Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein passiver RAP bezogener Entschädigungen für die Duldung abgeschlossener Straßenbaumaßnahmen

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Bildung eines passiven RAP setzt voraus, dass bezogenes Entgelt Ertrag für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag darstellt. Darüber hinaus muss seitens des Kaufmanns eine Verpflichtung zu einer nach dem Bilanzstichtag (zumindest zeitanteilig) noch zu erbringenden Gegenleistung bestehen.

2) Entschädigungen für die Duldung von Straßenbaumaßnahmen, die bereits vor dem Bilanzstichtag abgeschlossen sind und für den zukünftigen Erwerbsverlust entrichtet werden, rechtfertigen die Bildung eines passiven RAP nicht.

 

Normenkette

HGB § 250 Abs. 2; EStG § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin zu 1 wurde in den Streitjahren zusammen mit ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann veranlagt. Beide erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die Klägerin zu 1 aus dem vom Ehemann gepachteten Betrieb und der Ehemann durch die Verpachtung des Betriebs an die Klägerin. Der Ehemann bezog daneben eine Altersrente. Die Klägerin zu 2 ist zusammen mit der Klägerin zu 1 Gesamtrechtsnachfolgerin des verstorbenen Ehemannes der Klägerin zu 1.

Die Einkommensteuer der Streitjahre 2003 und 2004 wurde zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt.

Anlässlich einer Betriebsprüfung (BP) durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung … in den Jahren 2005/2006 stellte der Prüfer fest, dass in der Bilanz zum 30.06.2005 eine Entschädigungszahlung zum 01.07.2004 in Höhe von 179.550,00 EUR als passiver Rechnungsabgrenzungsposten enthalten war. Die Zahlung war in einer Summe zugeflossen und deren Auflösung sollte über 20 Jahre erfolgen. Die Entschädigungszahlung war in der Einnahme-Überschussrechnung für das Wirtschaftsjahr 2003/2004 ebenso behandelt worden.

Wie sich aus der Vereinbarung mit dem Amt für Agrarordnung vom … 2004 für die Flurbereinigung … ergibt, handelt es sich um eine Entschädigung für Erwerbsverlust aufgrund von Straßenbaumaßnahmen in Höhe von 189.000,00 EUR. Wegen der durch die Straßenbaumaßnahmen zu erwartenden Umsatzseinbußen und Produktionseinschränkungen ist laut dem der Vereinbarung vom … 2004 zugrunde liegenden Gutachten von Dr. … die Entschädigung „zur Beseitigung der Existenzgefährdung der Bewirtschafterin als Erwerbsverlust” gezahlt worden.

Der Prüfer unterwarf die Entschädigung im Zeitpunkt der Zahlung unter Berücksichtigung als außerordentliche Einkünfte gemäß §§ 24, 34 Einkommensteuergesetz (EStG) in vollem Umfang der Besteuerung, weil die Voraussetzungen für die Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens nicht vorgelegen hätten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom … 2006 verwiesen.

Den Feststellungen der BP folgend, erließ der Beklagte am … 2006 die hier streitigen Änderungsbescheide, mit denen zugleich der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde. Der hiergegen gerichtete Einspruch wurde damit begründet, dass der Rechnungsabgrenzungsposten zu Recht gebildet worden sei, da es sich um eine Entschädigung als Nutzungsentgelt für unbestimmte Duldungsleistungen handele.

Mit Entscheidung vom … 2007 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Diesbezüglich führte der Beklagte wie folgt aus:

Nach § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG müssten Gewerbetreibende, die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln, für Einnahmen vor dem Abschlussstichtag einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten bilden, soweit diese Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellten. Diese Bestimmung gelte auch für Landwirte, die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln (Urteil des Bundesfinanzhofes – BFH – vom 20.11.1980 IV R 126/78, BStBl II 1981, 398). Diese Vorschrift, die mit der Regelung in § 250 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) übereinstimme, solle gewährleisten, dass ein vom Steuerpflichtigen vereinnahmtes Entgelt für eine von ihm noch zu erbringende zeitbezogene Gegenleistung erst nach der Leistungserbringung durch Auflösung des Rechnungsabgrenzungspostens vereinnahmt werde (BFH-Urteil vom 03.05.1983 VIII R 100/81, BStBl II 1983, 572).

Diese Voraussetzungen seien im Streitfall nicht erfüllt. Es handele sich bei der Entschädigung um den Ersatz für entgangene und entgehende Einnahmen, die im Rahmen von Straßenbaumaßnahmen vom Amt für Agrarordnung gezahlt worden seien. Die Entschädigungsvereinbarung sei bereits im Wirtschaftsjahr 2003/2004 von beiden Seiten vollständig erfüllt worden. Der Entschädigungsleistung stehe weder eine Pflicht zu einem zukünftigen Handeln (vgl. BFH-Entscheidung in BStBl II 1982, 552) oder Unterlassen (vgl. BFH-Entscheidung in BStBl II 1988, 327) bzw. das Dulden einer Nutzungsbefugnis noch ein Verzicht auf die Ausübung eines Rechts (vgl. BFH-Urteil vom 17.07.1980 IV R 10/76, BFHE 133, 363) gegenüber. Der Verzicht auf die jährliche Geltendmachung eines Ausgleichs entspreche nicht einer unbestimmten Duldungsleistung, die als Unterlassung bezeichnet werden könne, ...

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