Entscheidungsstichwort (Thema)

Turnierbridge wird gemeinnützig

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Förderung von Turnierbridge ist keine Förderung von in § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 25 AO genannten Zwecken, insbesondere keine Förderung des Sports gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 21 AO.

2) Turnierbridge ist jedoch gemäß § 52 Abs. 2 Satz 2 AO für gemeinnützig zu erklären, denn Turnierbridge fördert die Allgemeinheit auf materiellem, geistigen oder sittlichem Gebiet entsprechend den unter § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 25 AO genannten Zwecken. Dies ergibt sich sowohl aus dem Vergleich von Turnierbridge mit den "Katalogzwecken" auch aus der "Generalklausel" des § 52 Abs. 1 AO.

3) Das Verfahren nach § 52 Abs. 2 Sätze 2 und 3 AO ist ein eigenständiges Verwaltungsverfahren.

4) § 52 Abs. 2 Satz 2 AO ist keine Ermessensvorschrift.

5) Bestimmt die oberste Finanzbehörde des Landes - wie in NRW - keine für Entscheidungen nach § 52 Abs. 2 Satz 2 AO zuständige Finanzbehörde, bleibt die oberste Finanzbehörde - hier das Finanzministerium NRW - zuständig.

 

Normenkette

KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9; AO § 52 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.02.2017; Aktenzeichen V R 70/14)

BFH (Urteil vom 09.02.2017; Aktenzeichen V R 69/14)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten zum einen über die Frage, ob der Kläger wegen Förderung des Sports nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des KörperschaftsteuergesetzesKStG – i.V.m. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 21 der AbgabenordnungAO – oder anderer im Katalog des § 52 Abs. 2 Satz 1 AO genannten Zwecke als gemeinnützig anzuerkennen ist. Zum anderen streiten sie über die Frage, ob der Kläger nach der sogenannten „Öffnungsklausel” des § 52 Abs. 2 Sätze 2-3 AO als gemeinnützig anzuerkennen ist oder er jedenfalls einen Anspruch auf erneute Bescheidung seines diesbezüglichen Antrags hat.

Der Kläger ist ein im Vereinsregister des Amtsgerichts B unter der Nummer VR 1 eingetragener Verein. Er hat seinen Sitz in B und besteht seit 1949. Nach § 2 seiner Satzung (in der maßgeblichen Fassung vom 17. März 2007), auf die hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, ist er ein Verband von Bridge-Vereinen, die den Bridgesport in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland auf gemeinnütziger Grundlage pflegen und fördern. Hierzu gehören ausweislich der Satzung insbesondere alle bridgesportlichen Aktivitäten, die der Völkerverständigung in der Bundesrepublik Deutschland und im Ausland, dem kulturellen, sozialen und karitativen Austausch mit Menschen verschiedener Nationalität, Herkunft und Generationen, der Förderung der Jugend und der Wahrung der besonderen Belange der älteren Generation dienen.

Der Kläger ist ein Dachverband. Unter ihm befinden sich 14 Regionalverbände und ca. 500 Bridgevereine. Nach Angaben des Klägers sind im Verband ca. 29.000 natürliche Personen zusammengeschlossen, insgesamt spielen in Deutschland schätzungsweise 750.000 Personen Bridge.

Der Kläger nimmt als nationaler Verband alle Aufgaben wahr, die über die Aufgaben seiner Mitgliedsvereine und Regionalverbände (nachfolgend „Mitglieder” genannt) hinausgehen. Er ist insbesondere zuständig für die Vertretung der Interessen des deutschen Sports auf nationaler und internationaler Ebene, die Organisation und Reglementierung des nationalen und internationalen Sportbetriebs, die Veranstaltung nationaler und internationaler Wettbewerbe, die Organisation der Öffentlichkeitsarbeit, das Unterrichts- und Turnierwesen und die Verwaltung von Mitgliedsdaten. Nach § 3 seiner Satzung ist er Gründungsmitglied der „European Bridge League” und Mitglied der „World Bridge Federation” (WBF; auch „Weltbridgeverband” genannt). Er strebt eine Mitgliedschaft im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB; Zusammenschluss des Deutschen Sportbundes und des Nationalen Olympischen Komitee für Deutschland) an. Der WBF ist als „Recognized International Federation” und „Recognized Member” Mitglied des Internationale Olympische Komitee (IOC). Außerdem ist er Vollmitglied der „General Association of International Sports Federations” (GAISF; jetzt: „Sport-Accord”), einem weltweiten Zusammenschluss von Sportverbänden.

§ 27 der Satzung des Klägers bestimmt, dass bei Auflösung oder Aufhebung des Klägers oder bei Wegfall seines bisherigen Zwecks sein Vermögen unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige Zwecke zu verwenden ist. Die Hauptversammlung beschließt, wer das Vermögen erhalten soll und für welchen Zweck es zu verwenden ist. Die Beschlüsse der Hauptversammlung dürfen erst ausgeführt werden, nachdem das zuständige Finanzamt seine Zustimmung erteilt hat. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Satzung des Klägers verwiesen.

Die Mitglieder des Klägers praktizieren Turnierbridge gemäß den Turnier-Bridge-Regeln des WBF, auf die hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, in einem deutschen Ligasystem sowie weiteren nationalen und internationalen Wettbewerben. Die Wettbewerbe erfolgen nach einer Turnierordnung des Klägers, auf die ebenso hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird. Das von den Mitgliedern des Klägers pr...

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