Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurechnung von Erträgen aus Lebensversicherungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Steuerpflichtiger i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 ist grundsätzlich derjenige, der das Kapital in Form der Sparanteile im eigenen Namen und für eigene Rechnung dem Versicherungsunternehmen zur Nutzung überlassen hat; das ist in der Regel der Versicherungsnehmer.

2) Mit der Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts für die steuerpflichtige Versicherungsleistung gilt der Bezugsberechtigte als Steuerpflichtiger der erzielten Erträge.

3) Soweit eine andere Person wirtschaftlicher Eigentümer i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ist, sind ihr die erzielten Erträge zuzurechnen; entscheidend für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums ist die Verfügungsmacht über die Kapitalanlage.

 

Normenkette

EStG 2004 § 20 Abs. 1 Nr. 6, § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1; VVG § 159; EStG 2007 § 52 Abs. 36 S. 5

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage der Zurechnung von Erträgen aus einer Lebensversicherung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 b) dd) EStG 2004 als Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG.

Aufgrund eines im Jahr 1996 gestellten Antrages auf Abschluss einer Kapitallebensversicherung über eine Kapitalzahlung i.H.v. 724.739 DM zuzüglich Gewinnbeteiligung mit einer Laufzeit bis zum 31.1.2027 erteilte die D Lebensversicherungs-AG dem am 24.8.1979 geborenen Kläger unter dem Datum des 12.2.1997 einen entsprechenden Versicherungsschein (Nr. 1). Der monatliche Beitrag sollte ab dem 1.2.1997 1.243,98 DM betragen. Am 1.4.1997 trat der Kläger seine Rechte und Ansprüche aus dieser Lebensversicherung an die A-Bank in E in Höhe eines erstrangigen Teilbetrages von 2.950.000 DM zur Sicherung von Darlehensforderungen gegen seinen Vater K aus den am 17.4.1997 abgeschlossenen Darlehensverträgen Nrn. 2 und 3 ab. Der Kläger war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und der Abtretung noch minderjährig und lebte als Schüler im Haushalt seiner Eltern. Mit den besicherten Darlehen hatte der Vater des Klägers die Anschaffung des Wohn- und Geschäftshauses B-Straße … in C i.H.v. 2.950.000 DM finanziert. Die Tilgung des Finanzierungsdarlehens sollte aus der Auszahlung der Lebensversicherung erfolgen. Mit Schreiben vom 8.9.1997 bestätigte die D Lebensversicherungs-AG der A-Bank in E die Abtretung der Rechte und Ansprüche aus der Lebensversicherung.

Nachdem der Vater des Klägers Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hatte und damit das Finanzierungsdarlehen notleidend wurde, kündigte die A-Bank in E die Lebensversicherung. Mit Abrechnung vom 22.1.2007 überwies die D Lebensversicherungs-AG daraufhin einen um abzuführende Kapitalertragsteuer/SolZ i.H.v. 4.292,48 € geminderten Auszahlungsbetrag i.H.v. 53.203,92 € an die A-Bank in E. Unter dem gleichen Datum erteilte die D Lebensversicherungs-AG dem Kläger eine Steuerbescheinigung, ausweislich der in dem zur Zahlung angewiesenen Betrag steuerpflichtige Erträge i.H.v. 16.274,38 € enthalten waren.

Nachdem der Beklagte die Einkommensteuer 2007 des Klägers zunächst mit dem nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheid vom 9.7.2009 geschätzt hatte, legte der Kläger mit dem hiergegen gerichteten Einspruch die ausstehende Steuererklärung und die Steuerbescheinigung der D Lebensversicherungs-AG vom 22.1.2007 vor. Hierzu erläuterte er, dass dieser Steuerbescheinigung die vorzeitige Kündigung einer Lebensversicherung zugrundeliege. Die hieraus resultierenden Einkünfte seien allein seinem Vater K zuzurechnen, der auch die Versicherungsbeiträge gezahlt habe. Er selbst habe in Bezug auf die Erträge aus der Lebensversicherung keinen Einkunftserzielungstatbestand erfüllt. Die einbehaltene Kapitalertragsteuer sei daher entweder auf die Einkommensteuer seines Vaters anzurechnen oder nach Anrechnung auf seine, des Klägers, Einkommensteuer von ihm an den Insolvenzverwalter herauszugeben.

Mit Einspruchsentscheidung vom 28.9.2010 wies der Beklagte – unter Beibehaltung des Vorbehalts der Nachprüfung – den Einspruch mit der Maßgabe als unbegründet zurück, dass die Erträge aus der Lebensversicherung i.H.v. 16.274 € – unter Abzug der anzurechnenden Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag i.H.v. 4292,48 € von der festgesetzten Steuer – dem Kläger zuzurechnen seien. Bezugsberechtigter aus der Lebensversicherung sei nach §§ 166, 167 VVG der Kläger. Anders lautende Vereinbarungen zwischen den Beteiligten seien nicht bekannt. Sollte der Kläger die Versicherungsleistungen seinem Vater wieder zu Finanzierungszwecken zur Verfügung gestellt haben, so handele es sich um eine Schenkung des Klägers an seinen Vater.

Mit Schreiben vom 29.10.2010 beantragte der Kläger die Steuerfestsetzung in Gestalt der Einspruchsentscheidung nach § 172 AO in der Weise zu ändern, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen auf 0 € herabgesetzt werden. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 25.1.2011 ab. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies er mit Ei...

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