Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkünfteerzielungsabsicht trotz langjähriger Nichtnutzung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG beruht auf der typisierenden Annahme, dass die langfristige Vermietung und Verpachtung trotz über längere Zeiträume anfallender Werbungskostenüberschüsse in der Regel letztlich zu positiven Einkünften führt.

2) Aufwendungen für ein (noch) nicht vermietetes Objekt können berücksichtigt werden, wenn anhand der objektiven Umstände festzustellen ist, dass der Steuerpflichtige den Entschluss zur Einkünfteerzielung endgültig gefasst und später nicht wieder aufgegeben hat. Das Fehlen einer vorübergehenden Nutzung schließt eine Einkünfteerzielungsabsicht nicht zwingend aus.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.08.2010; Aktenzeichen X R 30/07)

BFH (Urteil vom 18.08.2010; Aktenzeichen X R 30/07)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin aus dem Objekt R-Straße in den Jahren 1983 bis 1990 Verluste entstanden sind, die auf den 31. Dezember 1990 zu einem höheren verbleibenden Verlustabzug führen als bisher festgestellt.

Die Klägerin war seit 1983 als selbständige Immobilienmaklerin und seit 1989 als Gebietsrepräsentantin für Fertighäuser tätig. Sie ersteigerte am 6. April 1983 das im Jahre 1906 mit einem zweistöckigen Gebäude bebaute Grundstück R-Straße. Im Erdgeschosses des Gebäudes befand sich ein Ladenlokal, die beiden oberen Geschosse waren als Wohnraum genutzt worden. Entsprechend einer ihr erteilten Genehmigung zum Umbau und zur Änderung der Nutzung (Bauschein vom 20. Januar 1984) ließ die Klägerin das Erdgeschoss in eine Gaststätte, das 1. Obergeschoss in Büroräume für ihren eigenen Gewerbebetrieb (24,78% der Nutzfläche) und das 2. Obergeschoss in eine Pächterwohnung für die Gaststätte umbauen. U. a. ließ sie dabei im Jahr 1985 in die Gaststätte eine Thekeneinrichtung für unstreitig netto 53.300 DM einbauen. Nach Abschluss der Umbaumaßnahmen im Jahr 1986 nutzte die Klägerin das 1. Obergeschoss als Büro für ihren Gewerbebetrieb, das Erdgeschoss und das 2. Obergeschoss blieben ungenutzt.

Mit notariellem Vertrag vom 21. Juni 1985 hatte die Klägerin ferner das unmittelbar an das o.g. Grundstück angrenzende unbebaute Eckgrundstück P-Straße erworben. Im Juli 1985 beantragte sie die Genehmigung für den Bau eines Hotel mit Ladenlokal, in das auch der vorhandene Altbau integriert werden sollte. Die Nutzfläche sollte von bisher 226 auf 631 qm erweitert werden. Der Bauschein wurde der Klägerin am 12. Januar 1987 erteilt.

Die Klägerin hatte den Erwerb des Objekts R-Straße mit einem Darlehen der Bank O finanziert. Als sie weitere Darlehen für die Renovierung des Altbaus und die Einrichtung der Gaststätte aufnehmen mußte, geriet die Klägerin 1986 in Zahlungsschwierigkeiten. Zur Vermeidung der angedrohten Zwangsversteigerung übertrug die Klägerin beide Grundstücke noch im Jahr 1986 notariell im Rahmen eines Treuhandverhältnisses auf Herrn K1 (K jun.), der zu dieser Zeit einen mehrjährigen USA-Aufenthalt geplant hatte und dem die Nennung seines Namens im Zusammenhang mit einem Zwangsversteigerungsverfahren deshalb gleichgültig war. K jun. ist der Sohn von Herrn K2 (K sen.), der im Raum C mehrere Gaststätten betrieb (Protokoll der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung). Die Klägerin war mit der Familie K befreundet; nach ihrem Vortrag hatten sie und K sen. den Abschluss eines Pachtvertrags über den Gaststättenbereich ins Auge gefasst. Im Zuge der Grundstücksübertragung hatte sich K jun. in einem Vertrag vom 1. Juni 1987 gegenüber der Bank O zur Ablösung der Verbindlichkeiten der Klägerin verpflichtet. Die Klägerin wiederum war aufgrund des Treuhandverhältnisses gegenüber K jun. verpflichtet, diesem entstehende Aufwendungen zu ersetzen.

Ausweislich des im 2. Rechtszug vorgelegten Grundbuchauszugs wurde am 13. April 1988 gleichwohl ein Vermerk über die Anordnung der Zwangsversteigerung in das Grundbuch eingetragen.

Ebenfalls im Jahr 1988 erwarb die Klägerin außerdem für gewerbliche Zwecke eine Wohnung in Teileigentum in dem Objekt H-Straße, für die sie eine degressive Abschreibung gemäß § 7 Abs. 5 EStG begehrte.

Der Beklagte setzte 1990 gegen K jun. Grunderwerbsteuer in Höhe von 7.000 DM fest, die auch gezahlt wurden; ein Abfluss dieses Betrags aus dem Vermögen der Klägerin kann allerdings nicht festgestellt werden.

Nach einer Einigung mit der Gläubigerbank wurden die Grundstücke im Jahr 1991 auf die Klägerin zurückübertragen; am 6. Januar 1992 wurde der Versteigerungsvermerk im Grundbuch des Objekts gelöscht. Nachdem die Klägerin von den beteiligten Banken darauf hingewiesen worden war, dass sich die Marktsituation für Hotels im Raum C stark verschlechtert habe, änderte die Klägerin ihre Pläne erneut. Sie beschloss, die Grundstücke mit einem Wohn- und Geschäftshaus zu bebauen und beantragte am 24. April 1992 eine entsprechende Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohn- und Geschäftshaus mit Wohn-, Büro- und zwei Gaststätteneinheiten; mit Antrag vom 27. Dez...

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