Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschöpfungsanteil bei einer Kartellbuße

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine vom Bundeskartellamt festgesetzte Geldbuße schöpft keinen wirtschaftlichen Vorteil im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG ab, wenn der Bußgeldbescheid ausweist, er habe "ausschließlich ahndenden Charakter" und ein wirtschaftlicher Vorteil sei nicht abgeschöpft worden.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.05.2019; Aktenzeichen XI R 40/17)

BFH (Aktenzeichen I R 2/17)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine vom Bundeskartellamt verhängte Geldbuße teilweise nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG steuerlich gewinnmindernd zu berücksichtigen ist.

Die Klägerin ist in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft im … tätig. Das Wirtschaftsjahr entspricht dem Kalenderjahr.

Das Bundeskartellamt ermittelte wegen unerlaubter Kartellabsprachen unter anderem gegen die Klägerin. Am 18. Juli 2013 (Settlement-Schreiben) unterrichtete das Bundeskartellamt die Klägerin im Rahmen eines Angebots zur einvernehmlichen Verfahrensbeendigung darüber, dass es beabsichtige, gegen die Klägerin ein Bußgeld i.H.v. … € festzusetzen, wenn die Klägerin das Settlement-Angebot nicht annehmen werde. Das angedrohte Bußgeld entspricht der Höhe nach dem letztendlich durch Bußgeldbescheid vom 25. Februar 2014 tatsächlich gegen die Klägerin festgesetzten Bußgeld.

Im Rahmen des Schreibens vom 18. Juli 2013, auf das Bezug genommen wird, erläuterte das Bundeskartellamt, dass es die Bußgeldbemessung auf der Grundlage der Bußgeldleitlinie 2006 vorgenommen habe.

Durch Bußgeldbescheid vom 25.2.2014 legte das Bundeskartellamt der Klägerin als Nebenbetroffener des Bußgeldverfahrens zur Last, dass es am 8. Mai und 22. November 2005 unter ihrer Mitwirkung zu einer verbotenen Kartellabsprache gekommen sei. Außerdem sei es zu weiteren, verbotswidrigen Absprachen gekommen. Für den Tatzeitraum vom 1. März 2006 bis zum 31. Dezember 2007 wurde der Klägerin durch den Bußgeldbescheid eine Geldbuße i.H.v. … € auferlegt. Für den Tatzeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2008 wurde ein Bußgeld i.H.v. … € festgesetzt. Durch das Bundeskartellamt wurde nicht in einem gesonderten Verfahren nach § 34 Abs. 1 GWB eine Vorteilsabschöpfung festgestellt.

Am 7. März 2014 hat die Klägerin Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt. Das Verfahren ist noch offen, d.h. der Bußgeldbescheid noch nicht bestandskräftig.

Die Ermittlung des Bußgeldes nahm das Bundeskartellamt wie folgt vor:

Zunächst bestimmte es den Bußgeldrahmen. Dabei betrug die Bußgeldobergrenze … € (10 % des weltweiten Gesamtumsatzes der Klägerin, Tz.444 des Bußgeldbescheids). Innerhalb des so definierten Rahmens nahm das Bundeskartellamt im nächsten Schritt die individuelle Zumessung vor (Tz.445 ff.). Dabei konkretisierte es die abstrakte Bußgelddrohung anhand der gesetzlich vorgesehenen Zumessungskriterien. Hierzu ermittelte das Amt das aus der Wettbewerbsabrede resultierende Gewinn – und Schadenspotenzial der Klägerin, welches es anhand des tatbezogenen Umsatzes feststellte. Nach Gesamtabwägung der schärfenden und mildernden Faktoren hielt es ein Bußgeld i.H.v. … € für den Tatzeitraum 1. März 2006 bis 31. Dezember 2007 und i.H.v. … € für den Tatzeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2008 für angemessen.

Das Bundeskartellamt hat gemäß § 81 Abs. 7 GWB im Jahre 2013 die Leitlinie für die Bußgeldzumessung in Kartellordnungswidrigkeitenverfahren vom 25. Juni 2013 (Leitlinie 2013) erlassen. Nach der Leitlinie 2013 soll bei der Bußgeldzumessung im Rahmen des Bemessungsspielraums das Gewinnpotenzial der konkreten Tat mit berücksichtigt werden. Das Gewinnpotenzial ist dabei die Möglichkeit des Täters, durch die konkrete Tat Vorteile im Wettbewerb zu erzielen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Leitlinien 2006 und 2013 sowie den Bußgeldbescheid Bezug genommen.

Die Klägerin hat im Wirtschaftsjahr 2013 handelsrechtlich eine Rückstellung in Höhe von insgesamt … € wegen des Kartellbußgeldverfahrens gebildet.

Da die Klägerin die schließlich festgelegte Buße i.H.v. 49 % für abzugsfähig hält, hat sie im Rahmen der Körperschaftsteuererklärung 2013 sowie der Gewerbesteuererklärung 2013 in Relation zum Abschöpfungsanteil der Kartellbußgelder eine steuermindernde Rückstellung i.H.v. … € gebildet.

Der Beklagte erkannte im erstmaligen Körperschaftsteuerbescheid vom 21. April 2015 sowie in dem Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag vom 24. April 2015 die steuermindernde Rückstellung zunächst in voller Höhe an; die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. In den Änderungsbescheiden vom 28. Mai 2015 rechnete der Beklagte hingegen die Rückstellung für das Kartellbußgeld vollständig dem Gewinn hinzu. Dabei blieb es auch in einem weiteren Änderungsbescheid zur Körperschaftsteuer 2013 vom 31.7.2015.

Die Klägerin erhob gegen die Änderungsbescheide Sprungklage, der der Beklagte allerdings nicht zustimmte.

Die Klägerin beantragte mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2015 den Körperschafts...

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