrachten umsatzsteuerfreien, den Vorsteuerabzug ausschließenden Ausgangsumsätzen oder dem durch die Klägerin 2006 erbrachten umsatzsteuerfreien Verkauf des Grundstücks in D in Zusammenhang. Die während des Insolvenzverfahrens von der Klägerin erzielten Einnahmen aus der Verwertung des Vermögens der KG von insgesamt 805.305 € und Ausgaben von 351.821 € stellen sich verkürzt wie folgt dar:

Einnahmen in €

%

Ausgaben in €

Mieteinnahmen USt-pflichtig

64.016

27,70

Miete

125.959

Verkauf Werbepylon

120.000

Aus- und Absonderungsrechte

893

Provisionen mit USt

8.250

Grundstücksabgaben Zwangsverwaltung

9.436

Umsatzsteuer (16% × 192.266)

30.763

Buchführung, Steuerberatung

25.175

Grundstücksverkauf D ohne USt

266.750

33,12

USt-Zahlungen

10.238

Mieteinnahmen ohne USt

3.460

0,43

Rechtsanwaltsgebühren

26.863

Zinsen

25.629

3,18

Insolvenzverwaltervergütung

72.385

Beteiligungen

1.554

0,20

Vorsteuer 16/19 %

43.416

Forderungseinzüge (incl. G GmbH und H

191.035

23,72

Gerichtskosten Insolvenzverfahren und allgemein

19.213

Übernahme Bankguthaben

45.027

5,59

ZASt, KapESt, Solz

7.936

Sonstiges (Erstattungen sonstige, Umsatzsteuer, Ertragsteuer, Verfahrenskosten; Anfechtungen, Feststellungskosten, durchlaufende Posten)

48.821

6,06

Sonstiges (sonstige Aufwendungen, Dienstleistungen, Veröffentlichung, Versicherung, Porto)

10.307

Summe

805.305

100

351.821

Für weitere Einzelheiten der Tätigkeit der Klägerin im Rahmen des Insolvenzverfahrens, der erzielten Einnahmen und Ausgaben sowie des Verfahrensverlaufs wird auf den in der Rechts...

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