Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Terminverlegung wegen nicht wahrgenommener Akteneinsicht

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ein Anspruch auf Terminverlegung bzw. Vertagung besteht nicht, wenn einem Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit zur Akteneinsicht geboten wurde, dieser hiervon aber keinen Gebrauch gemacht hat.

2) Die Gesellschafter einer Personengesellschaft sind nicht befugt, eine gegen die Personengesellschaft gerichtete Prüfungsanordnung zur Prüfung der einheitlich und gesondert festgestellten Einkünfte anzufechten.

 

Normenkette

FGO § 155; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6; FGO § 40 Abs. 2; ZPO § 227 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 10.08.2010; Aktenzeichen VIII B 36/10)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Anordnung von steuerlichen Außenprüfungen gegenüber dem Kläger sowie gegenüber einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), an der der Kläger beteiligt ist.

Der geschiedene Kläger war unter anderem in den Jahren 2003 bis 2005 als Kinderarzt selbständig tätig. Darüber hinaus war er in diesen Jahren an der „M” (im Folgenden auch: „Apparategemeinschaft”) beteiligt und erzielte aus dieser Beteiligung ebenfalls Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Darüber hinaus erzielte er Einkünfte aus Kapitalvermögen und Einkünfte aus einer vermieteten Wohnung.

Im Besteuerungsverfahren des Klägers trat zunächst eine in England und Wales registrierte Limited mit Sitz in F und Niederlassungen in H (R) und O (D) – die „P Ltd.” (im Folgenden: P) – gegenüber dem Beklagten als Bevollmächtigte auf. Die „P” beantragte für den Kläger in diesem Zusammenhang unter anderem mit Schreiben vom 31.5.2006 eine Verrechnungsstundung und die Gewährung von vorläufigem Vollstreckungsschutz sowie die Herabsetzung von Vorauszahlungen. Mit Schreiben vom 27.12.2006 legte sie für den Kläger unter anderem wegen Einkommensteuer 2005 Einspruch ein und stellte zudem einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, den sie mit Schreiben vom 16.2.2007 konkretisierte. Für nähere Einzelheiten wird auf die in den Akten des Beklagten befindlichen Schriftsätze vom 31.5.2006, vom 27.12.2006 und vom 16.2.2007 Bezug genommen.

Der Beklagte wies die „P” mit einem ihr am 14.5.2007 zugestellten Bescheid vom 30.4.2007 nach § 80 Abs. 5 AO als Bevollmächtigte zurück und setzte den Kläger hiervon mit Schreiben vom 29.8.2007 in Kenntnis. Die Entscheidung über die Zurückweisung enthielt keine näheren Angaben über das von der Zurückweisung betroffene Verfahren. Die an den Kläger gerichtete Mitteilung vom 29.8.2007 enthielt insoweit lediglich den Hinweis auf „Einkommensteuer/Lohnsteuer”. Für nähere Einzelheiten wird auf die in den Akten des Beklagten befindlichen Schreiben vom 30.4.2007 und vom 29.8.2007 Bezug genommen.

Gegen die Zurückweisung vom 30.4.2007 legte die „P” unter dem 4.6.2007 Einspruch ein, den der Beklagte mit einer am 7.7.2008 zugestellten Einspruchsentscheidung vom 24.6.2008 zurückwies. Die hiergegen vor dem erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen 7 K 2683/08 erhobene Klage hatte keinen Erfolg (Senatsurteil vom 11.11.2009).

Mit Verfügungen vom 21.9.2007 ordnete der Beklagte die Durchführung einer steuerlichen Außenprüfung beim Kläger hinsichtlich der „Einkommensteuer 2003 bis 2005” und bei der „M” hinsichtlich der „gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften für 2003 bis 2005” an. Die Prüfungsanordnung für die Apparategemeinschaft war an eine Steuerberatungsgesellschaft als Empfangsbevollmächtigte der „M” adressiert. Zur Begründung verwies der Beklagte jeweils auf die Vorschrift des § 193 Abs. 1 AO. In der Anlage der wegen „Einkommensteuer 2003 bis 2005” an den Kläger gerichteten Prüfungsanordnung forderte der Beklagte den Kläger zudem auf, im Rahmen der Prüfung den Mietvertrag bezüglich einer (privat) vermieteten Wohnung sowie Kontoauszüge zu den insoweit erhaltenen Mietzahlungen vorzulegen.

Die „P” legte als Bevollmächtigte des Klägers gegen beide Prüfungsanordnungen mit Schreiben vom 16.10.2007 Einspruch ein. Mit Schreiben vom 23.10.2007 setzte der Beklagte den Kläger davon in Kenntnis, dass die von der „P” erhobenen Einsprüche „unzulässig” seien. Zur Begründung führte er unter Bezugnahme auf die Zurückweisung der „P” als Bevollmächtigte und das Schreiben vom 29.8.2007 aus, dass die „P” nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sei und ihre schriftlichen Eingaben daher „ohne steuerrechtliche Wirkung” blieben.

Mit Schreiben vom 29.10.2007 teilte der Beklagte der „P” ebenfalls mit, dass die Einsprüche gegen die Prüfungsanordnungen „unwirksam” seien, da die „P” durch das „Finanzgericht Köln” mit Beschluss vom 23.9.2005 als Bevollmächtigte zurückgewiesen worden sei. Die Einsprüche hätten daher keine steuerrechtliche Wirkung.

Mit einem am 15.11.2007 beim Beklagten eingegangenen Schriftsatz wies die „P” unter anderem darauf hin, dass ihr eine Zurückweisungsentscheidung des Beklagten vom 23.9.2007 nicht bekannt sei. Im Übrigen entfalteten Zurückweisungsentscheidungen nach § 80 Abs. 5 AO keine Dauerwirkung und müsste...

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