Entscheidungsstichwort (Thema)

Abziehbarkeit von Zinsaufwendungen aus wechselseitigen Darlehen

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Insbesondere bei hochverzinslichen Darlehen unter Angehörigen kommt es für die Anerkennung des Darlehensvertrags nur darauf an, ob die vereinbarten Zinsen auch tatsächlich geleistet werden. Die Gestellung von Sicherheiten ist dabei kein vorrangiges Kriterium, ebenso wenig das Fehlen von Vereinbarungen betr. Laufzeit und Tilgung.

2) Eine wechselseitige Darlehensgewährung unter nahen Angehörigen kann einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.v. § 42 Abs. 1 AO darstellen, wenn Forderungen und Verbindlichkeiten lediglich zwischen den nahen Angehörigen selbst bestehen (z.B. unter Geschwistern); sind oder bleiben aber an einer Darlehensforderung als Gläubiger auch noch andere Personen beteiligt (etwa der Ehegatte eines der Geschwister), kann diese Tatsache einen wirtschaftlichen Grund für die gewählte Gestaltung darstellen, so dass Zinsaufwendungen dann abziehbar bleiben.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.08.2007; Aktenzeichen IX R 17/07)

 

Tatbestand

Streitig ist die Abziehbarkeit von Zinsaufwendungen aus wechselseitigen Darlehen.

Die Klägerinnen sind 1967 bzw. 1969 geborene Schwestern, die aufgrund der Übertragung mehrerer Grundstücke durch ihre Eltern (Herr und Frau L) im Jahr 1995 eine Grundstücksgemeinschaft bilden. Teil dieses Grundvermögens waren auch die Grundstücke „T-Str.” und „C-Str.”, die die Eltern der Klägerinnen in den Jahren 1987 bzw. 1992 erworben hatten.

Zum Erwerb des Grundstücks „T-Str.” hatte der Vater der Klägerinnen, Herr L (gleichzeitig ihr Prozessbevollmächtigter), bei Anschaffung unter anderem ein Darlehen bei seiner Mutter Frau D aufgenommen, und zwar unter Berücksichtigung einer Aufstockung aus dem Jahr 1989 insgesamt in Höhe von 90.000 DM. Die Darlehensvereinbarung beinhaltete eine 10%ige Verzinsung und ein beidseitig uneingeschränktes Kündigungsrecht. Die Zinsen sollten jeweils zum Jahresende fällig werden. Tilgungsleistungen bzw. eine Rückzahlungsverpflichtung wurden ebenso wenig vereinbart wie die Leistung einer Sicherheit.

Die Anschaffungskosten für das Grundstück „C-Str.” hatte der Vater der Klägerinnen bei Anschaffung im Jahr 1992 ebenfalls teilweise fremdfinanziert, u. a. durch ein Darlehen der Bank K. Da die Klägerin zu 1. (K 1) und deren Ehemann einerseits sowie die Klägerin zu 2. (K 2) andererseits über gespartes Geld verfügten, und beide das Geld nach Angaben ihres Vaters zu banküblichen Bedingungen anlegen wollten, schloss der Vater unter Ablösung des Bank-Darlehens mit den Klägerinnen entsprechende Darlehensverträge, und zwar mit der K 1 sowie deren Ehemann über 35.000 DM am 5. März 1993 und mit K 2 über 37.783 DM am 18. Juni 1993. Im Vertrag mit K 2 war vereinbart, dass die am 25. Februar, 3. und 18. März sowie am 24. Mai 1993 zur Verfügung gestellten Gelder mit 8,75% verzinst werden sollten und innerhalb einer Frist von drei Monaten für beide Parteien kündbar waren. Die Gestellung von Sicherheiten war ebenso wenig vereinbart wie die Leistung von Tilgungen. Der Darlehensvertrag zwischen dem Vater und K 1 sowie deren Ehemann enthält die gleichen Bedingungen wie der Darlehensvertrag mit K 2. Auch in diesem Fall waren die Gelder bereits vor der schriftlichen Niederlegung der Darlehensbedingungen am 21. Januar und am 17. Februar 1993 zur Verfügung gestellt worden.

Mit Abtretungsvereinbarung vom 18. Juni 1994 übertrug die Großmutter der Klägerinnen ihre gegenüber dem Vater bestehende Darlehensforderung von 90.000 DM jeweils hälftig auf die Klägerinnen. Auch nach dem Übergang der Darlehensforderungen wurden die fälligen Zinszahlungen vom Vater der Klägerinnen unstreitig geleistet.

Mit notariellem Vertrag vom 28. November 1995 übertrugen die Eltern den Klägerinnen im Rahmen vorweggenommener Erbfolge jeweils zur Hälfte das Eigentum an mehreren Grundstücken, darunter auch die Grundstücke „T-Str.” und „C-Str.”. In dem Vertrag wurden die Klägerinnen gemeinschaftlich „Erwerber” genannt. Hinsichtlich der auf den übertragenen Grundstücken lastenden Kreditverpflichtungen war grundsätzlich eine Übernahme durch den „Erwerber” vorgesehen. Besondere Regelungen wurden zum einen hinsichtlich der Kreditverpflichtungen getroffen, die der Vater betreffend das Grundstück „T-Str.” ursprünglich gegenüber seiner Mutter eingegangen war und die nunmehr seit der Abtretung vom 18. Juni 1994 gegenüber den Klägerinnen bestand. Nach der Regelung unter C. III. 3. des notariellen Vertrags sollte K 2 die Darlehensverbindlichkeit des Vaters gegenüber K 1 in Höhe von 45.000 DM übernehmen und umgekehrt sollte K 1 die Darlehensverbindlichkeit des Vaters gegenüber K 2 – ebenfalls in Höhe von 45.000 DM – übernehmen. Eine besondere Regelung wurde ferner hinsichtlich der Kreditverpflichtungen getroffen, die der Vater betreffend das Grundstück „C-Str.” ursprünglich gegenüber den Klägerinnen eingegangen war. So sollte K 2 nach der Regelung unter C. III. 5. des notarie...

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