Entscheidungsstichwort (Thema)

Unentgeltliche Verpflegung von Arbeitnehmern

 

Leitsatz (redaktionell)

Die unentgeltliche Überlassung von Mahlzeiten stellt einen Sachbezug iSv § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar, bei dem § 3 Nr. 16 EStG und die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG zu beachten sind.

 

Normenkette

EStG § 8 Abs. 2 S. 9, § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 16

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 19.11.2008; Aktenzeichen VI R 80/06)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die unentgeltliche Verpflegung von Arbeitnehmern im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen bei den Arbeitnehmern zu steuerpflichtigen Einnahmen führt.

Unternehmensgegenstand der Klägerin, einer GmbH, ist im Wesentlichen die Produktion und der Vertrieb von …waren. Sie betreibt insbesondere sog. …-Shops. Die Klägerin ließ in den Streitjahren sowohl ihre Bezirksleiter, die mehrere …-Shops betreuen, als auch das Verkaufspersonal regelmäßig durch externe Dozenten in mehrtägigen Seminaren schulen. Die Schulungen wurden regelmäßig in Hotels an einem gut erreichbaren Ort innerhalb eines Vertriebsgebietes durchgeführt. Sie fanden entweder von Montagvormittag bis Mittwochmittag oder von Mittwochmittag bis Freitagnachmittag statt. Im Rahmen dieser Fortbildungsveranstaltungen wurden den Mitarbeitern der Klägerin Mahlzeiten zur Verfügung gestellt, deren Kosten ausschließlich von der Klägerin getragen wurden. Der übliche Endpreis (§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG) für ein Frühstück lag in den Streitjahren bei 7 DM bzw. 3,60 EUR (2002) und für ein Mittagessen bei 23 DM bzw. 11,75 EURO (2002). Die Mitarbeiter der Klägerin, die in den Streitjahren an den Schulungen teilnahmen, waren an den Tagen Montag und Dienstag und an den Tagen Donnerstag und Freitag jeweils mehr als 8 Stunden und weniger als 14 Stunden beruflich unterwegs. Am Mittwoch lag die berufliche Abwesenheit der Arbeitnehmer jeweils unter acht Stunden. Zwischen den Beteiligten besteht in tatsächlicher Hinsicht Einigkeit, dass die Mahlzeiten nicht im ganz überwiegenden Interesse des Arbeitgebers, sondern zur üblichen Beköstigung der Arbeitnehmer während einer Dienstreise gereicht wurden und daher grundsätzlich Arbeitslohn darstellen.

Die Arbeitnehmer hatten in Bezug auf die Fortbildungsveranstaltungen gegenüber der Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung von Verpflegungsmehraufwendungen. Sie erhielten in den jeweiligen Monaten neben diesen Mahlzeiten von der Klägerin keine weiteren unentgeltlichen (Sach-)Zuwendungen.

Die Klägerin behandelte die Übernahme der Verpflegungskosten nicht als steuerpflichtigen Arbeitslohn im Sinne des § 8 Abs. 2 EStG.

Für den Lohnzahlungszeitraum 01.07.1998 bis 31.12.2002 fand bei der Klägerin eine Lohnsteuer-Außenprüfung statt. Der Prüfer beurteilte die Kostenübernahme für die Mahlzeiten als Sachbezug im Sinne des § 8 Abs. 2 EStG, der mit dem amtlichen Sachbezugswert anzusetzen sei. Er bezog sich hierbei insbesondere auf R 31 Abs. 8 Nr. 2 Satz 1 Lohnsteuer-Richtlinien (LStR), wonach Mahlzeiten, die zur üblichen Beköstigung der Arbeitnehmer anlässlich oder während einer Dienstreise gewährt würden, mit dem maßgebenden amtlichen Sachbezugswert nach der Sachbezugsverordnung (SachBezV) anzusetzen seien. Ein geldwerter Vorteil sei gemäß R 31 Abs. 8 Nr. 4 LStR in diesen Fällen dann als Arbeitslohn zu erfassen, wenn und soweit der vom Arbeitnehmer gezahlte Preis den maßgebenden Wert der Mahlzeit unterschreite. Zwar sei auf den Sachbezugswert grundsätzlich auch ein zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer vereinbartes Entgelt anzurechnen, wenn dieses Entgelt von der steuerfreien Reisekostenvergütung oder vom Nettoarbeitslohn einbehalten werde. Eine fiktive Verrechnung der Sachbezugswerte und Reisekostenvergütungen, auf die der Arbeitnehmer keinen Anspruch habe, sei aber nicht zulässig.

Die Klägerin beantragte im Rahmen der Lohnsteuer-Außenprüfung auch in Bezug auf die Mahlzeitgewährung eine Pauschalierung der Lohnsteuer gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Sie behielt sich lediglich vor, im weiteren Verfahren die Steuerfreiheit der Verpflegung im Hinblick auf § 3 Nr. 16 EStG und § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG geltend zu machen. Die formellen Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach §§ 3 Nr. 16, 41 EStG sind im Streitfall unstreitig erfüllt.

Die Anzahl der Tagungen und Seminare wurde zwischen den Beteiligten einvernehmlich geschätzt (Tz. 2 des Berichtes über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 02.06.2003). Dabei gingen sie übereinstimmend von folgendem Sachverhalt aus:

In allen Streitjahren nahmen 20 Mitarbeiter der Klägerin jeweils einmal im Jahr an einem Fortbildungslehrgang teil, der von Montagvormittag bis Mittwochmittag dauerte. Weitere 20 Mitarbeiter besuchten einmal jährlich eine Schulungsveranstaltung von Mittwochmittag bis Freitagnachmittag. Die 20 Mitarbeiter, die an den Schulungen von Montag bis Mittwoch teilnahmen, erhielten dreimal Frühstück (Montag bis Mittwoch) und zweimal Mittagessen (Montag und Dienstag). Bei den Veranstaltungen, die am Mittwochmittag anfingen, erhielten die Arbeitnehmer der...

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