Entscheidungsstichwort (Thema)

Art. 23 Abs. 3 DBA-Kanada als Rückfallklausel

 

Leitsatz (redaktionell)

Art. 23 Abs. 3 DBA-Kanada ist als Rückfallklausel (subject-to-tax-Klausel) zu qualifizieren, mit der Folge, dass er auch Anwendung findet, wenn dem Quellenstaat ein ausschließliches Besteuerungsrecht zusteht.

 

Normenkette

DBA CAN Art. 23 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.12.2003; Aktenzeichen I R 14/02)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist kanadische und englische Staatsangehörige. Seit Beginn der 80er Jahre hat sie ihren Wohnsitz und Mittelpunkt der Lebensinteressen in A., wo sie als … bei der kanadischen Botschaft angestellt ist. Die Bezüge aus ihrer Tätigkeit für die Botschaft (1996: … DM; 1997: … DM) werden in Kanada nicht besteuert. Auf Anfrage teilte die kanadische Finanzverwaltung dem Beklagten diesbezüglich mit, die Klägerin sei mit den Bezügen in Kanada nicht steuerpflichtig; man gehe davon aus, dass eine Besteuerung in Deutschland zu erfolgen habe.

Mit ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1996 und 1997 vertrat die Klägerin die Ansicht, die betreffenden Einkünfte seien in Deutschland steuerfrei. Das Besteuerungsrecht sei nach Art. 19 Abs. 1 Buchst. a DBA-Kanada ausschliesslich dem Kassenstaat Kanada zugewiesen. Eine Besteuerung im Inland komme daher nicht in Betracht. Dass die Einkünfte in Kanada tatsächlich nicht besteuert würden, beruhe auf § 115 (e)(i) des kanadischen Einkommensteuergesetzes, wonach Einkünfte von Nichtansässigen, die durch Ausübung einer Tätigkeit außerhalb Kanadas erzielt würden, befreit seien, sofern sie einer Einkommen- oder Gewinnsteuer eines anderen Staates unterliegen würden. Die kanadische Finanzverwaltung sehe die Pflichtbeiträge zur deutschen Renten- und Arbeitslosenversicherung als eine solche Einkommen- oder Gewinnsteuer an. Die Nichtbesteuerung in Kanada lasse indessen kein deutsches Besteuerungsrecht entstehen.

Der Beklagte schloss sich dieser Auffassung nicht an und bezog die Einkünfte unter Berufung auf Art. 23 Abs. 3 DBA-Kanada in die Besteuerung ein (Einkommensteuerbescheide vom 05.03.1999 und 29.03.1999). Gemäß Art. 23 Abs. 3 DBA-Kanada seien Einkünfte im Wohnsitzstaat nur dann freizustellen, wenn sie im Ausland tatsächlich besteuert würden. Diese Regelung beinhalte eine sog. Rückfallklausel, die im Übrigen ergänzt werde durch die allgemeine Auffangregel in Abschnitt 13 des Zusatzprotokolls. Ziel dieser Bestimmungen sei es, eine doppelte Freistellung zu vermeiden. Auf den Grund der Nichtbesteuerung komme es nicht an.

Die Klägerin hat hiergegen nach erfolglosem Vorverfahren (Einspruchsentscheidung vom 02.08.1999) Klage erhoben. Sie ist weiterhin der Auffassung, die Einkünfte müssten in Deutschland steuerfrei belassen werden.

Nach Art. 19 Abs. 1 Buchst. a DBA-Kanada könnten Vergütungen, die der Staat Kanada für ihm erbrachte Dienste als Kassenstaat leiste, nur in Kanada besteuert werden. Der deutsche Staat habe für solche Vergütungen nur dann nach Art. 19 Abs. 1 Buchst. b DBA-Kanada das Besteuerungsrecht, wenn der Empfänger nicht kanadischer Staatsangehöriger sei. Sie besitze indessen die kanadische Staatsangehörigkeit.

Zu Unrecht messe der Beklagte der Nichtbesteuerung in Kanada Bedeutung bei. Art. 23 Abs. 3 DBA-Kanada sei entgegen der h.M. nicht als Rückfallklausel einzustufen, lasse also das deutsche Besteuerungsrecht nicht aufleben. Zwar bestimme Art. 23 Abs. 3 DBA-Kanada, dass Einkünfte als aus dem Quellenstaat stammend gelten würden, wenn sie dort besteuert würden. Aus dem Wortlaut der Vorschrift lasse sich aber nicht im Umkehrschluss entnehmen, dass dies nur bei tatsächlicher Besteuerung im Quellenstaat der Fall sei.

Im Übrigen gelange eine etwaige Rückfallklausel jedenfalls nicht zur Anwendung auf solche Einkünfte, für die auf Grund einer Zuteilungsnorm ein ausschliessliches Besteuerungsrecht des Quellenstaates geregelt sei. Art. 23 Abs. 3 DBA-Kanada gelte ausdrücklich nur „für Zwecke dieses Artikels” d.h. nur für die Anwendung des Art 23 des Doppelbesteuerungsabkommens. Das alleinige Besteuerungsrecht Kanadas ergebe sich jedoch bereits aus Art. 19 Abs. 1 Buchst. a DBA-Kanada, wonach „nur” der Kassenstaat -hier Kanada- besteuern könne. Die Steuerfreistellung in Art. 23 Abs. 2 lit a DBA-Kanada sei insoweit nur deklaratorisch. Durch die ausschliessliche Zuweisung des Besteuerungsrechtes auf den Kassenstaat sei vorliegend auch der Progressionsvorbehalt nicht anwendbar.

Abschnitt 13 des Protokolls zum DBA-Kanada sei ebenfalls nicht einschlägig. Hierdurch werde nur der Fall geregelt, dass „Einkünfte in Kanada und der Bundesrepublik Deuschland unterschiedlich qualifiziert oder zugerechnet” würden. Ein solcher Konflikt liege im Streitfall nicht vor.

Die Klägerin beantragen,

  • unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 11.05.1999 die Einkommensteuerbescheide für 1996 und 1997 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Botschaftsbezüge außer Ansatz bleiben und die Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit demgemäß mit 0,– DM angesetzt werden,
  • hilfsweise, die Revision zuz...

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